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Der Schmerz der Engel: Roman (German Edition)

Der Schmerz der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Der Schmerz der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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Posthorn trägt er in einem Fellfutteral um den Hals. Sie richten sich auf und schauen über fünfzehn Kilometer Seefläche zur Winterküste hinüber. Sie ist komplett weiß, düstere graue Wolken hängen darüber, weiter weg erkennen sie den Dumbsfjörður, der fast mit der Ferne und dem grauen Tageslicht verschmilzt.
    Der Junge räuspert sich und sagt: Jæja, denn jæja ist ein gutes Wort, bedeutungsvoll, es kann den Abstand zwischen den Individuen erheblich verringern. Jens aber tut so, als würde er es nicht hören, und dieses prächtige Wort fällt mausetot zu Boden. Jens tut überhaupt so, als würde er den Jungen gar nicht wahrnehmen. Eine tolle Fahrt steht uns da bevor, denkt der Junge sauer, und Jens schiebt den Kahn zum Wasser hinab, er segelt über den Schnee hinab zur See.
    Halt! Wartet!
    Sie blicken auf, und Marta dreht sich um. Gísli kommt in ziemlichem Tempo vom alten Ortsteil angestapft, kämpft sich dermaßen durch den Schnee, dass sein Keuchen von Weitem zu hören ist, er ruft und winkt und hält gleichzeitig ein Paket fest an sich gepresst. Jens grollt wie ein wütend aufgebrachter Hammel. Mir steht echt ein wunderbarer Tag bevor, denkt der Junge und sieht Gísli näher kommen; Dichtkunst und Gelehrsamkeit stapfen da keuchend und mit rot angelaufenem Kopf durch den Schnee heran. Dicht vor ihnen bleibt Gísli stehen.
    Ich dachte, fängt er an, kann aber vor Atemlosigkeit nicht weitersprechen und holt mit weit aufgerissenem Mund Luft, sinkt hustend auf die Knie und hebt einen Arm, als wolle er sagen: Wartet einen Moment, und das tun sie auch. Marta ist ebenfalls herangekommen und fragt: Du wirst uns doch hier nicht krepieren?
    Aber Gísli schüttelt den Kopf. Nein … ich sterbe nicht … unter freiem Himmel … Kommt nicht infrage … Hilf mir mal auf die Beine, du, meine Rettung und mein Verderben, stößt er keuchend hervor, und Marta zieht den Schulrektor hoch.
    Ich dachte, ich würde euch verpassen, sagt er, wieder zu Atem gekommen. Von dem kleinen Kiddi habe ich gehört, dass ihr die Post zustellen wollt, und da bin ich aus dem Unterricht losgestürzt, um euch noch zu erwischen. Den Kindern hat es Spaß gemacht, den alten Saufkopf wie einen Irren durch den Schnee pflügen zu sehen, ich bin zu ihrem Vergnügen sogar zwei Mal hingefallen, man hat ja schließlich eine Verantwortung den jungen Seelen gegenüber. Du kennst doch Kjartan den Franzosen in Vík?, fragt er Jens, der bloß mit den Schultern zuckt. Ja, natürlich, du erkennst schließlich einen Geistlichen, wenn du ihn siehst.
    Das hier ist für ihn bestimmt, Zeitungen, die eine Mischung aus Himmel und Hölle enthalten, ich hoffe, ihr hütet sie unter Einsatz eures Lebens. Damit hält Gísli Jens das Paket hin. Der tritt einen Schritt näher und nimmt es entgegen.
    Und hier ist das Porto, sagt Gísli und reicht dem Postboten einen schmalen, silberfarbenen Flachmann. Mein bester Freund in langen Jahren, aber irgendwann müssen sich auch Freunde trennen, das ist die Tragödie des Lebens.
    Jens erwidert nichts, nimmt aber die Flasche an und steckt sie ein.
    Als sie das Boot weiterschieben wollen, sagt Marta plötzlich: Fahrt vorsichtig! Dazu nimmt sie die Mütze ab, wie um ihre Worte noch zu unterstreichen. Schwarze Haare wehen ihr vor das scharf geschnittene Gesicht und vor die etwas schräg stehenden, dunklen Augen, und die beiden halten inne, als wollten sie diese unerwartete Wärme im Leben würdigen oder in sich aufnehmen und an die Wurzeln ihrer Herzen betten, um sie dort warm zu halten in der Kälte, in die sie jetzt aufbrechen. Gleichzeitig packen sie das Dollbord, und das Boot gleitet so leicht ins Wasser, dass sie beinahe hinfallen. Vorsichtig steigen sie ein, damit es nicht kentert, der Junge lässt sich auf der hinteren Ruderbank nieder, Jens auf der vorderen, so ergibt es sich ganz von selbst, und der Junge legt schneller die Ruder aus, seine Handgriffe sitzen, Jens tut sich schwerer, er ist Briefträger, kein Seemann, aber es geht, und alle vier Ruderblätter tauchen ins Wasser. Sie beugen sich vor, ziehen durch, das Boot setzt sich gegen den Wind in Bewegung, und sie spüren das Wasser unter ihren Füßen.
    Das Boot entfernt sich vom Ufer, Gísli und Marta stehen nebeneinander und sehen ihnen nach. Jens blickt kurz auf und sieht Ágúst in der Tür erscheinen, mager und abgerissen, dunkel vom ewigen Drinnenhocken. Der Wirt hebt die Hand, sie ist so dünn, dass sie mehr einer Klaue ähnelt, er streckt sie leicht aus, um sie zu

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