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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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paar Tagen, denke ich.«
    »Und davon wissen nur die geladenen Gäste?«
    »Davon würde ich ausgehen, ja.«
    Niels zog sich ein Stück zurück. Warum ausgerechnet heute?, fragte er sich. Warum gerade hier? Oder war das Treffen nach Dictes Tod abgesagt worden? Warum sollte sich dann aber jemand die Mühe machen, in ihre Garderobe einzubrechen und eine Postkarte zu entfernen? Nein, die Karte musste eine Bedeutung haben. Auf die eine oder andere Weise. Vielleicht das Motiv? Natten med sine børn, Schlaf und Tod . Vielleicht war die Antwort dort zu finden? In dem Kunstwerk selbst. Ein heimlicher Code? Eine versteckte Botschaft? Aber warum der Zeitpunkt? Kam es darauf an, wie das Licht auf das Kunstwerk fiel? Niels schüttelte den Kopf. Das gab es nur in amerikanischen Fantasyfilmen, nicht aber in der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit war immer viel einfacher. Und gleichzeitig komplexer. Es waren immer die einfachen Dinge, die ein Verbrechen aufklärten. Der psycho logische Morast, der dem Ganzen zugrunde lag, war hingegen deutlich komplexer.
    Französische Stimmen hinter ihm. Niels drehte sich um. Zwei Männer, die aussahen, als würden sie sich langweilen. Der eine war vor allem mit seinem Handy beschäftigt. Niels musterte sie einen Augenblick lang. Nichts, sagte er sich selbst. Die hatten nichts mit dem seltsamen Code zu tun. Er lief über den Flur. Die Luft war kühl, angenehm, vor dem Sonnenlicht geschützt. Bei dieser Hitze vielleicht der beste Ort der Stadt. Am liebsten hätte er sich für einen Moment auf den kalten Marmor gelegt, die Augen geschlossen und gefühlt, wie die Haut die Kälte des Steins aufnahm. Stattdessen lief er an Kunstwerken vorbei, an Men schen mit goldenen Uhren, teurem Schmuck und den unterschied lichsten englischen Akzenten. Niemand bemerkte ihn. Er war umgeben von Menschen, die es gewohnt waren, sich in großen, anonymen Gesellschaften zu befinden. In Delegationen, in denen man sich zulächelte und höflich nickte, ohne zu wissen, wem man da zunickte. Menschen, für die die Welt ein exklusiver Ort war, der nur ihnen offenstand. Kannte Dicte solche Menschen? Natürlich tat sie das. Ballett, Hochkultur, Thorvaldsen. Geld, Banken. »Wonach suchst du, Niels?«, fragte er sich und antwortete: »Ich suche nach nervösen Blicken, nach wachsamen Augen. Und nach wem suchst du? Einem Mörder? Mehreren Mördern? Nach dem Mann, der Dicte brutal gefangen gehalten und ertränkt hatte, bevor sie …«
    Da . In dem Raum, in dem die Statue von Papst Pius residierte, stand ein Mann. Zu warme Kleider für die Jahreszeit. Jacke. Sonnenbrille. Graue Haare. Teure Armbanduhr. Circa 185 cm groß . Durchschnittlicher Körperbau . Die sparsame Beschreibung, die sie anhand der Überwachungskamera hatten geben können. Passte sie auf den Mann? Vielleicht. Auszuschließen war es nicht.
    Niels stellte sich an den Rand der Gruppe. Verschränkte die Arme und versuchte ebenso müde auszusehen wie Papst Pius der Siebte, der für immer verewigt und versteinert leer auf die Kopenhagener Kanäle starrte und mit der rechten Hand alle segnete, die vorbeikamen. Niels beobachtete den Mann. Er sah immer wieder auf seine Uhr. Der ist zu klein, dachte Niels. Und doch?
    Die Führerin erklärte auf Englisch, welche Besonderheit es gewesen war, dass ein Protestant wie Thorvaldsen den Auftrag erhalten hatte, die Grabstätte für den Papst zu gestalten. Niels musterte sie. Sie war etwa Mitte zwanzig, mit feinen Zügen und – wirklich seltsam – hautfarbener Strumpfhose. Bei dieser Wärme?
    »Wenn es um die Ausschmückung der katholischen Kirchen ging, drückten die Geistlichen schon mal ein Auge zu. Dann waren Homosexualität, Ketzerei, andere Glaubensrichtungen oder gar keine plötzlich egal.«
    Vereinzeltes Lachen. Sie zog die Gruppe weiter. Niels sah in Richtung Ausgang. Eine elegant gekleidete Frau zupfte an ihrem marineblauen Minirock herum. Und was war mit dem Mærsk-Mann? Er stand allein da und schien den großen Saal zu mustern. Alleinstehende Männer. Denen trauen wir immer alles zu. Auch er würde bald wieder zu dieser Gruppe gehören. Er musste seinen Koffer packen. Was machte er eigentlich hier? Was ging Dictes Unglück ihn an?
    Wenn du springst, springe ich auch .
    Niels ging weiter und kam in die kleinen Galerien im hinteren Teil des Museums. Saal acht? Hatte sie das nicht gesagt? Doch, da, in einer Nische kaum größer als Hannahs und Niels’ neues Schlafzimmer, wenn auch mit höherer Decke, sah er das Relief an der Wand.

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