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Der Schnee war schmutzig

Der Schnee war schmutzig

Titel: Der Schnee war schmutzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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mit sich selbst beschäftigt, um sich über Frank viele Gedanken zu machen. Dennoch fragt er aus Höflichkeit, sich an ihr Gespräch von gestern erinnernd: »Hast du es gebraucht?«
    Als Frank in der Nacht vorher nach seiner Tat wieder zu Timo kam, hatte er Kromer den Revolver zeigen wollen, den er eben erobert hatte. Er hat ihn Sissy gezeigt. Er wird ihn noch vielen Leuten zeigen, und dennoch, ohne eigentlich zu wissen, warum, antwortet er: »Ich habe keine Gelegenheit dazu gehabt.«
    »Vielleicht ist das besser … Sag mal, hast du eine Ahnung, wo man Uhren auftreiben kann?«
    Gleichgültig, wovon er redet, Kromer scheint immer von bedeutenden und geheimnisvollen Geschäften zu sprechen. Ebenso ist es mit seinen Beziehungen, den Leuten, mit denen er zu Abend ißt und eine Flasche Wein trinkt. Er nennt selten Namen. Er flüstert:
    »Jemand sehr Hohes … Sehr, sehr Hohes, verstehst du?«
    »Was für Uhren?« fragt Frank.
    »Möglichst alte. Man müßte eine ganze Menge auftreiben, Haufen von Uhren, verstehst du?«
    Frank trinkt auch viel. Jeder trinkt. Erstens, weil man die meiste Zeit in Lokalen wie dem Timos umhersitzt. Und zweitens, weil gute Getränke knapp, schwer zu bekommen und überaus teuer sind.
    Im Gegensatz zu den meisten Leuten bekommt Frank aber kein rotes Gesicht, spricht nicht lauter und macht keine Faxen. Er wird nur blasser, seine Züge werden schärfer, seine Lippen so schmal, daß sie wie ein Federstrich in seinem Gesicht wirken. Seine Augen werden winzig klein. Etwas Kaltes und Hartes blitzt in ihnen auf, als ob er die ganze Menschheit haßte.
    Vielleicht tut er das auch tatsächlich.
    Er mag Kromer nicht, und Kromer mag ihn auch nicht. Kromer gibt sich oft zwar jovial, aber im Grunde mag er niemanden. Er schmeichelt nur denen, die ihn bewundern. Er hat immer tausend Dinge in den Taschen, besonders gute Zigarren, Feuerzeuge, Krawatten, seidene Taschentücher, die er einem in dem Augenblick, da man es am wenigsten erwartet, lässig reicht.
    »Nimm das.«
    Frank würde Timo mehr trauen als ihm. Er hat übrigens bemerkt, daß auch Timo Kromer nicht recht traut.
    Er handelt offensichtlich. Von manchen seiner Geschäfte weiß man, weil er einem in allen Einzelheiten davon erzählt, weil er einen braucht und einem dann einen guten Anteil des Gewinns zusteckt. Er verkehrt viel mit den Offizieren der Besatzungsmacht. Das ist auch sehr einträglich.
    Wie weit geht er wirklich? Wie weit wäre er fähig zu gehen, wenn seine Interessen auf dem Spiel stehen?
    Frank hat beschlossen, ihm nichts von dem Revolver zu sagen. Er spricht lieber von den Uhren, weil das Wort in ihm Erinnerungen geweckt hat.
    »Es handelt sich um den Mann, von dem ich gerade gesprochen habe, den General. Weißt du, was er noch vor zehn Jahren war? Arbeiter in einer Lampenfabrik. Er ist erst vierzig und schon General. Wir haben zu zweit vier Flaschen Champagner getrunken. Er hat mir dabei gleich von seinen Uhren erzählt. Er sammelt sie und kann gar nicht genug davon haben. Er behauptet, er habe schon mehrere hundert.
    ›In einer Stadt wie Ihrer‹, hat er zu mir gesagt, ›in der so viele Bourgeois leben, hohe Beamte und Rentner, müssen sich doch alte Uhren in Mengen auftreiben lassen. Sie wissen, was ich meine: Uhren aus Silber oder aus Gold, mit einem oder mehreren Deckeln. Manche haben ein Läutwerk. Es gibt auch welche mit kleinen Figuren, die sich bewegen …‹«
    Während Kromer spricht, sieht Frank wieder die Uhren des alten Vilmos und ihn selber vor sich in dem immer halbdunklen Raum, in den nur durch die Jalousien das Sonnenlicht dringt. Der alte Vilmos zieht die Uhren eine nach der anderen auf, hält sie ihm ans Ohr, läßt sie läuten.
    »In seiner Stellung kann man bekommen, was man will«, seufzt Kromer. »Es ist nun einmal seine Marotte, von der er unentwegt redet. Er hat irgendwo gelesen, daß der König von Ägypten die schönste Uhrensammlung der Welt besitzt, und er würde viel darum geben, wenn sein Land Ägypten den Krieg erklärte.«
    »Halbe-Halbe?« fragt Frank kalt.
    »Weißt du, wo du Uhren auftreiben kannst?«
    »Halbe-Halbe.«
    »Habe ich je versucht, dich übers Ohr zu hauen?«
    »Nein. Aber ich brauche ein Auto.«
    »Das ist schwieriger. Ich könnte den General um eins bitten, aber ich weiß nicht, ob das klug wäre.«
    »Nein … ein Privatwagen. Nur für zwei oder drei Stunden.«
    Kromer fragt nicht nach Einzelheiten. Im Grunde ist er viel vorsichtiger, als er sich den Anschein gibt. Da Frank ihm

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