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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Aus etwas Besserem etwas Schlechteres. Und das geht in beide Richtungen so. Sonst würde es irgendwann keine Gegensätze mehr geben, sodass wir schließlich nur noch die eine Hälfte hätten. Das heißt eine Welt, in der alles kleiner und schlechter oder größer und besser ist. Verstehen Sie?«
    »Ich glaube schon. Und stimmt das?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hat er recht?«
    »Wird der Schlaf nicht durch die Wachphasen abgelöst, denen wiederum der Schlaf folgt?«
    Er sah Niels fragend an.
    »Schon.«
    »Und ist das Lebende nicht irgendwann das Tote?«
    »Doch.«
    »Muss man dann nicht auch die Schlussfolgerung ziehen, dass das Tote irgendwann wieder lebendig wird?«
    Niels räusperte sich.
    »Das war Beweis Nummer eins«, sagte der Philosoph und beugte sich eine Spur vor. »Sokrates fährt dann mit seiner so genannten Anamnese fort. Er meint damit die Wiedererlangung des Wissens und behauptet, dass wir keine Begriffe wie ›gut‹ oder ›gleich‹ oder ›schön‹ hätten, wenn das Verständnis dafür nicht angeboren wäre. Wenn unsere Augen zwei gleich große Gegenstände sehen, beginnen wir sofort ein Urteil über diese Gegenstände zu fällen, wir beginnen, sie zu vergleichen, verstehen Sie?«
    »Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Was hat das mit der Seele zu tun?«
    »Da es nicht zwei vollkommen gleiche Objekte gibt – ganz sicher nicht damals in Griechenland –, stellt sich die Frage, woher wir die Idee von der Gleichheit haben. Oder der Schönheit.«
    Niels schüttelte den Kopf.
    »Oder der Güte. Diese reinen Begriffe müssen uns also bereits in die Wiege gelegt worden sein. Sonst würden sie nicht existieren. Zu welchem Schluss kommen Sie? Gibt es so etwas wie Güte, Schönheit und Gleichheit, oder haben wir das bloß erfunden?«
    »Es gibt sie«, sagte Niels.
    »Da gebe ich Ihnen recht. Und wenn es sie gibt, muss es auch ein Behältnis geben, in dem sie sozusagen in uns transportiert werden, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Und das ist die Seele?«
    Henrik Vartov lächelte.
    »Jetzt kommen wir zu Beweis Nummer drei. Wie alt sind Sie?«
    »48.«
    »Und wie alt fühlen Sie sich?«
    Niels dachte nach. Seine Gedanken gingen zu Hannah. Und zu Kathrine. Er schüttelte den Kopf.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Kommen Sie schon. Sie können Sokrates nicht verstehen, wenn Sie nicht fragen oder antworten wollen.«
    »Ich fühle mich wie 28«, sagte Niels.
    »Genau. Der Körper wird älter und verändert sich. Er ist Teil der physischen Welt. Ihr Geist oder Ihre Seele gehört der unsichtbaren Welt an. Und darüber, dass es eine sichtbare und eine unsichtbare Welt gibt, sind wir uns doch wohl einig, oder?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ist Liebe sichtbar?«
    »Nein.«
    »Sind die Atome sichtbar?«
    »Nein.«
    »Ist Ihr Geist sichtbar?«
    »Nein.«
    »Das heißt, Ihr Körper, den wir sehen können, ist 48 Jahre alt. Und Ihr Geist, von dem wir ja wissen, dass er existiert, fühlt sich wie 28 an. Das ist ein bekanntes Phänomen. Alle alten Menschen sagen, dass sie sich innerlich noch jung fühlen, nicht wahr?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Etwa in der Art drückt Sokrates sich auch aus. Er beweist, dass die Seele unauflöslich ist. Sie altert nicht und vergeht nicht wie der Körper. Sonst müssten Sie sich auch wie 48 fühlen.«
    »Über hundert«, sagte Niels.
    »Genau. Aber das tun Sie nicht. Denn der Geist oder die Seele gehört der unsichtbaren Welt an. Was zu der sichtbaren Welt gehört, vergeht, während die Ingredienzien der unsichtbaren Welt für immer Bestand haben. Das heißt …«
    »Unsterblich sind.«
    Vartov lächelte. »Ich finde, Sie kommen ziemlich gut mit.«
    »Und der letzte Beweis?«
    Niels bekam eine SMS . Sie war von Casper: Habe etwas auf dem Bild gefunden .
    »Sie wären in der Antike niemals so klug gewesen, wenn sie damals schon diese Dinger gehabt hätten, die immer und überall stören.«
    Niels lächelte und blickte auf. »Und der letzte Beweis?«
    »Zu guter Letzt wird Sokrates von seinen Jüngern kritisiert. Sie wenden ein, dass er zwar die Existenz der Seele bewiesen habe und auch, dass sie den Körper überlebt, dass sie sich aber trotzdem abnutzen müsse, nachdem sie in so vielen Körpern gewesen war. Wie Kleider.«
    »Das ist eigentlich unlogisch.«
    »Nicht wahr? Entweder ist etwas unsterblich, oder es ist nicht unsterblich. Man kann ja auch nicht ein bisschen schwanger sein.«
    »Hat er das so gesagt?«
    »Nicht ganz. Aber Sie haben es eilig, das sehe ich Ihnen

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