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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Doch dann sagte er es: »Sie sagen, dass du ein Solotänzer bist. Wie Dicte. Und ein Solo tänzer nimmt die Verantwortung auf sich. Schiebt alle anderen beiseite. Will die Welt ganz allein retten, ohne Hilfe. Aber genau das geht nicht. Jeder gibt mal ein Versprechen, das er nicht halten kann.«
    »Ich nicht. Nicht in meiner Situation. Man darf nie etwas sagen, das man nicht auch so meint. Erinnerst du dich daran, dass ich dir das gesagt habe?«
    »Und ich meine, was ich sage: Komm runter, Niels.«
    Niels sagte nichts.
    Leon streckte seine Hand nach ihm aus. Für wie dumm hielt er Niels eigentlich? Leon war physisch stärker und schneller als Niels. Außerdem konnte man seinem Blick ansehen, dass er sich die ganze Zeit überlegte, wie nah er Niels kommen musste, um sich auf ihn werfen und ihn übermannen zu können.
    »Ich bin nicht so gut in diesen Sachen. Ich will nicht lügen. Dicte ist gesprungen. Hättest du das verhindern können? Viel leicht. Hättest du etwas anderes gesagt als das, was du gesagt hast, würde sie jetzt vielleicht im Theater herumspringen? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Es ist wichtig, was man in Situationen wie diesen sagt. Das hast du wieder und wieder bewiesen. Du bist es, der die Menschen davon abbringt, etwas Dummes zu tun. Du, Niels, nicht ich.« Leon blickte über die Schulter. Ein Auto hatte gehalten, während er gesprochen hatte.
    »Jetzt«, sagte Niels zu sich selbst. Jetzt, bevor sie irgendein Kaninchen aus dem Hut zaubern.
    »Niels?«
    Ihr atemloser Ruf traf ihn mitten im Bauch. Er drehte sich um. Hannah stand hinter ihm auf der Leiter. Leon sah sie beide an.
    »Wir haben Gäste, alter Freund.«
    »Du Schwein«, flüsterte Niels.
    »Womit hattest du denn gerechnet? Ich kann meinen besten Unterhändler nicht erreichen. Der, den ich brauche, wenn ich wirklich in der Scheiße stecke. Da muss ich doch zu anderen Methoden greifen.«
    Hannah blieb auf der Leiter stehen, wie man es ihr gesagt hatte. Keinen Druck ausüben. Einen Schritt nach dem anderen, im wahrsten Sinne des Wortes. Niels würde bei einer Verhandlung nie auf Angehörige zurückgreifen. Sonst riskierte man es, dass diese Leute genau die Worte sagten, die den Verzweifelten in den Tod trieben.
    »Niels?«
    Hannah sah ihn noch immer an. In ihren Augen standen Tränen. »Es ist meine Schuld.«
    »Nein …« Niels wollte noch etwas sagen, konnte mit Leon an seiner Seite aber nicht. Leon hob beide Hände, als hätte er bereits gehört, was Niels sagen wollte.
    »Ich geh so weit weg, wie ich kann.«
    »Kannst du nicht runtergehen?«
    »Das kann ich nicht, alter Freund. Und das weißt du ganz genau«, antwortete Leon und ging in die hinterste Ecke des Turms.
    »Es gibt etwas, was ich dir noch nicht erzählt habe, Niels.« Hannah war noch einen Schritt weiter nach oben gekommen. Gleich war sie ganz oben. Dann würde es zu spät sein.
    »Sag es mir von da, wo du bist.«
    Sein Tonfall war wie ein Schock für sie. Wie ein Schlag ins Gesicht. Tränen liefen über ihre Wangen und Lippen. Es war ihm egal. Das alles kam zu spät. Seit ihrer Hochzeit hatte sie ihn abgelehnt. Ihm den Rücken zugewandt. Ihn verabscheut. Und trotzdem stand er nicht deshalb hier.
    »Niels …«
    Sie weinte. Er dachte an Dicte. Und an Joachim, an das, was sie auf der anderen Seite erlebt hatten. Am Ufer des Acheron. Würde jemand eine Münze in seinen Mund legen? Vielleicht Rantzau. Sollte er Leon das sagen?
    »Niels, hör mich an.« Hannahs Stimme war nur noch ein Flüstern. Als ließen der Wind und die Welt ringsherum ihr keinen Raum mehr, als hätte sie ihren Platz aufgebraucht, gesagt, was sie sagen wollte, ohne es zu meinen. Es war nur gerecht, dass man seine Stimme verlor.
    »Der Grund dafür, dass ich so …«
    Er sah nach unten auf den Bahnsteig. Sie standen noch immer da und starrten zu ihm hoch. Ein paar Beamte versuchten, den Bahnsteig zu räumen. Eine Kamera wurde konfisziert. Die Polizei Kopenhagen wollte nicht wieder riskieren, dass ihre mangelhafte Arbeit dreißig Minuten später im Fernsehen zu sehen war.
    »Ich bin schwanger, Niels. Hörst du mich?«
    Er sah sie an. Wusste, dass sie log. Er konnte keine Kinder zeugen. Entweder das, oder sie war mit einem anderen zusammen gewesen.
    »Ich bin schwanger, Niels, von dir.«
    »Du lügst.«
    »Nein, ich wusste nicht …«
    Jetzt weinte sie nicht mehr lautlos. Die Stimme beugte sich dem Druck, und die nächsten Worte kamen abgehackt, in einzelnen Silben: »Ich … ha…tte … so … ei…ne

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