Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
Vom Netzwerk:
dass Hannah nicht hier war. Niels sah Kellerfenster. Auch sie waren dunkel. Wo sollte er sonst hinfahren? Er sah die Straße hinunter. Stand ganz hinten nicht ein Lieferwagen? Niels versuchte, sich in die Rolle des Täters zu versetzen. Er würde vermutlich durch den Wald fahren, bis an den hinteren Rand des Grundstücks, und sie von dort aus ins Haus tragen. Nicht von der Straße aus, das war zu riskant. Er würde die Hoftür nehmen oder durch den Keller gehen. Gab es Spuren im Gras? Vielleicht. Das war schwer zu erkennen. Das Mondlicht kam und ging. Er lief zum Haus. Wenn er Hannah im Keller gefangen hielt, musste Niels lautlos vorgehen und das Überraschungsmoment ausnutzen. Sonst konnte Bergmann sich mit ihr einschließen und sie als Geisel einsetzen. Nein, er durfte sich auf nichts einlassen, was lange dauern konnte, er musste Adam Bergmann schnell und effektiv außer Gefecht setzen. So lange auf ihn eintreten, bis er sich nicht mehr rührte. Wieder und wieder . Sollte er Leon anrufen? Unterstützung anfordern? Mit zwanzig Fahrzeugen, Sirenen und Blau licht? Nein, als Geiselunterhändler wusste Niels, dass ein gro ßes Polizeiaufgebot nie von Nutzen war. Im Gegenteil. Es setzte Opfer und Geiseln nur noch mehr unter Druck. Es war oberstes Gebot eines jeden Unterhändlers – das eigentliche ABC –, den Geiselnehmer die vierzig Beamten mit Maschinengewehren vergessen zu lassen, die die Situation am liebsten mit fünfzig Kilo Blei in Kugelform lösen würden.
    Niels stand vor der Terrassentür, schob seine Rachegelüste in den Hintergrund und konzentrierte sich auf seine Aufgabe: Er musste einbrechen, ohne Lärm zu machen und ohne sein Kommen kundzutun. Er fasste auf die Türklinke, aber die Tür war natürlich abgeschlossen. Aber sie bewegte sich, und das Holz der alten Rahmen wirkte morsch. Die Farbe war schon vor Jahren abgeblättert. Niels zog vorsichtig an der Tür. Vielleicht konnte er etwas zwischen Rahmen und Tür schieben? Er wollte gerade seine Polizeimarke aus der Tasche nehmen, als er drinnen im Haus ein Geräusch zu vernehmen glaubte. Niels kauerte sich unter das Fens ter und wartete. Ein paar Sekunden lang hörte er nur seinen Atem. Er konnte drinnen niemanden sehen und hörte jetzt auch nichts mehr, zog schließlich noch einmal an der Tür und schob seine Polizeimarke zwischen das Schloss und den porösen Rahmen.

12.
    Nördlich von Kopenhagen, 22.32 Uhr
    Es tat Adam Bergmann weh, sie so zu sehen. Mehr als bei den anderen. Die Demütigung, der er sie aussetzte, die Erniedrigung; auf ihn wirkte das wie eine Folter mit ihm selbst als Folterknecht. Zum Glück war der Transport bald überstanden. Jetzt waren sie da, jetzt konnten sie anfangen. Endlich tun, was er tun musste . Und es war seine letzte Chance, das wusste er. Er würde nicht mehr lange überleben, die Sehnsucht belastete ihn zu sehr, die Trauer war zu groß. Und Silke? Sie war das Teuerste, was er hatte. Das Einzige. Für sie ging er gern ins Gefängnis, damit sie das ihre verlassen konnte. Er hob Hannah vom Boden hoch. Sie hing schlaff in seinen Armen, und einen Moment lang fürchtete er, sie könnte sich den Hals gebrochen haben und tot sein. Aber sie war bei Bewusstsein, sie lag wie eine Sterbende da, die aufgegeben hatte und darauf wartete, dass das Unabänderliche geschah.
    »Ruhig«, flüsterte er. »Sie sollen mir nur helfen. Ich brauche Sie.«
    Sie ging, und er stützte sie. Ihre Haut war kalt, und immer wieder ging ein Zittern durch ihren Körper, ein Zittern der Angst.
    Auch ihm ging es so. Er hatte Angst vor dem Versagen. Dass es wieder nicht klappte. Dass er Fehler machte, wenn es darauf ankam. Das wäre eine Katastrophe.
    Entspann dich .
    Wieder und wieder hatte er gedacht, dass das hier der richtige Ort war. Ein Heimspiel mit reichlich Zeit und Ruhe, sodass er ungestört arbeiten konnte. Aber die Gefahr war da, auch bei dem Transport hätte etwas schiefgehen können.
    »Ruhig«, sagte er. »Es geschieht nichts.«
    Aber seine Worte klangen hohl, das hörte er selbst. Vielleicht sollte er ihr die Augenbinde abnehmen? Sie hatte so oder so keine Ahnung, wo sie waren, und ohne Augenbinde war die Angst vielleicht weniger schlimm. Andererseits musste er die Situation lenken. Alles musste wie geplant ablaufen, das war das Sicherste.
    Dass sie noch immer keinen Widerstand leistete, deutete er als gutes Zeichen. Hatte sie definitiv aufgegeben? Er musste aber trotzdem aufpassen, durfte nicht wieder übermütig werden. Dieser Fehler war

Weitere Kostenlose Bücher