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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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»Vielleicht hält er etwas im Arm.«
    Casper stand auf und ging zu ihm. »Was?«
    »Kinder, glaube ich.«
    »Möglich.«
    »Ein Engel mit Kindern auf dem Arm?« Niels klang skeptischer, als er das selbst beabsichtigt hatte. »Babys vielleicht. Ist das ein Gemälde? Da unten steht doch ein Text.«
    »Den Text sollten wir isolieren und vergrößern können«, sagte Casper und setzte sich wieder an den Computer.
    Niels spürte Caspers Unbehagen darüber, dass jemand dicht hinter ihm stand und ihm in den Nacken atmete.
    »Mach schneller! Ist das ein T ? Wofür steht das? Thor…«
    »Ich glaube, das soll Thorvald heißen.«
    Niels beugte sich vor.
    »Nein. Thorvaldsen«, korrigierte Casper sich selbst.
    »Thorvaldsen?«
    Casper war bereits im Internet und gab den Namen in Google ein:
    »Bertel Thorvaldsen: einer der größten Bildhauer, nicht nur in Dänemark, sondern international. Neoklassizist, arbeitete große Teile seines Lebens in Rom und war unter anderem an dem Grabmal von Papst Pius VII. in der Peterskirche beteiligt. Es gibt Gerüchte, die besagen, es sei kein Zufall, dass das Papstprofil Ähnlichkeiten mit einem gewissen H . C . Andersen hat, den soll Thorvaldsen im Rahmen seiner Arbeit nämlich getroffen haben. Er starb am 24. März 1844 während einer Vorstellung im Königlichen Theater. Ist im 1. Satz von Ferdinand Ries’ 6. Symphonie einfach auf seinem Platz in der ersten Reihe zusammengebrochen. Der Satz war die Ouvertüre zu dem Theaterstück Griseldis von dem österreichischen Dramatiker Friedrich Halm …«
    Niels unterbrach ihn: »Im Theater?«
    »Das steht hier, ja.« Casper sah zu Niels auf. »Woran denkst du?«
    »Ich frage mich, warum jemand eine Postkarte aus Dictes Garderobe entfernt, auf der Thorvaldsen steht? Und was hat Thorvaldsens Tod im Königlichen Theater damit zu tun? Das war immerhin vor 160 Jahren.«
    Casper schüttelte den Kopf, während er weiterlas.
    »Und was ist mit dem Motiv? Ein Engel … mit Babys?«, fragte Niels.
    Im Laufe von Sekunden hatte Casper Thorvaldsens Werke gegoogelt.
    »Da haben wir es ja«, sagte er und vergrößerte das Bild von dem Engel. »Die Nacht mit ihren Kindern Schlaf und Tod. Im Original ›Natten med sine børn‹. Ein Relief.«
    Niels las laut vor: »Thorvaldsens berühmtes Relief ›Die Nacht mit ihren Kindern Schlaf und Tod‹. Also wie heißt das Original? Natten med sine børn?«
    »Ja, warum …«
    »Natten.«
    »Med …«
    Niels fuhr fort: »Sine …«
    »Børn«, schloss Casper.
    » NMSB .«
    Niels sah auf die Uhr. Viertel vor vier.
    »Und wo hängt das?«
    Wieder hasteten die Finger über die Tastatur und schlugen virtuos ein paar Akkorde an, ehe Casper sich räusperte. »Rate mal.«

39.
    Friedhof Frederiksberg, 15.45 Uhr
    Der Ankläger trat resolut an die Friedhofsmauer. Der Friedhofs gärtner zog seinen armeegrünen Overall zurecht und zündete sich eine Zigarette an. Dann nickte er Hannah zu und verschwand in Richtung eines windschiefen Geräteschuppens. Hannah setzte sich auf eine Bank, streifte sich die Sandalen ab und ließ den weißen Kies zwischen ihren Zehen durchrieseln. Die letzten Schritte waren die schwersten. Noch zehn Meter über den Weg zwischen den Gräbern, dann scharf nach links und ein paar Schritte weiter. Dann war sie da. An Johannes’ Grab. Der Ruhestätte ihres toten Sohns. Er lag neben einem Freiheitskämpfer aus dem Zwei ten Weltkrieg und einer Frau namens Olga Hansen, die 1991 gestorben war. Hannah war in den Jahren nach Johannes’ Tod sehr oft hier gewesen. Nicht weil das ihre Trauer gelindert hätte – eher im Gegenteil –, sondern weil es sich richtig angefühlt hatte, an diesem Ort zu sein. Notwendig . Im letzten Jahr war sie nur ein paarmal hier gewesen. Da waren andere Dinge notwendig gewesen: Sie hatte lernen müssen, mit der Trauer zu leben, denn irgendwann hatte sie verstanden, dass sie niemals darüber hinwegkommen würde. Die Trauer war ein Teil von ihr geworden. Sie hatte sie zu einem anderen Menschen gemacht. Und jetzt kam es darauf an, als dieser andere Mensch leben zu lernen und ihn zu mögen. Wenn das denn möglich war. Sie ging vor dem einfachen Grab in die Hocke. Nur ein grauer Stein in der Größe eines Fußballs, ein Name und zwei Daten. Keine Blumen, keine Grüße am Grab.
    »Wie geht’s dir, Schatz?«, fragte sie und begann zu flüstern. »Ich muss dich etwas fragen. Ist das okay?«
    Hinter sich hörte sie Stimmen und drehte sich um. Ein älterer Mann und sein Enkel. Der Junge hielt eine

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