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Der Schluss-Mach-Pakt

Der Schluss-Mach-Pakt

Titel: Der Schluss-Mach-Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Norris
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wir mit den Muttertagsessen nicht aufgehört, damals, als Mom uns verlassen hatte.
    »Überrascht?«, fragte Ian. »Dad und ich planen das schon seit ein paar Wochen.«
    »Das ist doch echt so was von lächerlich«, presste ich hervor.
    Dad stellte die Schüssel mit den Spaghetti auf den Tisch und sah mich dann blinzelnd an. »Wir dachten, das wäre eine nette …«
    »Was wäre nett? Ian und mich daran zu erinnern, dass wir keine Mutter haben?« Ich deutete auf Trisha, die nicht weniger geschockt wirkte als Dad und Ian. »Diese Frau, die wir kaum kennen, zu uns nach Hause einzuladen und dann so zu tun, als wäre sie ein Teil unserer Familie?«
    Mit einem Mal wurde mir klar, worum es hier ging, und einen kurzen Moment fühlte es sich so an, als hätte man mir einen Schlag in die Magengrube verpasst. Ich holte tief Luft und versuchte, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen.
    »Das tust du nicht«, sagte ich zu Dad, mein Blick fest auf ihn gerichtet.
    Die Furchen auf Dads Stirn wurden noch tiefer. »Was tue ich nicht?«
    Ich deutete auf Trisha. »Du willst sie heiraten? Du kennst sie doch kaum! Denkst du, das wäre gut für irgendeinen von uns?« Ich fuhr herum zu Dads Freundin und stand heftig keuchend da, sodass meine Brust sich ganz schnell hob und senkte. »Ich werde dich nie als Mutter akzeptieren. Bei dieser ganzen Muttertagsfarce mach ich garantiert nicht mit …«
    »Avery«, unterbracht mich Trisha ganz ruhig. »Dieses Essen veranstalten wir nicht für mich.«
    Ich funkelte sie einen Moment finster an. »Für wen soll es denn dann sein?«
    »Für dich.« Mein Blick wanderte zu meinem Bruder, der jetzt Tränen zurückblinzelte. Sein Gesicht hatte sich erst rot, dann dunkellila verfärbt, und er wich meinem Blick aus. »Das alles haben wir nur für dich vorbereitet, Avery.«
    »War Ians Idee«, erklärte Dad ganz leise. Der Ärger und der Schmerz in seiner Stimme waren nicht zu überhören.
    Ich machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, doch ich brachte keinen Ton heraus.
    Ian streckte den Arm aus und zerrte das Banner herunter, das er aufgehängt hatte, dann riss er es in der Mitte entzwei. »Wir hätten uns gar nicht erst die Mühe machen sollen. Du ruinierst echt immer alles.«
    Ich trat einen Schritt vor und streckte die Hand nach ihm aus. »Ian, ich …«
    Doch mein Bruder drängte sich an mir vorbei, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, und stürmte aus der Küche. Einen Augenblick später knallte seine Zimmertür zu.
    Dad seufzte. »Ich schätze, dann räum ich das Essen mal wieder weg. Wenn jemand Hunger hat, ich tu es in den Kühlschrank.«
    »Dad«, sagte ich, während er eine Schüssel nach der anderen in die Hand nahm.
    Abwehrend hielt er eine Hand hoch, um mich zum Schweigen zu bringen. »Wir sollten uns alle erst mal beruhigen, ehe wir noch etwas sagen, was wir hinterher vielleicht bereuen.«
    Ich warf Trisha einen Blick zu, doch sie runzelte nur kurz die Stirn und stand dann auf, um Dad mit dem Essen zu helfen. Es war ganz offensichtlich, dass ich mit dem, was ich gesagt hatte, auch ihre Gefühle verletzt hatte. Dennoch entschuldigte ich mich nicht. Mir fehlten einfach die Worte.
    Ich ging den Flur entlang, in der Absicht, auf meinem Zimmer zu verschwinden und mich zu verstecken, doch dann blieb ich stehen und starrte auf Ians geschlossene Zimmertür. Die Vorstellung, dass er das Essen ganz allein für mich geplant hatte, sorgte dafür, dass mir meine Reaktion gleich noch peinlicher war.
    Zaghaft klopfte ich an seine Tür. »Ian? Kann ich reinkommen?«
    Nichts als Stille schlug mir entgegen.
    »Es …« Ich schluckte den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals gebildet hatte. Mir fiel es echt schwer, mich für irgendwas zu entschuldigen. »Es … es tut mir leid.«
    Die Tür blieb weiter verschlossen.
    Enttäuscht trabte ich davon in mein eigenes Zimmer. Ich schleuderte die Schuhe von den Füßen und warf sie achtlos irgendwo auf den Boden, statt sie an ihren üblichen Platz im Schrank zu räumen. Tränen verschleierten meinen Blick, und ehe ich es verhindern konnte, rannen sie mir auch schon über die Wangen. Ich legte mich aufs Bett und heulte hemmungslos in mein Kopfkissen, um die Schluchzer zu ersticken.

Vierundzwanzig
    Am Montag nach der Schule saß ich in meinem Wagen, während der Parkplatz um mich herum sich allmählich leerte. Graue Wolken waren aufgezogen und schienen der endlosen Hitzewelle, unter der wir wochenlang gelitten hatten, nun endlich ein Ende zu setzen.

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