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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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hatte und die seit Jahren bei seiner Nichte am Bett stand. Drei kleine Kugeln als Füße, darauf ein roter Lampenschirm mit zierlichen Blüten in Gelb, Hellblau und Rosa. Einmal hatte er Nele ins Bett gebracht und sie gebeten, die Lampe auszupusten. Nele hatte gekichert und ihn angesehen, als ob er nicht ganz dicht wäre. »Versuchs«, hatte Jan gesagt. Nele pustete – und die Lampe ging aus.
    Jan war sich sicher, dass sie irgendwann durchschaut hatte, dass er dabei heimlich den Schalter am Kabel drückte. Trotzdem blieb Lampe auspusten jahrelang ihr Lieblingsritual.
    Er lächelte, vergrub die Hände in seinen Jackentaschen. In der rechten steckte noch Lauras Handy. Er zog es hervor und versuchte es noch einmal anzuschalten.
    Wider Erwarten blinkte das Display auf, und das Handy forderte die Eingabe einer PIN. Jan runzelte die Stirn. Dann gab er aufs Geratewohl 0708 ein, Lauras Geburtsdatum.
    Falsche PIN-Eingabe, noch zwei Versuche , meldete das Handy. Wäre ja auch zu einfach, dachte er enttäuscht.
    Er überlegte kurz, dann drehte er die Ziffernfolge um. 8070.
    Falsche PIN -Eingabe, noch ein Versuch.
    Jan fluchte leise.
    Wenn er jetzt danebenlag, wie sollte er Laura erklären, dass er ihr ein gesperrtes Handy zurückgab? Ich hab’s nur gut gemeint? Ich hab mir Sorgen gemacht?
    Aber genauso war es ja. Also weiter. Welche Möglichkeiten gab es noch? Eine 78 und dann das Geburtsjahr? Oder gab es noch andere Schreibweisen für Daten? Die amerikanische vielleicht. War nicht Lauras Großvater jahrelang in den USA gewesen?
    Er tauschte Tag und Monatsangaben miteinander, so wie in den Staaten üblich, und gab 0807 ein. Dann drückte er die OK-Taste.
    Treffer!
    Postwendend kehrte sein schlechtes Gewissen zurück. Dennoch überflog er die wichtigsten Dinge, die SMS, die letzten Anrufe, den Ordner mit den Fotos, in dem nicht mehr als ein halbes Dutzend belanglose Bilder waren, und dann fiel ihm ein Videoclip auf, mit dem Datum vom Vortag: 17. 10. 2011, 22 : 09 Uhr.
    Das war doch, kurz bevor Laura verschwunden war! Wie elektrisiert drückte er auf Play.
    Das Bild wackelte und rauschte. Er erkannte Greg auf dem Fahrersitz und Katy neben ihm. Laura saß offenbar hinten und filmte. Die Kamera schwenkte nach draußen. Schemenhaft konnte man einen Wagen in der Dunkelheit erkennen. Groß und schwarz. Für einen Augenblick rückte das Kennzeichen ins Bild. Jan erkannte ein B für Berlin, mehr nicht.
    Seltsamerweise schien der Wagen eine Weile parallel zu Gregs Cherokee zu fahren. Jan versuchte den Fahrer zu erkennen, aber da war nicht mehr als eine dunkle Gestalt und ein heller Fleck, vermutlich das Gesicht. Sie schien direkt in Lauras Handykamera zu sehen.
    »Greg …« Das war Katys Stimme. Unsicher. Warnend. Vielleicht wegen der Geschwindigkeit? Der Wagen schien zu rasen. Helles Rauschen drang aus dem Lautsprecher. Und dann, ganz plötzlich, Lauras Stimme: »O Gott.«
    Jan ging ein Stück in der Timeline des Films zurück. Da war es wieder. »O Gott.«
    Er ging abermals zurück, starrte aufmerksam auf das Display. Da war ein Lichtblitz, unmittelbar vor Lauras »O Gott«. Er scrollte hin und her, versuchte den Lichtblitz als Standbild zu erwischen, um den Fahrer erkennen zu können, doch die Steuerung des Videoplayers war zu grob ausgelegt. Dann wurde mit einem Mal der Bildschirm dunkel. Jan fluchte, drückte mehrmals den On / Off-Schalter, doch der Akku war offenbar vollständig entladen. Und ein Netzgerät für das Nokia hatte er nicht.
    Er stand auf. Aus dem Flur drang rötliches Licht. Die Fransen am Lampenschirm wehten im Luftzug und warfen zitternde Schatten auf die Wände. Das alles wurde immer unheimlicher. Lauras Verschwinden. Die seltsame SMS. Ein Video mit einem unbekannten schwarzen Wagen und Berliner Kennzeichen. Lauras »O Gott«. Und dann diese Fotos.
    Er nahm sein Handy, ging zurück in den Flur und begann, die Wände systematisch zu fotografieren. Vor dem Bild mit Lauras Geburtsdatum hielt er inne. Löste die Reißzwecken. Nahm das Foto von der Wand und schob es in seine Jackentasche.
    In der Wand blieb ein Loch zurück. Eine leere Stelle, wie damals, als Laura mir nichts, dir nichts von der Schule verschwunden war. Auch damals hatte er gesucht. Er konnte sich noch an das schwarze Gittertor in der Finkenstraße erinnern und wie er dort geklingelt hatte.
    Sie ist verreist, hatte es geheißen. Nicht einmal das Tor hatten sie geöffnet.
    Morgen früh würde er dort noch einmal klingeln. Diesmal würden sie ihm das

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