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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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an.«
    Niels schlug das Buch wieder auf: »Hier ist eine Seite rausgerissen worden.«
    Henrik Vartov fuhr mit dem Finger über die unregelmäßige Kante des ausgerissenen Blattes.
    »Es ist eine Schande, Seiten aus einem solchen Werk zu reißen. Interessiert die Polizei sich deshalb dafür?«, fragte er lächelnd.
    »Worum geht es auf der fehlenden Seite?«
    Vartov las die vorangehende und folgende Seite. »Das ist eine Szene ziemlich früh in dem Dialog, als alle zehn in der Gefäng niszelle sind. Sie beschreibt den Augenblick, in dem sich die klügs ten Männer der Antike einig werden, dass der Tod nichts anderes ist als der Augenblick, in dem Körper und Seele sich trennen. Und dass die Seele getrennt weiterleben kann.«
    Wie Giselle, dachte Niels.

37.
    Nørrebro, 15.2 3 Uhr
    Hannah bremste. Das Auto hinter ihr hupte so laut, dass es in ganz Nørrebro zu hören war.
    »Heh, du blöde Tussi, was machst du denn?«, brüllte jemand, aber erst als Hannah den kleinen Fiat gewendet hatte, wurde ihr klar, dass sie damit gemeint war.
    Jetzt kam es darauf an, jetzt musste die Verhandlung gewonnen werden, dachte der Ankläger und wollte seinen wichtigsten Zeugen aufrufen, die Stimme aus dem Grab. »Verehrtes Gericht, hoch geachtete Geschworene«, sagte sie laut im Auto und sprach dann murmelnd weiter. »All die Voten der wohlmeinenden Humanisten sind ja schön und gut, ich will Ihnen jetzt aber die Wahrheit darüber sagen, wie es ist, ein Leben im Wahnsinn zu führen. Wie sich das anfühlt. Nicht aus Sicht der Theoretiker, sondern aus der eines Betroffenen.«

38.
    Polizeipräsidium Kopenhagen, 15.25 Uhr
    »Casper?«
    Der Kollege drehte ihm den Rücken zu und studierte das Foto, als Niels das Archiv des Präsidiums betrat, wo Casper sein Zu hause hatte. Zuhause war wirklich das richtige Wort, denn es kam einem immer so vor, als würde man eine Intimgrenze überschreiten, wenn man das Archiv betrat. Besonders die Archivare, die hier gemeinsam mit der IT -Abteilung angesiedelt waren, bekamen nur selten Besuch. Heute war nur Casper bei der Arbeit. Niels trat näher.
    »Hast du was für mich? Es eilt.«
    »Das höre ich schon an deinem Atem«, sagte Casper.
    Niels setzte sich hinter ihm auf einen Stuhl und fragte sich, was Caspers feines Gehör wohl sonst noch alles wahrnahm. Hannahs ruhelose Schritte nachts im Wohnzimmer? Die Geräusche der Stimmen in Niels’ Kopf, die immer wieder forderten, zu ihr zu gehen und sie zu umarmen. Oder der Widerspruch, der gleich darauf zu hören war: »Nein, sie will das nicht. Nicht von dir, Niels, dafür ist es zu spät. Viel zu spät.«
    »Verdammt dünne Mädchen«, stellte Casper fest und betrachtete das Foto auf dem Bildschirm. »Aber hübsch.«
    »Balletttänzerinnen.«
    »Da haben wir unsere Freundin.« Er zeigte auf Dicte, die auf dem Bett in ihrer Umkleide saß, halb versteckt hinter einem Rauch ring, den sie gerade geblasen hatte. Sie hielt die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Das ist Dicte van Hauen, ja.«
    »Und guck mal hier. Auf dem Spiegel. Das wolltest du doch haben, oder?«
    »Also, was ist das?«
    »Sieht aus wie eine Postkarte, würde ich sagen.«
    »Ja.«
    »Jetzt pass mal auf«, sagte Casper und zoomte die Karte ein, bis nur noch einzelne Pixel zu erkennen waren.
    »Der Winkel ist ein bisschen ungünstig«, sagte Casper laut zu sich selbst. »Aber auf so was verstehe ich mich, das kann ich korrigieren.«
    Er legte einen Rahmen um die Postkarte und zog sie an den Rand des Bildschirms. Dann verkleinerte er das ursprüngliche Bild und schob es in eine Ecke, bevor er die Karte wieder in die Bildschirmmitte zog und vergrößerte.
    »Kannst du etwas sehen?«, fragte Niels.
    »Ja, du etwa nicht?« Casper vergrößerte das Bild noch weiter. Größer und größer.
    »Ist das ein Vogel?«, fragte Niels.
    »Nein.«
    »Das könnte aber doch ein Flügel sein«, schlug Niels vor. »Vielleicht ein Drache?«
    »Nein«, sagte Casper.
    Niels warf einen Blick auf die Uhr hinter Casper. 15.30 Uhr. NMSB . Mon . 16 . Ihm blieben noch 30 Minuten, um eine Antwort darauf zu finden. »Wir haben es eilig. Wenn du bei all diesen Pixeln, oder wie die Dinger heißen, etwas erkennen kannst, dann sag es mir bitte.« Niels wurde lauter.
    »Das ist ein Engel«, sagte Casper.
    Niels legte den Kopf zur Seite. »Ich glaube, du hast recht.« Niels stand auf, trat ein paar Meter zurück und betrachtete den Bildschirm aus der Ferne. »Das könnte wirklich ein Engel sein«, sagte er dann.

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