Der Schmetterlingsthron
nomadischen Shven-Horden im Norden, der gierigen Fedirunbewohner im Süden und der mulvanischen Weltmacht im Südosten. Die wenigen Pässe in diesen Gebirgen waren leicht zu verteidigen.
Da sowohl die wilden Steppenbewohner Shvens als auch die Volksmassen Mulvans das Meer entsetzlich fanden, war der Schiffsverkehr auf dem Inneren Meer weitgehend in der Hand der Novarier und der gemischten Bevölkerungen von Janareth und Istheun. So war die Gefahr einer Seeinvasion der Großmächte im Norden und Süden für Novaria gering – es sei denn, eine der Zwölf Städte suchte in ihrem Hass Hilfe bei den mächtigen Nachbarn.
Jorian ritt noch immer seinen Oser; allerdings waren ihm die Hände gefesselt. Sein Pferd wurde von einem Reiter geführt, während eine Schlinge von seinem Hals zu einem anderen Bewacher führte.
So ritten sie durch die Berge, Tag um Tag. Die Gipfel zur Rechten wurden immer höher und die Schneegrenze kam näher. Dies war die Hauptkette des Ellorna-Gebirges. Die Gruppe hielt auf die südlichen Vorberge zu und umging das Gebiet der Zwölf Städte. Jenseits der waldigen Hänge mochte bereits die tarxianische Grenze liegen, die Jorian sehr lockte.
Aber was sollte er machen? Er hatte kein Geld und keine Waffen. Das Gold, das er aus Rennum Kezymar mitgenommen hatte, seine Waffen, sogar sein kleiner grüner Gott – alles war ihm genommen worden. Außerdem kannte er niemanden in Tarxia, das von allen Zwölf Städten am weitesten von Xylar entfernt lag.
Jorian wiederholte sich den einzigen tarxianischen Namen, den er kannte – den Namen des Zauberers Valdonius, von dem Karadur gesprochen hatte. Wenn das Projekt, die Truhe des Avlen nach Metouro zu schaffen, gescheitert war, mochte Jorian von dem Fluch frei sein; aber er musste sicher gehen, und da war Valdonius wahrscheinlich ein guter Ausgangspunkt.
In den ersten Tagen nach Verlassen des Lagers war zwischen den Gendings und ihrem Gefangenen wenig gesprochen worden. Man hatte ihn nicht schlecht behandelt, doch der Ton blieb barsch und zurückhaltend. Als die Gruppe die Ebene verließ und die ersten Vorberge der Ellornas erreichte, erwärmte sich das Verhältnis etwas, als Jorians gesprächiger Zug durchkam. Die Tatsache, dass er das Shvenische ziemlich gut beherrschte und sogar Witzchen machen konnte, half ihm dabei sehr. Außerdem wandte er manchen alten Trick an, um das Interesse der Männer zu wecken. Als sie einmal lagerten, sagte er zum Beispiel:
»Diese Berge erinnern mich an die Lograms, hundert Meilen südlich von hier. Da wollte mal ein magischer Waffenschmied seine Klinge abkühlen, indem er sie mir in den … ach, das interessiert euch ja doch nicht.«
»Was soll das?« fragte Glaum, der die Eskorte anführte. »Du darfst nicht unsere Neugier wecken und dann nichts erzählen!«
»Also gut«, sagte Jorian und schilderte sein Abenteuer mit Rhithos dem Schmied.
Als sie tief in den Lograms waren, baten die Gendings schon jeden Abend um eine Geschichte. Aber Glaum sorgte nichtsdestoweniger dafür, dass der Gefangene ständig zumindest von zwei Bewaffneten bewacht wurde. Er ließ die Männer wechselseitig die ganze Nacht hindurch wachen.
»Vielleicht stoßen wir auf einen Bären, der eben aus seiner Höhle gekrochen ist«, erklärte er. »Und weiter oben in den Bergen lauern oft die Höhlenmenschen. Wir müssen vorbereitet sein.«
Eines Tages hörte Jorian ein Gespräch mit an, das ihn vermuten ließ, die Gruppe würde bald nach Süden abbiegen, um den Pass nach Boaktis zu erreichen. Wenn er also auf tarxianisches Gebiet wollte, musste er bald fliehen. An diesem Abend tat er sich als Geschichtenerzähler besonders hervor.
»Wenn ich nur die Klugheit König Fusinians von Kortoli hätte«, sagte er, »wäre ich euch vernagelten Brüdern längst entwischt; aber ich fürchte, ich bin so dumm wie ihr. Ihr wisst doch noch, wie ich euch vor einigen Tagen von Fusinian, dem Sohn Filomans des Wohlgemeinenden, erzählt habe, ja? Er war ein kleiner Mann, aber temperamentvoll und schlau, so dass er Fusinian der Fuchs genannt wurde. Und ich habe euch erzählt, wie er die Zähne von Grimnor aussäte und aus Kortoli vertrieben wurde.
Nachdem er nun sein Königreich und seine liebliche Königin Thanuda wiederhatte, lief das Leben eine Weile seinen gewohnten Gang. Doch eines Tages verschwand die Königin und hinterließ ihr Boudoir in völligem Durcheinander, als sei sie entführt worden.
Fusinian war ganz durcheinander, schickte Suchtrupps los, gab
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