Der Schlüssel zu Rebecca
Erfahrung, daß diese Rebellen so lange mutig waren, bis es um Kopf und Kragen ging. »Damit bleibt nur noch die Frage, wer von uns die Maschine fliegt.« Er blickte sich im Zimmer um und ließ die Augen schließlich auf Imam ruhen.
Nach einem Moment des Zögerns stand Imam auf.
Sadats Augen blitzten triumphierend.
*
Zwei Tage später legte Kemel die drei Meilen von der Kairoer Innenstadt bis zu dem Vorort, in dem Sadat wohnte, zu Fuß zurück. Als Detektivinspektor konnteKemel jederzeit einen Dienstwagen benutzen, aber aus Sicherheitsgründen machte er selten davon Gebrauch, wenn er Rebellenversammlungen besuchte. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden seine Kollegen von der Polizei mit der Bewegung der Freien Offiziere sympathisieren, doch er hatte es nicht eilig, sie auf die Probe zu stellen.
Kemel war fünfzehn Jahre älter als Sadat, aber er brachte dem Jüngeren fast so etwas wie Heldenverehrung entgegen. Er teilte Sadats Zynismus und dessen realistische Einschätzung der politischen Macht. Doch Sadat besaß noch mehr: einen brennenden Idealismus, der ihm Energie und Hoffnung gab. Wie sollte Kemel ihm die Nachricht beibringen?
Die Botschaft an Rommel war getippt, von Sadat und allen führenden Freien Offizieren – außer dem abwesenden Nasser – unterzeichnet und in einem großen braunen Umschlag versiegelt worden. Die Luftaufnahmen von britischen Positionen waren fertig. Imam war mit seiner Gladiator gestartet und Baghdadi in einer zweiten Maschine gefolgt. Sie waren in der Wüste gelandet, um mit Kemel zusammenzutreffen, der dann Imam den braunen Umschlag überreicht hatte und in Baghdadis Flugzeug geklettert war. Imams Gesicht hatte vor jugendlichem Idealismus gestrahlt.
Kemel dachte: Wie soll ich es Sadat beibringen?
Er war zum erstenmal geflogen. Die Wüste, die vom Boden aus so monoton wirkte, war ein endloses Mosaik von Formen und Mustern gewesen: Kiesflächen, vereinzelter Pflanzenbewuchs und vulkanische Hügel.
Baghdadi sagte: »Du wirst frieren.« Kemel glaubte an einen Scherz – die Wüste war wie ein Hochofen –, aber während die kleine Maschine stieg, fiel die Temperatur stetig, und bald fröstelte er in seinem dünnen Baumwollhemd.
Nach einer Weile schwenkten beide Maschinen nachOsten ab. Darauf teilte Baghdadi dem Stützpunkt über Funk mit, daß Imam vom Kurs abgekommen sei und nicht auf Funksprüche reagiere. Wie erwartet, wurde Baghdadi vom Stützpunkt befohlen, Imam zu folgen. Diese Farce war nötig, damit Baghdadi bei seiner Rückkehr nicht in Verdacht geriet.
Sie flogen über ein Armeelager. Kemel sah Panzer, Lastwagen, Feldgeschütze und Jeeps. Eine Gruppe von Soldaten winkte. Es müssen Briten sein, dachte Kemel. Beide Flugzeuge stiegen hoch. Direkt vor sich sahen sie Zeichen einer Schlacht: große Staub- und Explosionswolken. Sie umrundeten das Schlachtfeld im Süden.
Kemel überlegte: Wir sind über einen britischen Stützpunkt geflogen, dann über ein Schlachtfeld, als nächstes müßte ein deutscher Stützpunkt kommen.
Vor ihnen verlor Imams Maschine an Höhe. Statt ihm zu folgen, kletterte Baghdadi ein wenig höher und scherte nach Süden aus. Kemel blickte nach rechts und sah, was die Piloten entdeckt hatten: ein kleines Lager mit einem geebneten Streifen, der als Landebahn markiert war.
Auf dem Weg zu Sadats Haus fiel Kemel ein, wie freudig erregt er sich dort oben über der Wüste gefühlt hatte, als ihm klar wurde, daß sie hinter den deutschen Linien waren und Rommel den Vertrag schon fast in der Hand hatte.
Er klopfte an die Tür. Noch immer wußte er nicht, was er Sadat erzählen sollte.
Es war ein gewöhnliches Einfamilienhaus, um einiges ärmlicher als Kemels Heim. Einen Moment später kam Sadat zur Tür; er trug eine Galabiya und rauchte eine Pfeife. Nach einem Blick in Kemels Gesicht sagte er sofort: »Es ist schiefgegangen.«
»Ja.« Kemel trat ein. Sie gingen in den kleinen Raum, der Sadat als Arbeitszimmer diente. Er enthielt einenSchreibtisch und ein Bücherregal; ein paar Kissen lagen auf dem Fußboden. Auf einem Papierstapel ruhte eine Pistole.
Sie setzten sich. Kemel berichtete: »Wir fanden ein deutsches Lager mit einer Landebahn. Imam setzte zur Landung an. Da begannen die Deutschen, seine Maschine zu beschießen. Es war ja ein englisches Flugzeug, daran hatten wir nicht gedacht.«
»Aber sie mußten doch gesehen haben, daß er kein Feind war, er feuerte nicht, warf keine Bomben ab ...«
»Er ließ sich immer weiter sinken«, fuhr
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