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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Schulter kam meist zu spät, um eine allgemeine Blutvergiftung zu verhindern, die die Flammen des Fiebers für immer auslöschte. Wenn wir doch nur irgendein Mittel hätten, dachte Graham bitter, etwas wie Ehrlichs Salvarsan gegen die Spirochäten der Syphilis, irgendeine «Zauberkugel» gegen die alltäglichen Bakterien, die gefährlich wie Tiger überall rund um uns marodieren. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Patientin zu. «Mein liebes Kind, Sie sind sehr krank.» Er streichelte ihre brennende Wange. «Sie haben eine Infektion in der Hand, die sich auf den ganzen Arm ausdehnen und auf das Herz übergreifen kann. Verstehen Sie? Wir werden dafür sorgen, daß es Ihnen besser geht - und schnell besser geht. Aber ich fürchte, daß Sie dabei Ihren Arm verlieren werden.»
    Das Mädchen starrte ihn an. Graham wußte, daß niemand die volle Bedeutung dieses Satzes sofort erfassen konnte. Er trat von ihrem Bett weg. «Ich schicke Ihnen die Schwester, sie wird mit Ihnen sprechen.»
    «Würden Inzision und Drainage nicht auch genügen, Sir?» fragte Tom, als sie durch den Saal gingen.
    «Entweder amputiere ich heute und habe eine Chance, ihr das Leben zu retten, oder sie wird morgen amputiert und ist am Montag tot. Sagen Sie dem OP, man soll alles für eine Armamputation vorbereiten. Wenn Sie nachher Sorgen mit ihr haben, rufen Sie am besten Cramphorn. Ich muß heute mit dem Nachmittagszug aus London wegfahren, was immer auch geschieht.»
    «Ja, Sir.»
    «Und sie muß mir isoliert werden, sonst wird uns der ganze Saal infiziert. Wie bekam sie das überhaupt?» fragte er brüsk. «Ich bin wirklich heikel genug auf Asepsis im Operationssaal. Sind Sie es auch?»
    Tom sagte nichts. Die Laune seines Chefs schien sich in letzter Zeit stetig zu verschlechtern. Er warf manchmal im Operationssaal Instrumente herum, gab den Schwestern die Schuld an stumpfen Messern und geborstenen Nähten und ihm, Tom, an allem anderen, von der Sterblichkeitsquote der Station bis zum kalten Essen der Patienten. Er wurde dessen langsam etwas überdrüssig. «Wir müssen die Erlaubnis der Eltern einholen, Sir», erinnerte er ihn, «sie ist unter einundzwanzig.»
    «Zum Teufel mit den Eltern», sagte Graham.
    Er wünschte, Tom würde nicht immer so verdammt demütig daherreden. Er erinnerte ihn an Kitty. Vielleicht hatte er beide gerade deshalb gewählt.

25

    Die Operation war kaum beendet, als das Telefon in dem winzigen Chirurgenzimmer hinter dem Operationssaal läutete. Graham legte ungeduldig das Brett zur Seite, auf dem er seine Notizen fertig schrieb. Es war Robin.
    «Graham? Du mußt nach Hause kommen. Sofort.»
    «Völlig unmöglich. Ich habe eben eine dringend notwendige Amputation gemacht, die Patientin ist noch nicht einmal im Saal.»
    «Es ist wegen Maria.»
    Sein Ton genügte. Eine Idee, die sich seit Jahren fast unmerklich in Grahams Gehirnflüssigkeit gelöst hatte, schlug sich plötzlich in stacheligen Kristallen nieder.
    «Was ist mit ihr?» fragte er nervös.
    «Kann ich dir nicht am Telefon sagen. Es geht um Leben und Tod.»
    «Tu, was du kannst. Hol niemand anderen», befahl Graham hastig. «Ich bin gleich da.»
    Er ließ die Patientin in Tom Raleighs Obhut, packte seine Tasche mit dem Tropenhelm und nahm ein Taxi zurück nach Primrose Hill. Im Haus ging es drunter und drüber. Edith versuchte, Desmond zu beruhigen, der lautstark darauf bestand, seine Mami zu sehen. Das Dienstmädchen im braunen Kleid weinte hysterisch. Der Hund bellte. Die Köchin saß in der Halle und starrte geradeaus vor sich hin, und aus der Küche kam beunruhigend starker Brandgeruch. Nur Robin schien unbewegt wie immer.
    «Ist sie tot?» fragte Graham sofort.
    «Nein. Der Puls ist noch recht gut.» Beide Brüder gingen hinauf. «Ihr Atem ist flach, aber es besteht keine Zyanose.»
    Maria lag laut schnarchend auf dem Rücken. Graham sah, daß Robin unrecht hatte, sie war blau verfärbt. Auf dem Nachttisch, neben dem Glas, in dem sie mit routinemäßiger Sorgfalt ihre Zähne gelassen hatte, standen zwei leere Medizinflaschen. Graham hatte einen doppelten Vorrat für die Zeit seiner Abwesenheit bestellt, und da er ihr kleine abendliche Dosen von 15 Gran Chloralhydrat in Lösung verabreichte, rechnete er aus, daß sie nun etwa 15 Dosen in sich haben müsse - zweihundertundfünfundzwanzig Gran, genug, um tödlich zu sein.
    «Wie konnte sie das nur schlucken?» fragte er verzweifelt. «Meist brechen sie nach der Hälfte.»
    Er zog ihr Kinn hoch und

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