Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Ton spricht eine andere Sprache: 10.000 in der Hand sind ihm lieber als Blut an den Fingern.
Petermann hat nun Oberwasser. „Wollt ihr meine Brieftasche sehen? Schaut selbst, ich hab nicht mehr.“ Betont langsam zieht der Deutsche sein Portemonnaie aus der Hose, schlägt es auf, nimmt sämtliche Scheine heraus und flattert mit der leeren Börse seinen beiden Begleitern unter den Nasen herum. In der Dunkelheit lässt sich kaum etwas erkennen, außer, dass das Portemonnaie leer zu sein scheint. Rasch drückt Petermann dem einen die Shillinge in die Hand und wendet sich zum Gehen. Er lässt die beiden einfach stehen und wendet sich schnellen Schrittes ab, auch, als er merkt, dass sie rumoren. Ohne zu laufen oder sich auffällig oft umzuschauen, erreicht er fünf Minuten später unbehelligt den Taxi-Stand an der Lumumba Street. Und tatsächlich steht dort noch eine Droschke. Glück gehabt. „Zum Serena!“ „Ins Casino?“ „Ins Hotel, bitte!“
Im Taxi bricht sich der Schweiß die Bahn. Petermanns Puls rast, Minuten lang schwant ihm Fürchterliches. Beim Einbiegen auf den Parkplatz wird sein Taxi von einem schmächtigen Schwarzen gestoppt, den er nur aus dem Augenwinkel wahrnimmt. Den Fahrer lässt er vom Portier bezahlen, im „Serena“ begibt er sich schnurstracks auf sein Zimmer. Stundenlang liegt er nackt und grübelnd auf dem Bett. Noch einmal billig davongekommen! Ein Abenteuer par excellence, live; zum Preis von gerade mal einer Kinokarte. Nie wieder aber wünscht er sich diese ungeheure Ohnmacht zurück. Und was, wenn es sich doch um echte Polizisten gehandelt haben sollte? Die wegen ihm dort Wache schoben und nun Meldung machen, er sei entwischt? Gegen zwei Uhr endlich gelingt es ihm einzuschlafen. Trotz der unentwegt arbeitenden Klimaanlage ist er verschwitzt wie nach einem 10.000-Meter-Lauf.
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21. Petermann hat Begegnungen
Schon wenige Stunden später steht Petermann wieder auf. Bei Sonnenaufgang ist er wach geworden, sofort setzte das Grübeln wieder ein, im Hals kündigt sich auch noch eine Erkältung an. Bislang ist zum Glück nichts passiert, niemand hat geklopft. An der Rezeption sitzt die gleiche Frau wie gestern Nacht, im Frühstückssaal ist er einer der Ersten. Noch haben sich nicht alle Wolken aufgelöst, die anscheinend jeden neuen Tag einleiten. Das passt zu seiner Stimmung. In der Nacht hatte es stundenlang gegossen, Petermann träumte, die Welt ginge unter. Geht das etwa hier jetzt jeden Tag so weiter, wie er es von zu Hause kennt: Tanzanisch graues Schmuddelwetter? Zehn Minuten später aber bricht mit ungeheurer Kraft die Sonne durch, augenblicklich wird es viel zu hell. Petermanns schlaftrunkene Augen schmerzen, er will hier weg. Es dauert nicht lange, dann ist der Himmel wolkenlos blau: Auf in den Tag!
Als Petermann nach dem Frühstück auf den Tresen der Rezeption zugeht, merkt er sofort, dass etwas nicht stimmt. Gestikulierend weist die Empfangsdame in seine Richtung, obwohl er noch zwei Säle weit entfernt ist. Ein Einheimischer dreht sich um, und ehe Petermann im Fahrstuhl verschwinden kann, blickt der Fremde ihm für einen Moment geradewegs ins Gesicht. Hat der sich nicht gestern abend schon hier rumgetrieben, als er aus dem Taxi stieg? Kein besonders sportlicher Typ; Inländer, aber irgendwie kein Bulle. Beim Hinauffahren in den sechsten Stock bekommt es Petermann trotzdem mit der Angst zu tun: Wer steht da unten und sucht nach ihm? Ist es doch möglich, dass die hiesige Polizei derart fit ist und ihm schon auf die Spur gekommen ist? Schnell drückt er noch die vier und fünf, verlässt den Lift eine Etage zu früh und steigt das letzte Stück durchs Treppenhaus.
Im Zimmer angekommen, beschließt der Deutsche abzuwarten. Entweder kommt gleich ein Überfallkommando reingestürmt, dann kann er von hier aus wenigstens die Botschaft anrufen. Oder bei der Begegnung von eben handelt es sich um einen verwirrenden Zufall. Zwei Minuten später klingelt das Telefon, Petermann lässt es unberührt. Bestimmt ein Vermittlungsfehler: Niemand kann wissen, dass er hier ist,.
Die Angst hat sich festgesetzt. Was er in Dar es Salaam noch zu erledigen hat – diese Sekretärin im Archiv aufsuchen, bei der Finn sich die Kopie der Karte bestellte, ins „Continental“ wegen der Golftasche mit dem Metalldetektor –, wird immer schwieriger. Müsste Finns Zimmer nicht längst geräumt sein, wenn nicht von der Polizei, dann von den Putzfrauen, vom Hotelbesitzer? War doch nur bezahlt bis
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