Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Vorbeck-Stiftung.“
„Unglaublich! Das läuft doch nicht etwa unter ‚Entwicklungshilfe?’“
„Doch, doch, und nicht zu knapp. Du, im Moment hab ich’s etwas eilig, ich muss mich beim Direktor melden. Wollen wir nicht heute Nachmittag irgendwo einen Kaffee zusammen trinken? Sowas muss doch begossen werden, so ein Zusammentreffen fern der Heimat!“
Spontan sagt Petermann zu, auch wenn sich dadurch alles verkomplizieren könnte. Aber Sabine hat Landeskenntnisse, vielleicht kann sie ihm noch ein paar nützliche Informationen für die geplante Schatzsuche liefern. „Gern! Wo denn?“
„Oh, hol mich am besten hier ab, dann fahren wir ins Silber Sands, da kann man auch schwimmen.“
„Gut, um vier vorm Eingang?“
„O.k., von wo kommst du denn?“
„Vom Serena.“
„Da logierst du? Muss dir ja wohl ziemlich gut gehen ... O.k., vier Uhr, pack die Badehose ein! Bis dann!“
Petermann freut sich mächtig, dass der erste seiner beiden letzten Schachzüge in Dar es Salaam so reibungslos geklappt hat. Die bevorstehende Begegnung mit Sabine – wie war noch mal ihr Nachname? – setzt dem Unternehmen das Sahnehäubchen auf. Vielleicht wird er sich endlich ein bisschen ausquatschen und etwas von der Seele reden können, selbstverständlich, ohne zu viel zu verraten.
Bevor er das Wagnis eingeht und im „Continental“ aufkreuzt, macht er es sich auf der Terrasse des „Salamander“ bequem, dem westlichsten Café in Dar es Salaam’s Innenstadt. Befriedigt über den bislang reibungslosen Ablauf seiner Nachforschungen, gönnt Petermann sich ein Stück Lasagne, eine Cola und Kaffee. Es drängt ihn, sich sofort die Karte anzuschauen. Erst aber befreit er den Tisch aufs Sorgfältigste vom Kondenswasser der kalten Colaflasche und den Getränkeresten vorheriger Gäste. Dann endlich breitet er das überdimensionierte Papier vor sich aus. Vierfaches Briefformat, fünfmal zusammengeklebt, die Kopie stammt von hier, ist echt, das scheint schon mal bewiesen. Das Original allerdings soll sogar farbig gewesen sein, so hatte Finn erzählt.
Die Karte vermerkt am Rand in Druckbuchstaben Breiten- und Längengrade: 8,8° südliche Breite, 39,4° östliche Länge. Unübersehbar tauchen die Namen auf, die er aus Finns Erzählung bereits kennt: Mittendrin der „Mata-Nudu“, am Südufer des Flusses links „Luisenthal“ und am östlichen Kartenrand die Ortschaft „Ndschindscho“. Im Westen liegen am Nordufer vier Farmen, am Südufer drei. Besonders interessant sind Daten innerhalb der Farmgrenzen, eingetragen in feinstem Sütterlin. Zum Glück kann Petermann das lesen.
Die vier nördlichen Ländereien tragen die Initialen „mül“, „sch“, „d.e“ und „let“. Quer über allen steht „geräumt: September 16“. Die südlichen mit den Initialen „dor“, „f.s“ und „kra“ tragen keinen derartigen Vermerk. Datiert ist die Karte vom 12. Dezember 1916. Die Gehöfte sind durchnummeriert mit römischen Ziffern, die südlichen tragen die Nummern V bis VII. Da Finns Vorfahren im Oktober einen Brief aus „Luisenthal“ verschickt hatten, in dem sie die eigene Vertreibung nur befürchteten, ist anzunehmen, dass sie im Süden des Flusses lebten: Auf Hof sechs mit der Initiale „f.s“ für Friedbert Schütte.
Petermanns Hoffnung allerdings, dass außer ihm selbst niemand diese Karte kennt, trügt. Singai Roh ist über jeden Schritt seiner Sekretärin im Bilde. Auf seinen Pförtner ist Verlass, der hatte beim Auftauchen des muzungu sofort den Alarmknopf gedrückt, der das Licht an Rohs Uralt-Telefon aufleuchten lässt. Aus seinem Büro heraus hat er dann durch den durchsichtigen Spiegel, den einer seiner Vorgänger vor Jahren anbringen ließ, hinter einem Loch im Aktenschrank die Geld-Übergabe verfolgt. Er lässt seine Sekretärin gewähren, solange deren kleine Geschäfte ihm nicht in die Quere kommen. Schließlich weiß jeder, dass niemand vom Lohn allein hier leben kann. Diesmal allerdings wird er sie zur Rede stellen. Er muss unbedingt wissen, was dieser jüngere muzungu hier wollte, so kurz nach dem Tod des anderen. Da besteht doch ein Zusammenhang! Kann er ihm gefährlich werden? Von welchem Dokument hat seine Sekretärin eine solch aufwändige Kopie erstellt?
Wenige Minuten später ist der Direktor schlauer. Er musste nicht lange drohen, um zu erfahren, um welches Original es sich handelt. Schon vor Silvester hatte sich der ältere, der dickliche, mittlerweile tote
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