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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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das kräftige Schlagen seines Herzens an ihrer Schläfe. Sie ahnte, welches Verlangen sie in ihm entfachte. Seine ungeheuren Kräfte kannte sie zur Genüge. Er hatte ihr erklärt, er würde keine Gesetze außer seinen eigenen Wünschen anerkennen. Um zu bekommen, was er wollte, würde er vor nichts zurückschrecken. Jetzt lag ihr Leben in seiner Hand. Mit seinen schlanken, gebräunten Fingern konnte er sie zerbrechen wie ein Spielzeug. Und sie war in seiner Gewalt - in der Gewalt eines grausamen Arabers, der keine Gnade kannte.
Plötzlich gab sie ihren Widerstand auf und lehnte reglos an seiner Brust. Tiefer konnte er sie nicht mehr demütigen. Ihr Kampfesmut war erloschen, und eine starke Erschöpfung überkam sie. In ihre dumpfe Verzweiflung mischte sich das seltsame Gefühl, das alles geschehe nicht wirklich, so als wäre es nur ein Alptraum, aus dem sie bald erwachen würde. Denn die Wahrheit kam ihr unfaßbar, die Situation viel zu theatralisch vor. Außerdem war ihr der Mann ein Rätsel. Wie ließ sich sein ungehobeltes Verhalten mit der Bildung vereinbaren, die seine Bücher verrieten? Auch die peinliche Ordnung und die Sauberkeit in seinem Zelt erstaunten sie, weil sie so gar nicht zu einem solchen Ort paßten. Im Lauf des Tages hatte sie noch andere widersprüchliche Dinge bemerkt, die ihr nun wieder einfielen. Aber nun schwirrte ihr der Kopf, und sie war zu müde, seelisch und körperlich zu ausgelaugt, um darüber nachzudenken. Gleichgültigkeit erfaßte sie. Sie hatte schon so viel erlitten, daß nichts mehr eine Rolle spielte.
Seine starken Arme umfingen sie etwas fester. «Schau mich an», sagte er mit jener leisen Stimme, die in einem sonderbaren Gegensatz zu seinem klar akzentuierten Französisch stand. Sie erbebte, die dunklen Wimpern flatterten. «Schau mich an.» Gedämpfte, sanfte Worte - aber eine unmißverständliche Autorität schwang darin mit.
Vor vierundzwanzig Stunden hatte Diana Mayo die Bedeutung des Wortes «Angst» nicht gekannt und nur ihren eigenen Wünschen gehorcht, so wie sie es zeit ihres Lebens gewohnt war. Und nun hatte sie in vierundzwanzig Stunden die Gefühlswelt vieler Jahre durchlaufen. Zum erstenmal stand sie vor einer überlegenen Willenskraft, einer hochmütigen Entschlossenheit, der sie sich fügen mußte - zum erstenmal begegnete sie einem Mann, der ihr nicht zu Füßen lag und den ihr Blick niemals in einen untertänigen Sklaven verwandeln würde. In diesen wenigen Stunden hatte sie erfahren, was es hieß, Furcht zu empfinden - und Gehorsam gelernt.
Und so zwang sie sich, den Kopf zu heben und den Scheich anzusehen. Schamröte färbte ihre Wangen, als sie heiße Leidenschaft in seinem Gesicht las, die sie zu verbrennen drohte. Seine Arme umschlossen sie mit unerbittlicher Macht. Hilflos gefangen, lehnte sie sich atemlos und bebend an ihn. Wider Willen war sie fasziniert, als sie seine attraktiven Züge, die strahlenden dunklen Augen, den ausdrucksvollen, grausamen Mund und das markante Kinn betrachtete. Der schwache Geruch eines fremdartigen türkischen Tabaks stieg Diana in die Nase. Diesen Duft hatte sie auch am vergangenen Abend wahrgenommen, als er mit ihr über die Wüste galoppiert war.
Plötzlich lächelte er. « Bon Dieu ! Weißt du, wie schön du bist?»
Der Klang seiner Stimme brach den Bann, und Diana begann wieder, sich zu wehren. «Lassen Sie mich gehen!» flehte sie und hoffte, er möge ihr die Freiheit schenken.
Er aber zog es vor, die Bitte mißzuverstehen, und die Leidenschaft in seinen Augen wurde von einem spöttischen Funkeln abgelöst. «Oh, wir haben noch viel Zeit. Gaston ist ein sehr diskreter Diener. Wenn er kommt, werden wir ihn hören», fügte er leise kichernd hinzu.
«Wann lassen Sie mich gehen?» beharrte Sie mit dem Mut der Verzweiflung.
Ungeduldig schob er sie beiseite, ließ sich auf dem Diwan nieder und zündete sich noch eine Zigarette an. Dann griff er nach einer Zeitschrift, die neben ihm auf einem mit Einlegearbeiten verzierten Schemel lag.
Sie biß sich auf die Lippen, um ein verzweifeltes Schluchzen zu unterdrücken, ballte entschlossen die Fäuste und baute sich vor ihm auf. «Ich muß es wissen. Wann lassen Sie mich gehen?»
Ehe er aufblickte, blätterte er gemächlich in seinem Magazin und schnippte Asche von der Zigarette. Mit gerunzelter Stirn musterte er Diana von Kopf bis Fuß. Sie wich vor seinem prüfenden Blick zurück. «Wenn ich genug von dir habe», erwiderte er kühl.
Sie stieß einen Schrei aus, wandte sich ab

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