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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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schwammen, solange es ihren Zielen dienlich war. Wobei dieses Ziel in seinem Fall darin bestand, seine Karriere voranzutreiben.
    »Sagen Sie mir Bescheid, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann«, meinte er. »Bildung liegt mir sehr am Herzen, und die Schüler von Ravenwood sind meiner Meinung nach in ganz besonderem Maß der Schlüssel zur Zukunft unserer Nation.«
    Das kannst du laut sagen , dachte April. Vor allem, da du offensichtlich glaubst, dass die Vampire demnächst das Ruder übernehmen.
    »Ich muss mich wieder unters Volk mischen«, fuhr er fort. »Aber es war sehr schön, Sie endlich kennenzulernen, April. Und übertreiben Sie’s nicht mit dem Orangensaft, okay?«
    Sie sah, wie er zu den anderen Gästen zurückkehrte, Hände schüttelte und auf Schultern klopfte – der vollendete Politiker, der sich souverän auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegte. Plötzlich spürte sie lodernde Wut in sich aufsteigen, eine abgrundtiefe Verachtung für David Harper und Leute wie ihn. Oh ja, er war ein charmanter Mann, wenn auch auf eine leicht überhebliche Weise, aber das war doch reine Fassade, oder? Beim Anblick all der fetten alten Männer und Frauen mit ihren roten Gesichtern und schlecht sitzenden Kleidern konnte sie kaum glauben, dass sie alle die Ideologie absorbiert hatten und mit ganzem Herzen hinter den Zielsetzungen der Vampire standen. Nein, sie hatten sich lediglich auf die Seite der Blutsauger geschlagen, um ihre Karrieren voranzutreiben und sich möglichst viele Vorteile und Privilegien zu verschaffen. Sie hatten sich ihnen im sicheren Glauben angeschlossen, dass die Vampire ihnen zu Macht und Geld verhelfen würden – so einfach und zugleich deprimierend war das.
    Schön und gut, aber wie willst du all dem ein Ende setzen?, ätzte die leise Stimme in ihrem Hinterkopf.
    April kannte die Antwort: Am liebsten wäre sie auf dieses Podium gesprungen, hätte das Mikrofon geschnappt und all diesen Dummköpfen ins Gesicht geschrien, ob sie sich darüber im Klaren seien, was sie da gerade taten. Dass sie nicht nur einen klugen Schachzug im Hinblick auf ihre persönliche und berufliche Zukunft vollzogen, sondern schlicht und ergreifend die Tore zur Hölle öffneten. Und wenn diese Leute ernsthaft glaubten, die Vampire würden sie nach ihrer Machtergreifung schonen und Gnade walten lassen, irrten sie sich ganz gewaltig. Die Vampire würden sie wie Schweine abschlachten.
    Sie zog ihr Handy heraus und schrieb eine SMS an Davina:
    Habe gerade David Harper kennengelernt. Grauenhaft. Darf ich jetzt gehen? X
    Sekunden später kam die Antwort.
    Namen. Schon vergessen?
    Sie stieß einen leisen Fluch aus, schaltete die Kamera ein und schoss möglichst unauffällig ein paar Aufnahmen. Sollte jemand sie zufällig dabei beobachten, würden die Leute sie höchstwahrscheinlich für einen harmlosen Teenager halten, der twitterte oder sonst irgendwelche verrückten Sachen machte, von denen sie nichts verstanden. Zumindest gelangte sie auf diese Weise an ein paar Namensschilder, oder Fiona erkannte einige Gäste anhand ihrer Gesichter. April blickte auf das Display. Jedenfalls waren sie keine Vampire, so viel stand fest. Was es allerdings fast noch trauriger machte.
    Als sie den Kopf hob, streifte ihr Blick ein vertrautes Gesicht, genauer gesagt, einen Rücken. Aber sie hätte Onkel Peter unter Tausenden erkannt. Sie unterdrückte den Impuls, seinen Namen zu rufen, sondern schob sich durch die Menge, vorbei an zwei Gruppen schallend lachender Männer. Drei oder vier Meter hinter Peter blieb sie stehen, als sie registrierte, dass er mit jemandem in ein Gespräch vertieft war, dem sie nicht unbedingt noch einmal über den Weg laufen wollte: David Harper. Verdammt.
    Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass Peter erwähnt hatte, er sei beim selben Empfang eingeladen. April blieb stehen und sah den beiden zu. Sie schienen in eine hitzige Debatte verstrickt zu sein: Peter gestikulierte heftig und schlug sich aufgebracht mit der Faust in die Handfläche, während Harper wiederholt nickte.
    »Natürlich teile ich Ihre Meinung«, hörte sie Harper sagen. »Hoffen wir mal, dass Sie alle anderen auch überzeugen können.« Trotz ihrer Neugier wollte April sich nicht beim Lauschen erwischen lassen, deshalb trat sie den Rückzug an, wobei sie um ein Haar Dr. Tame in die Arme lief.
    Oh Gott! Eilig wirbelte sie herum. Bitte, lieber Gott, mach, dass er mich nicht sieht , flehte sie stumm und sah sich hektisch nach dem Ausgang um.
    »April?«
    Oh

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