Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur
von hier fort!«
»Ich werde alles tun, damit ihr in Sicherheit leben könnt – selbst wenn das heißt, dass ich mich von den Kindern trennen muss. Auch ich werde mich besser fühlen, wenn ich weiß, dass ihr außer Gefahr seid. Diese ständige Anspannung ist unerträglich«, gestand Hussein.
Gemeinsam entwarfen mein Mann und ich einen Plan für unsere Ausreise aus Algerien. Da ich in Frankreich geboren war, besaß ich bereits die notwendigen Papiere. Ein befreundeter hoher Offizier sollte sich darum kümmern, dass meine volljährige Tochter Norah und die drei Kinder von Hussein rasch Visa erhielten.
Doch wir wussten ja, dass die minderjährige Melissa nurmit der Genehmigung ihres Vaters ausreisen konnte. Da die Korruption in Algerien blühte, beschlossen wir, uns ebenfalls dieses Mittels zu bedienen. Allerdings wollten wir es klüger anstellen als bei meinem letzten Versuch.
Der befreundete Offizier kannte einen Kommissar, der uns eine gefälschte Genehmigung ausstellen würde. Die Bedingung war, dass wir ihn niemals verraten durften, ganz gleich was uns zustoßen würde. Sollten die Behörden die Fälschung entdecken, würden mein Mann und ich womöglich ins Gefängnis wandern. Uns war klar, welches Risiko wir eingingen, doch es schien uns lebensnotwendig, das Land zu verlassen!
Unsere Bemühungen trugen Früchte. Ein paar Monate später hatten wir alle Papiere, Visa und Flugtickets beisammen und waren zum Aufbruch bereit. Ich konnte es kaum glauben. Der so sehr herbeigesehnte Augenblick schien endlich gekommen zu sein. Unsere Abreise nach Paris war für den 30. Juli 2000 geplant.
Möge Gott mit uns sein! Wie würde sich unser Leben in Frankreich gestalten? Wir kannten niemanden, an den wir uns dort wenden konnten, und besaßen kaum Geld und nur ein wenig Schmuck. Ich war lediglich eine Mutter von fünf Kindern, aber fest entschlossen, alles für sie zu wagen. Unser neues Leben konnte in keinem Fall schlimmer sein als die in Algerien erlittenen Schrecken.
Am Morgen des 30. Juli waren wir alle sehr aufgeregt. Wieder einmal hatte ich die meiste Angst, denn ich fürchtete, dass die gefälschte Genehmigung beim Zoll entdeckt werden könnte.
Melissa klagte wie immer, wenn sie nervös war, über Magenschmerzen.
Am glücklichsten war zweifellos Norah. Wie lange hatte sie die Rückkehr nach Frankreich herbeigesehnt! Sie konnte es kaum noch erwarten. Am liebsten hätte sie alle ihre persönlichen Habseligkeiten mitgenommen. Nichts wollte sie zurücklassen, damit sie auf keinen Fall einen Anlass hätte, hierher zurückzukommen.
Ich selbst nahm nur das Allernötigste mit. Ohne jedes Bedauern ließ ich mein Haus, Nippes und Kleider zurück.
Als wir unser Gepäck im Auto verstaut hatten, musste ich Abschied von Hussein nehmen. Ich versprach, ihm regelmäßig Nachricht von den Kindern zu geben. Immer wieder umarmte er sie, doch seine Entscheidung, in Algerien zu bleiben, war unumstößlich!
Um elf Uhr an diesem unvergesslichen Tag erreichten wir den Flughafen von Algier.
Wir begaben uns zum algerischen Zoll, und ich legte all meine Papiere vor. Der Beamte musterte mich durchdringend, als hege er bereits jetzt Argwohn! Mein Herz raste. Dann wandte er sich den Dokumenten zu und studierte sie gründlich. »Wollen Sie alle Ihren Urlaub in Frankreich verbringen?«, fragte er barsch.
»Ja, Monsieur. Wir alle!«
»Wo ist der Vater der drei kleinen Kinder?«
»Dort hinten! Er steht dort hinten an der Tür!«
Nun betrachtete er prüfend die Ausreisegenehmigung für Melissa. Ich hielt die Luft an.
»Wo ist denn der Vater dieses jungen Mädchens?«, fragte er scharf.
»Er hat die Genehmigung unterzeichnet, als er auf der Durchreise in Algier war. Ich kann Ihnen nicht sagen, wo er sich jetzt befindet.«
Sein Blick kehrte zu dem Dokument zurück. Dann sah er Melissa eindringlich an und fragte:
»Wie lange verlässt du Algerien mit deiner Mutter?«
»Ich werde den Sommer mit meiner Mutter in Frankreich verbringen, und danach kommen wir zurück, Monsieur«, antwortete Melissa geistesgegenwärtig trotz ihrer Nervosität. Ich war ungeheuer stolz auf meine Tochter! Jetzt hatte der Zöllner nichts mehr zu beanstanden. Nachdem er uns ein letztes Mal gemustert hatte, geruhte er, natürlich mit angemessener Langsamkeit, die Dokumente zu stempeln. Dann gab er mir Pässe und Flugtickets zurück und wünschte uns einen schönen Urlaub.
Unauffällig gab ich den Mädchen zu verstehen, dass sie ihre Freude im Zaum halten sollten, um
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