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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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hatte Hassan sein Pferd genauso hart angetrieben, und er war schwerer als sie. Mußte Silberstern, der die leichtere Bürde trug, Habicht da nicht übertrumpfen? Das war ihre einzige Hoffnung. Niemals würde sie sich geschlagen geben. Schweiß rann ihr übers Gesicht, und krampfhaft rang sie nach Atem. Plötzlich - kurz nachdem sie die Hügel verlassen hatte - hörte sie die Stimme des Scheichs: «Wenn du Silberstern nicht zügelst, erschieße ich ihn. Ich gebe dir eine Minute.»
Wieder schwankte sie im Sattel, hielt sich am Pferdehals fest und schloß sekundenlang die Augen. Aber ihr Entschluß stand fest. Nichts auf Erden konnte sie veranlassen, Hassans Wunsch zu erfüllen. Da sie ihn gut genug kannte, zog sie die Füße aus den Steigbügeln. Wenn er gedroht hatte, das Pferd zu erschießen, würde er das zweifellos tun. Und falls Silberstern scheut und auch nur um Haaresbreite vom Kurs abkommt, wird die Kugel, die für ihn bestimmt ist, wahrscheinlich mich treffen, dachte sie. Ja, das wäre sogar noch besser!
Der Grauschimmel galoppierte dahin, und die Minute schien ein halbes Menschenleben zu dauern. Ehe sie den Schuß hörte, sprang Silberstern hoch und stürzte. Sie wurde vornüber geworfen und landete im weichen Sand. Eine Zeitlang blieb sie benommen liegen, dann erhob sie sich taumelnd und wankte zu dem verletzten Hengst. Verzweifelt schlug er um sich und versuchte aufzustehen. Als sie ihn erreichte, sprengte Habicht heran, wurde abrupt gezügelt und bäumte sich wiehernd auf. Der Scheich stieg ab und rannte zu ihr, packte ihr Handgelenk und schleuderte sie beiseite, so daß sie wieder zu Boden fiel. Sie zitterte am ganzen Leib. Sie war besiegt, und nachdem die letzte Hoffnung geschwunden war, verlor sie auch ihren ganzen Mut. Hilflos ließ sie es zu, daß Todesangst sie übermannte. Alle ihre Kräfte waren verbraucht, denn sie konnten seiner Überlegenheit nicht standhalten. Sie fürchtete sich vor seiner Stimme und vor der Berührung seiner Hände. Wieder krachte es, und sie wußte, daß er Silberstern den Gnadenschuß versetzt hatte. Als er danach auf sie zukam, erhob sie sich auf wackeligen Beinen und wich vor ihm zurück.
«Warum bist du hier? Wo steckt Gaston?»
Mit gepreßter Stimme beichtete sie ihm alles. Welche Rolle spielte es jetzt noch? Und wenn sie schwieg, würde er sie zwingen, alles zu gestehen.
Er hörte wortlos zu, dann führte er den Rappen heran, warf sie unsanft in den Sattel und stieg hinter ihr auf. Sofort fiel Habicht wieder in seinen gewohnten, gleichmäßigen Galopp. Diana leistete keinen Widerstand. Apathisch umklammerte sie den Sattelknauf. Ohne Silberstern noch einmal anzusehen, starrte sie blicklos ins Leere. Den Helm hatte sie beim Sturz verloren, und sie vermißte ihn nicht. Im Gegenteil sie war froh, daß er nicht auf ihre schmerzenden Schläfen drückte. Der Zusammenbruch ihrer Willenskraft hatte sie auch körperlich erschöpft, und sie konnte sich kaum aufrecht halten. Bald würden sie auf die Araber treffen, die sie erwarteten, und ihrem Stolz zuliebe mußte sie sich zusammenreißen, durfte sich nichts anmerken lassen.
Anstatt in die enge Schlucht zu reiten, bog Ahmed Ben Hassan in einen schmalen Weg ein, der an den Hügeln vorbeiführte. Diana hatte ihn vorhin übersehen. Nach einer halben Stunde begegneten sie dem Trupp, der ihnen langsam entgegentrabte. Diana schaute nicht auf. Doch sie vernahm Yusefs klare Tenor- Stimme. Er rief dem Scheich etwas zu, erhielt eine knappe Antwort, und die Männer folgten ihrem Anführer.
Nun ritten sie den Weg zurück, den Diana gekommen war. Von Anfang an hatte sie den Wahnwitz ihres Fluchtversuchs erkannt. Und sie hätte wissen müssen, daß es ihr niemals gelingen würde, allein die Zivilisation zu erreichen. Welch eine Torheit, sich einzureden, sie könnte es schaffen ... Der Zufall, dem sie ihre neuerliche Gefangennahme verdankte, hätte sie auch in die Gewalt eines anderen Arabers bringen können. Offenbar stand das Schicksal auf Ahmed Ben Hassans Seite, das Glück blieb ihm treu, so wie damals, als sie ihm bei der Entführung unwissentlich in die Hände gespielt hatte. Es war sinnlos, ihn zu bekämpfen.
In ihrem Gehirn überschlugen sich wirre, seltsame und widersprüchliche Gedanken, doch sie fühlte sich zu müde, um das Durcheinander zu entwirren. Es hatte ohnehin keinen Zweck, und außerdem verschlimmerte das Grübeln ihre Kopfschmerzen. Aber tief in ihrem Herzen spürte sie eine sonderbare Unrast und eine dumpfe Trauer, die

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