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Der Schnee war schmutzig

Der Schnee war schmutzig

Titel: Der Schnee war schmutzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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hat er in den Tagen getan, und er hat auch die Vertreterin für den Sonnabend aufgetrieben, die schon da ist und einen schlechten Charakter hat.
    Was hat sich sonst noch ereignet?
    Nichts. Er hat immer noch die Grippe in den Gliedern, die heftigen Kopfschmerzen, er fühlt sich krank, ohne daß man es eigentlich als Krankheit bezeichnen könnte. Der Himmel ist weiß wie ein Bettuch, weißer und reiner als der Schnee, und es fällt nur noch ein wenig eisiger Staub von ihm hernieder.
    Er hat am Sonntag morgen versucht zu lesen, dann hat er das Gesicht an das bereifte Fenster gepreßt und so lange stumm und bewegungslos auf die Straße gestarrt, daß Lotte, die sich immer mehr über ihn beunruhigte, schließlich gemurmelt hat: »Du solltest lieber baden, solange das Wasser noch heiß ist. Berta will auch noch baden. Wenn sie es vor dir tut, bleibt dir nur noch lauwarmes Wasser.«
    Man wollte Minna für den ganzen Tag, da die Zimmer sonntags nicht gebraucht werden, in das Bett in dem kleinen Zimmer legen, und Lotte war überrascht, als ihr Sohn bestimmte: »Nein, sie wird in dem großen Zimmer liegen.«
    Lotte ahnte etwas. Sie weiß, daß er jemanden erwartet. Sie errät gewiß, daß es Sissy ist. Und gerade darum wollte sie das große Zimmer für ihn freihalten. Aber nun versteht sie das Ganze nicht mehr.
    »Wie du willst. Wirst du zu Hause bleiben?«
    »Ich weiß es noch nicht. Jedenfalls wäre es mir lieber, wenn du nicht zu früh zurückkämst.«
    Minna ist ihm kindisch dankbar für den Morgenrock, den sie durchaus den ganzen Tag im Bett anbehalten will. Sie glaubt, das Geschenk sei eine Aufmerksamkeit seinerseits. Nur deswegen wirft er, bevor er sein Bad nimmt, Berta, die wie jeden Morgen unter ihrem Morgenrock nackt ist, auf das Bett und vergnügt sich mit ihr.
    Es dauert nur drei Minuten. Es ist, als ob er sich rächen wolle. Er berührt ihre Wange nicht mit seiner Wange, und als es vorbei ist, verschwindet er stumm.
    Während der ganzen Zeit weht ein köstlicher Küchenduft durch alle Zimmer. Alle sind jetzt gewaschen und angezogen, und man ißt. Lotte ist fast so angezogen wie damals, als sie ihn auf dem Land besuchte, und wirkt kaum älter. Er ahnt, daß sie ihren Maniküresalon nur seinetwegen aufgezogen und ebenso seinetwegen darauf verzichtet hat, sich selbst mit den Kunden einzulassen.
    Aber sie brauchte sich wirklich nicht vor ihm zu genieren.
    Berta, die zwei verschiedene Straßenbahnlinien nehmen muß, geht als erste. Dann pudert sich Lotte und betrachtet sich im Spiegel. Sie ist immer noch unruhig und kann sich ohne Grund nicht recht entschließen, zu gehen.
    »Ich glaube, ich werde in der Stadt zu Abend essen.«
    »Das wäre mir lieber.«
    Sie gibt ihm einen Kuß auf beide Wangen und noch einen auf die linke, was ihm zuwider ist, denn es erinnert ihn an seine Pflegemutter. Bei gewissen Leuten ist das eine Angewohnheit. Unwillkürlich zählt er halblaut: »… zwei … drei …«
    Nun ist auch sie fort und wartet ebenfalls an der Ecke auf die Straßenbahn. Er weiß, daß Minna nicht gern den ganzen Tag in dem Zimmer liegt, wo Lotte nachts schläft, und daß es ihr nicht gelingt, sich für den Roman von Zola zu interessieren, den er ihr geliehen hat.
    Ohne allzusehr daran zu glauben, erwartet sie, daß er zu ihr kommt und sich mit ihr unterhalten will. Auch sie hat ihn durchs Fenster mit Sissy gesehen und hat gehört, wie er an Hoists Tür klopfte.
    Sie würde es sich nicht erlauben, eifersüchtig zu sein, jedenfalls nicht, es zu zeigen. Sie weiß, daß sie nicht unberührt war, daß sie freiwillig zu Lotte gekommen ist und daß sie nichts zu erhoffen hat.
    Nach einer Stunde versucht sie es dennoch mit einer kleinen List. Sie atmet zunächst sehr stark, dann jammert sie und läßt das Buch auf den Bettvorleger fallen.
    »Was hast du?« fragt er, nachdem er an ihr Bett gekommen ist.
    »Ich habe Schmerzen.«
    Er nimmt die Wärmflasche, füllt sie in der Küche mit heißem Wasser und legt sie ihr wieder auf den Bauch. Um ihr deutlich zu zeigen, daß er nicht in der Stimmung ist, sich mit ihr zu unterhalten, legt er das Buch auf die Bettdecke zurück.
    Sie wagt nicht, ihn wieder hereinzurufen. Sie hört auch nicht, daß er sich bewegt, und überlegt, was er macht. Er liest nicht, denn alle Türen stehen offen, und so würde sie ihn die Seiten umblättern hören. Er trinkt nicht. Er schläft nicht. Er geht nur hin und wieder ans Fenster und bleibt dort eine lange Weile stehen.
    Sie hat Angst um ihn, ahnt aber

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