Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur
Ich sage dir das für den Fall, dass mir während der Geburt etwas passiert.«
Hussein kam mit Malika ins Haus zurück. Ich übertrug meiner großen Tochter die Verantwortung für das Haus und umarmte sie noch einmal innig. Hussein nahm meinen Koffer und reichte mir den Arm.
Mit bedrücktem Herzen verließ ich meine Töchter.
Das Team im Krankenhaus war unterrichtet und wartete bereits auf uns. Ich wurde auf den Operationstisch gelegt; der Kaiserschnitt stand nun bevor, so wie es der Arzt empfohlen hatte.
»Muss es denn wirklich ein Kaiserschnitt sein?«, bohrte ich noch einmal nach. »Mir wäre eine natürliche Geburt viel lieber.«
»Es muss sein, Madame. Sonst setzen wir das Leben Ihrer Kinder aufs Spiel.«
Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen, da sah ich, wie Hussein weggehen wollte.
»Wohin willst du, Hussein?«, schrie ich. »Komm zurück, ich brauche dich!«
»Ich bin in einer Minute zurück, Samia. Aber ich muss dringend meine Kollegen anrufen. Ich erkläre es dir später.«
Kurz darauf teilte mir eine Krankenschwester mit, dass mein Mann aus dienstlichen Gründen fortmusste, aber so schnell wie möglich zurückkehren wollte. Der Anästhesist war inzwischen bereit.
»Ich verbiete Ihnen, mich zu betäuben, solange mein Mann nicht da ist«, wiederholte ich völlig kopflos.
»Beruhigen Sie sich doch, Madame! Das Leben Ihrer Kinder ist in Gefahr!«
Der Arzt versuchte, mich zur Vernunft zu bringen, wurde aber allmählich selbst nervös.
Man hielt mich an Händen und Füßen fest, um mich zu betäuben. Ich vertraute niemandem mehr und stellte mir vor, dass Terroristen das Krankenhauspersonal dazu verleitet hatten, mir etwas Schlimmes anzutun. Obwohl ich mich mit aller Kraft wehrte, begann das Betäubungsmittel zu wirken, und ich wurde sehr müde.
Zwar konnte ich mich nicht mehr rühren, aber ich war dennoch halb bei Bewusstsein. Ich hatte Schmerzen, und doch schien es mir, als würde ich zwischen zwei Zuständen hin und her gleiten, ohne sie genau bestimmen zu können.Der Arzt und der Anästhesist unterhielten sich, als wäre ich gar nicht da. Dann verkündete einer von ihnen die Geburt des ersten Kindes:
»Zwei Kilo und vierhundert Gramm!«
Meine Schmerzen nahmen ständig zu. Ich musste ihnen zeigen, dass ich halb wach war. Ich richtete meine Konzentration auf meinen Zeigefinger, bis es mir gelang, ihn zu bewegen. Der Anästhesist bemerkte es und unterrichtete seinen Kollegen.
»Ich werde sie so rasch wie möglich wieder zum Einschlafen bringen. Sie war in einem so heiklen Zustand, dass ich ihr eine Dosis verabreicht habe, die ein Pferd flachgelegt hätte. Meines Wissens ist es noch nie vorgekommen, dass jemand dabei halb wach bleibt.«
Nach der zweiten Dosis dämmerte ich erneut weg, aber auch diesmal war die Wirkung nur von kurzer Dauer. Als die beiden Ärzte das zweite Baby herausholten, war ich wieder halb bei Bewusstsein. Trotz großer Schmerzen war ich froh darüber, denn so bekam ich mit, was vorging.
»Mein Gott, sie ist schon wieder wach! Bist du sicher, dass du ihr eine zweite Dosis verabreicht hast?«
»Ich gebe ihr noch etwas, nur keine Aufregung! Sie weigert sich tatsächlich mit allen Kräften, einzuschlafen!«, antwortete der Anästhesist dem aufgeregten Arzt.
Noch einmal fühlte ich, wie der Schlaf mich überkam. Als ich wieder erwachte, war der Arzt gerade dabei, die Wunde zuzunähen.
»Keine Sorge, Madame! Wir müssen nur noch ein einziges Mal klammern! Ich weiß, dass Sie große Schmerzen hatten und noch immer haben! So, jetzt sind wir fertig!«
Der Anästhesist strich mir sanft über die Stirn.
»Ich bin seit siebenundzwanzig Jahren Anästhesist, aber ich habe heute zum ersten Mal erlebt, dass eine Patientin trotz dieser Dosis halb wach bleibt. Sie sind außerordentlichhartnäckig, Madame! Wenn Sie sagen, dass Sie nicht schlafen wollen, dann schlafen Sie auch nicht!«, lachte er.
»Die beiden Kleinen sind bei guter Gesundheit!«, verkündete der Arzt freundlich.
Nun wusste ich, dass ich dem Klinikpersonal vertrauen und endlich loslassen konnte. Nachdem ich drei Stunden tief geschlafen hatte, hörte ich Husseins Stimme. Ich wandte den Blick ab, denn ich nahm es ihm übel, dass er mich in einem so entscheidenden Augenblick allein gelassen hatte.
»Ich musste den Befehlen meiner Vorgesetzten gehorchen«, entschuldigte er sich. »Es ging nicht anders.«
»Wenn du wirklich gewollt hättest, hättest du bleiben können. Du wusstest doch, wie sehr ich den Leuten im
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