Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
Vom Netzwerk:
trotzig zu schmollen.
Langsam zogen sich seine schwarzen Brauen zusammen. «Immer noch unfolgsam? Hast du nicht gelobt, mir zu gehorchen? Ich hasse die Engländer zwar, aber ich dachte, wenn sie etwas versprechen ...»
Mit einer hastigen Geste unterbrach sie ihn, wandte sich ihm zu, und zum erstenmal küßte sie ihn freiwillig. Nur flüchtig berührten ihre kühlen Lippen seine Wange.
Er lächelte verächtlich. « Bon Dieu ! Hast du unter der heißen Wüstensonne nichts Besseres gelernt? Habe ich dir so wenig beigebracht? Bist du im gräßlichen Klima deines widerwärtigen Heimatlandes steifgefroren? Gibt es nichts, was dich schmelzen kann? Oder lebt in England ein Mann, der die Macht besitzt, diese Statue in eine Frau zu verwandeln?»
Unglücklich ballte sie die Hände. «Nein, da ist niemand», flüsterte sie. «Aber - ich kenne solche Gefühle nicht.»
«Dann mußt du sie kennenlernen. Ich habe es satt, einen Eiszapfen im Arm zu halten.» Plötzlich drückte er sie wieder an seine' Brust, bedeckte ihr Gesicht mit leidenschaftlichen Küssen.
Zum erstenmal zeigte sie, was sie empfand, klammerte sich leidenschaftlich an ihn, erwiderte jeden Kuß mit gleicher Glut. Aller Widerstand war gebrochen. Nach einer Weile ließ er sie los. Nach Atem ringend sprang er auf und rieb sich die Augen. «Oh, Diane, du steigst mir zu Kopf!» rief er, und sein Gelächter klang fast zornig. Dann nahm er achselzuckend einen Revolver aus seiner Waffentruhe und begann ihn zu reinigen.
Verwirrt starrte sie ihn an. Was meinte er? Wie paßten seine Worte zu dem Rat, den er ihr vorhin gegeben hatte? Was bedeutete diese Widersprüchlichkeit? Wollte er etwa nur wissen, ob es ihm gelungen war, ihre Liebe zu wecken? Sonnte er sich in der Macht, die er über sie ausübte? Hatte er Freude daran, sie mit ausgeklügelter Grausamkeit zu peinigen, alles zu nehmen und nichts zu geben? Wünschte er, daß sie ihm zu Füßen lag, damit er sie verächtlich zurückstoßen konnte? Oder verlangte er, daß sie dieselbe orientalische Leidenschaft an den Tag legte wie er? Tiefe Scham trieb ihr das Blut in die Wangen.
Hinter seiner gleichmütigen Fassade verbarg sich ein feuriges Wesen, und Diana ahnte, wie mühsam er sich jetzt im Zaum hielt. Sie spürte auch, daß ihm diese eherne Selbstbeherrschung jeden Augenblick entgleiten konnte. Sicher fiel es ihm nicht leicht, seine wilden Gefolgsleute zu bändigen. Und die Entspannung, die er in der Privatsphäre seines Zeltes suchte, bedeutete ihm vermutlich mehr, als er je zugeben würde. Vielleicht war ihm das ja nicht einmal bewußt. Dianas Haß und Trotz belustigten ihn, aber manchmal ärgerte er sich auch darüber. Aber er war auch nur ein Mensch und mochte zuweilen eine willige Gefährtin einer aufsässigen Gefangenen vorziehen. Seufzend sah sie ihn an. Er war so stark, so voller Lebenskraft. Wie sollte sie seine ständig wechselnden Stimmungen erraten und sich entsprechend verhalten? Sie seufzte auf. Wenn es ihr doch gelänge, ihn jederzeit glücklich zu machen! Stirnrunzelnd zerrte sie an ihren rotgoldenen Locken, wie sie es schon in ihrer Kindheit getan hatte, wenn sie über ein schwieriges Problem nachdachte.
Plötzlich richtete sie sich auf und kniete zwischen den Sofakissen. «Warum hassen Sie die Engländer so abgrundtief, Monseigneur?» Vor einiger Zeit hatte sie fast unbewußt begonnen, ihn ebenso anzusprechen wie sein Diener. Sie fand es oft peinlich, daß sie ihn niemals direkt anredete, und es wäre ihr unangenehm gewesen, ihn «Ahmed Ben Hassan» zu nennen. Aber dieser respektvolle Titel paßte zu ihm.
Er blickte von seiner Arbeit auf, sammelte die Waffenteile ein und brachte sie zum Diwan. «Zünde mir eine Zigarette an, chérie , ich habe die Hände voll.»
Lächelnd gehorchte sie. «Sie haben meine Frage nicht beantwortet.»
Eine Zeitlang polierte er schweigend die glänzende kleine Waffe. « Ma petite Diane, deine Lippen leuchten so herrlich rot, deine Stimme klingt wie Musik in meinen Ohren, aber ich hasse Fragen; sie langweilen mich zu Tode», entgegnete er leichthin und begann das kaschmirische Lied zu summen.
Da sie ihn gut genug kannte, wußte sie, daß ihn nicht alle Fragen langweilten. Offenbar hatte sie einen wunden Punkt in seiner Vergangenheit berührt. Um ihre Einfühlungsgabe zu beweisen, fuhr sie fort: «Und warum singen Sie? Das haben Sie vorher nie getan?»
Ihre Beharrlichkeit schien ihn zu amüsieren. «Neugieriges kleines Ding! Ich singe, weil ich mich freue - weil mein Freund zu

Weitere Kostenlose Bücher