Der schlagende Beweis
McCann, der zu allen im Fall Arnold relevanten Zeitpunkten in Haft war, irgendetwas mit der zweiten Entführung zu tun hat.«
»Mr. Quiroz?«, fragte der Richter.
Ramon wusste, dass er geschlagen war, und er sch üttelte stumm den Kopf.
»Mr. Flynn, wenn das Gesetz mir irgendeine Handhabe gäbe, Ihren Antrag abzulehnen, würde ich es tun«, sagte der Richter. »Aber die gibt es mir leider nicht, und ich bin darauf vereidigt, dem Gesetz zu genügen, selbst dann, wenn es mir schwer fällt.« Er schwieg einen Moment. »Ich ordne ein neues Verfahren gegen Mr. McCann an.«
»Euer Ehren, ich möchte noch einen zweiten Antrag einbringen«, sagte Flynn hastig. »Ich beantrage, die Anklage gegen Mr. McCann fallen zu lassen. Wenn das Verfahren heute neu eingeleitet würde, müsste es in einem Freispruch enden, sobald die Staatsanwaltschaft ihre Beweisführung abgeschlossen hat. Mr. McCann hat stets versichert, vollkommen unschuldig zu sein, und wir haben von Anfang an geltend gemacht, dass Lester Dobbs Mr. McCann belastet hat, um seiner gerechten Strafe für den Mord an Mrs. Alvarez zu entgehen. Ohne die Zeugenaussage von Mr. Dobbs gibt es keinerlei Beweise, die Mr. McCann mit der Entf ührung von Patty Alvarez in Verbindung bringen.«
»Mr. Quiroz, gibt es eine amtliche Kopie von Mr. Dobbs' Aussage beim Prozess?«, fragte Richter Schrieber.
»Nein, Sir.«
»Hat Mr. Dobbs vor dem Großen Geschworenengericht ausgesagt?«
»Ja, aber es gibt kein Protokoll.«
»Selbst wenn es eines gäbe«, warf Flynn ein, »dürfte es nicht gegen Mr. McCann verwendet werden, weil ich keine Möglichkeit hätte, Mr. Dobbs ins Kreuzverhör zu nehmen.«
»Ich glaube, Mr. Flynn hat Recht«, sagte der Richter. »Mr. Quiroz, gibt es irgendeine gesetzlich zulässige Möglichkeit, die Zeugenaussage von Lester Dobbs in einem zweiten Verfahren zu verwenden?«
»Im Moment fällt mir keine Möglichkeit ein.«
Richter Schrieber sa ß gedankenverloren da. Er klopfte mit seinem Kugelschreiber auf das Pult. Als er wieder das Wort ergriff, sah er sehr unglücklich aus.
»Mr. Flynn, ich werde die Anklage gegen Mr. McCann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht fallen lassen. Möglicherweise finden sich neue Beweise. Aber unter den gegebenen Umständen möchte ich Mr. McCann nur ungern länger in Haft halten. Mr. Quiroz, ich gebe Ihnen eine Woche, um mich davon zu überzeugen, dass es eine gesetzliche Grundlage für seinen Verbleib im Gefängnis gibt. Wenn Sie den nicht erbringen, werde ich mich gezwungen sehen, ihn auf freien Fuß zu setzen.«
Als Ramon Quiroz in das Staatsanwaltsb üro zurückkehrte, wurde er von einem zornigen Martin Alvarez erwartet. »Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?“
»Ich kann gar nichts dagegen unternehmen, Martin. Wenn wir nicht neue Beweise finden, ist McCann ein freier Mann.«
»Das ist heller Wahnsinn.«
Quiroz sch üttelte den Kopf. »Das ist gesetzliche Vorschrift.«
»Sie müssen doch irgendetwas tun können?«
»Martin, ich habe genau das befürchtet, seit Melissas Protokolle verschwunden waren. Ich hatte schon mal mit Gene Arnold so einen Fall, und ich habe geahnt, was passieren würde. Ich hatte gehofft, Flynn wäre nicht clever genug, um darauf zu kommen.«
»Was meinen Sie damit, Sie hätten schon mal mit Gene einen solchen Fall gehabt?«
»Erinnern Sie sich, dass Bob Champion und Gene mal Partner waren?«
Martin nickte.
»Bob vertrat einen Jugendlichen, der wegen Autodieb Stahls vor Gericht stand. Die Geschworenen wurden ausgewählt, und der Staatsanwalt trieb ein paar Zeugen auf. Dann gab es ein verlängertes Wochenende wegen irgendeines Nationalfeiertags. Als der Prozess begann, konnte niemand den Jungen finden. Er war einfach getürmt. Richter Milbrandt entschied, dass der Angeklagte absichtlich nicht erschienen war, und die Anwälte mussten den Prozess in seiner Abwesenheit führen. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten schuldig. Der Richter konnte ihn nicht verurteilen, und so stellte er einen Haftbefehl aus. Vor drei Jahren haben sie den Jungen in Kanada geschnappt. Er wurde zur Verurteilung zurückgeschickt. Bob war inzwischen schon pensioniert, und Gene stellte einen Berufungsantrag, aber die Gerichtsschreiberin konnte ihre Mitschrift nicht finden. Sie hatte sie in einer Schachtel mit alten Transkriptionsb ändern aufbewahrt, die sie inzwischen vernichtet hatte. Gene konnte keinen Berufungsantrag stellen, weil es unmöglich war, ein Protokoll zu erstellen, aber stattdessen fand er die
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