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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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er kurz angebunden.
    «Ich glaube, ich muß mit Ihnen sprechen, Doc.» Der junge Assistenzarzt sah verlegen drein. Die Spitzfindigkeiten im Spiel des Lebens gingen über seinen Horizont, er fühlte sich entwürdigt, mitspielen zu müssen. «Wegen Trevose.»
    Der Sarazene klopfte die Asche von seiner Zigarre. «Was ist mit ihm? Ich habe mich in Blackfriars erkundigt. Er hat einen guten Kopf, wenn man ihn dazu bringt, ihn zu verwenden. Ein bißchen schlapp und allzusehr mit Nummer eins beschäftigt, doch damit werden wir schon fertig. Er sieht recht schwach aus, aber seine Läsion ist verheilt. Wissen Sie sonst noch etwas?»
    Haileybury wurde röter. «Er ist nicht gerade aus der obersten Lade.»
    Der Sarazene grunzte. Er hatte absolut nichts übrig für die britische Vorstellung von der Gesellschaft als einer Art Schubladenschrank. «Sein Vater ist anerkannter Professor.»
    «Wissen Sie, daß er mit Miss Pollock verlobt ist?»
    Der Chirurg hob die Augenbrauen. «So, so.» Er grinste. «Hübsches Mädchen.»
    «Er hat es mit ihr auf ungeheuer geschmacklose Art getrieben», fuhr Haileybury fort. Es widerstrebte ihm, über solche Dinge zu reden, aber Graham war ihm noch mehr zuwider. Dieser Mann drang in sein Revier ein. Er wünschte inbrünstig, er hätte die Zeichnungen zerrissen. «Ja, in dem Strandhaus dort. Ich wollte wissen, wohin sie jeden Nachmittag ging. Ich machte es mir zur Pflicht, das herauszufinden.»
    Der Sarazene lachte. «So, so! Sie waren also Miss Pollocks Anstandswauwau? Oder hat er Ihnen vielleicht die Schau gestohlen?»
    «Davon war keine Rede», sagte Haileybury wütend.
    «Solange es seine Chirurgie nicht beeinträchtigt, ist es mir völlig egal, womit sich der Junge seine Freizeit vertreibt», erklärte der Sarazene freundlich. «So, und jetzt möchte ich ein bißchen Ruhe, ja, Eric?»
    Haileybury zog sich verwirrt zurück. Gegen den Sarazenen schien das Spiel des Lebens immer eine verlorene Schlacht zu sein.
    Als Graham nach Hause kam, fand er den seelischen Verfall seines Haushalts vervollständigt, als er entdeckte, daß Sally, das flachbrüstige, siebzehnjährige Dienstmädchen mit den Pickeln, schwanger war. Am Morgen beim Frühstück hatte der Professor bemerkt, daß ihre Akne verschwunden war, und das hatte seinen diagnostischen Verdacht geweckt, da ja Schwangerschaft eine unfehlbare, wenn auch drastische Kur gegen diese Hautkrankheit darstellt. Sie wurde in sein Arbeitszimmer befohlen, einen einschüchternden Raum, in dem Vorhänge aus Nottinghamer Spitze das Licht von den Fenstern abhielten und ein roter Samtvorhang über der Tür den Alltag aus den höheren anatomischen Gedankengängen ausschloß. Groß, etwas gebeugt, mit schwerem Schnurrbart, erhob sich der distinguierte Akademiker vor dem Marmorkamin als Verkörperung göttlichen Zornes über ihre elenden Schwächen. Sie brach in Tränen aus, beichtete alles und vergaß sich sogar so weit, sich in seiner Gegenwart zu setzen.
    Aber die Hand, die ihre kleine, rauhe ergriff, schien an jenem Morgen nicht Blut, sondern die Milch der frommen Denkungsart in ihren Adern zu führen. Der Mann der Wissenschaft setzte sich auf die Lehne ihres Sessels, schloß sie in seine Arme und ließ sie in seinen rauh behosten Schoß weinen. Er nahm ihre kleine, gestärkte Haube ab, um ihr dunkles Haar noch beruhigender streicheln zu können. Der Schuldige war, wie sie verriet, ein Verkäufer beim Gemüsehändler. Einen Augenblick hatte er sogar Graham mit seiner neuen Vorliebe für die unteren Klassen verdächtigt. Der Professor versprach, die schwierige diplomatische Mission zu übernehmen, nicht nur den jungen Mann zur Rede zu stellen, sondern auch für Sallys Heimkehr nach Edmonton und ihre spätere Aufnahme in der Gebärklinik von Blackfriars Sorge zu tragen. Dann trocknete er ihre Tränen mit seinem Taschentuch und küßte sie zärtlich, nicht einmal, sondern mehrere Male.
    Als Tante Doris, die für den Nachmittag aus Brixton gekommen war, die Neuigkeit herausgefunden hatte, mußte sie sich niederlegen und Tee und Schokoladekeks ans Bett bekommen. Sie warf dem Professor vor, ein so elendes Wesen überhaupt erst angestellt zu haben, so wie sie ihn beschuldigt hatte, Graham über seinen Büchern zu quälen und seine Gesundheit zu ruinieren, Robins religiöse Manie zu ermutigen und ihn aus dem Schoß der Familie über die ganze Erde zu schleudern. Sie hatte ihm sogar schon vorgeworfen, ihre arme, zarte Schwester geheiratet und sie dann durch Hausarbeit,

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