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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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sagen.«
    Wieder schwieg sie.
    »Es gibt so viele Menschen auf der Welt«, sagte Hannah endlich. »Sollte eine Frau, bei der die Chancen, ein behindertes Kind zu bekommen, so groß sind, nicht besonders gut nachdenken?«
    »Doch, sie sollte nachdenken.«
    »Und wenn du diese Frau wärst?«, fuhr Hannah zögernd fort. Sie fühlte sich ein bisschen besser. Der Prozess lief ganz gut. Und so war es leichter, die Gefühle auf Abstand zu halten. »Und wenn du diese Frau wärst?«
    Naomi lehnte sich auf ihrem Sessel zurück.
    »Dann würde ich abwägen, womit ich leben könnte. Ob ich es ertragen könnte, ein Kind mit Einschränkungen zu bekommen. Oder ob das meine Lebensqualität derart mindern würde, dass ich das Gefühl hätte, mein Leben zerstört zu haben.«
    Hannah nickte. Der Richter hatte die Ausführungen der Ver teidigung gehört. Sie waren schwach und hatten nichts verändert. Denn natürlich wäre ihr Leben kaputt, wenn sie das alles noch einmal durchmachen müsste. Daran zweifelte sie keine Sekunde.
    Naomi unterbrach sie, als hätte sie Hannahs Gedanken vernommen. »Ich würde mir aber auch noch etwas anderes überlegen.«
    »Ja?«
    »Ob das Kind nicht eigentlich dich ausgesucht hat.«
    »Wie meinst du das denn?«
    »Das Leben, das da in dir heranwächst. Vielleicht hat es dich ausgesucht? Und nicht umgekehrt.«
    »Und was heißt das?«
    Naomi zuckte mit den Schultern. »Denk darüber nach. Und dann musst du dich unter allen Umständen im Rigshospital untersuchen lassen. Ich kann meine Sprechstundenhilfe bitten, einen Termin zu machen, wenn ich morgen in die Praxis komme.«
    »Das müsste dann schon heute sein.«
    Naomi sah Hannah überrascht an: »Aber es ist doch Pfingsten.«
    »Die Krankenhäuser sind offen. Da sind doch Leute. Du kennst die. Ich halte das nicht aus. Mein Leben ist ein Albtraum …«
    Hannah wollte noch eine Menge anderer Dinge sagen. Aber Naomi war aufgestanden und hatte sie in den Arm genommen, während die Tränenflut alle anderen Worte erstickte.
    ***
    Ich muss mit dem leben können, was auf mich zukommt . Und was, wenn das Kind mich auserwählt hat?
    Das waren die beiden Argumente der Verteidigung, dachte Hannah, als sie wieder auf die Straße trat. Das erste war einfach. Sie konnte es nicht. Konnte nicht noch einmal mit einem kranken Kind leben. Aber wenn das Kind sie auserwählt hatte, war die Sache vielleicht anders. Dann war es doch okay, dass sie nur das tat, was sie tun konnte.
    Nein.
    Doch.
    Sie musste noch mehr Zeugen hören. Der Prozess für oder gegen die Hinrichtung des Fötus hatte gerade erst begonnen.

15.
    Rechtsmedizinisches Institut, 10.54 Uhr
    Er hätte springen sollen. Das hatte er ihr versprochen. Auch er sollte jetzt so aussehen wie sie: leblos und verlassen.
    »Es gibt Leute, die machen nie frei«, sagte eine Stimme hinter Niels.
    Er drehte sich um. Rechtsmediziner Theodor Rantzau stand noch immer im Eingangsbereich. Mit einer Zigarette im Mund und einem unergründlichen Lächeln auf den Lippen. Niels mochte ihn. Sie waren im gleichen Alter, auch wenn der Mediziner älter aussah. Als hätten ihm all die Leichen, mit denen er im Laufe seiner Karriere zu tun gehabt hatte, jeweils einen oder zwei Tage seines Lebens gestohlen.
    »Theo«, sagte Niels.
    »Ich dachte, wir würden sie nicht weiter untersuchen. Wir haben Proben genommen. Der Zahnarzt war hier. Die Blutproben sollen …«
    Niels unterbrach ihn: »Sie hat ein Tattoo auf der Hand?«
    »Gucken wir uns das mal an.« Theodor drückte die Zigarette an der Wand aus, ehe er in den Kühlraum ging und sich neben Niels stellte. Einer der Assistenten hatte die Tote bereits aus dem Fach gezogen. Sie trug noch immer keine Kleider. Obwohl Niels sie nur vollkommen nackt kannte, ohne ein einziges Haar, sah man einmal von ihrem Kopf ab, war er überrascht.
    »Warst du das, der …«, Theodor kam ins Stocken.
    »Ja, das war ich.«
    »Wir können sie nicht alle retten, Niels. Auch nicht hier.«
    Sogar im Tod schien die Angst sie noch nicht verlassen zu haben. Ihr Anblick quälte Niels. Wer auch immer diese Frau war, sie hatte es nicht verdient, so zu leiden. Es sollte ein Menschenrecht sein, wenigstens dann Frieden zu finden, wenn man ein letztes Mal die Augen geschlossen hatte.
    »Der Hinterkopf ist zerschmettert«, konstatierte Theodor. »Das Genick, die Wirbelsäule und eine Hüfte. Typische Verletzungen bei einem Sturz aus großer Höhe. Sie hat nicht gelitten.«
    Niels nickte. Das sagten sie immer. Es ging schnell . Sie

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