Der schottische Seelengefährte (German Edition)
Elend auf dem Boden vor dem Fenster kauerte. Doch er wusste, dass sie Zeit brauchte, um das Unglaubliche zu akzeptieren. Er selbst hatte schon mit sich kämpfen müssen, eine Zeitreise überhaupt in Erwägung zu ziehen. Er wollte sich auch gar nicht vorstellen, wie er in ihrer Situation reagieren würde, so grausam käme es ihm vor, von seinem Clan plötzlich getrennt und in einer völlig unglaubwürdigen Situation zu landen. Er musste sehr geduldig sein und würde versuchen, ihre Wunden zu heilen, allein über diese Gedanken wunderte er sich selber, schob seine Beweggründe aber resolut beiseite. Jetzt nicht! Er schaute zu Mairi, die unruhig mit den Händen rang und betroffen Mary nicht aus den Augen ließ.
„Hole ein paar Decken und warme Steine, wir müssen die Kälte des Schocks aus ihr vertreiben.“
Während Mairi das Gewünschte holen ging, trat Iain langsam zu Mary und hob sie wieder in seine Arme. Mary wehrte sich nicht, sie spürte gar nichts mehr. Sie fühlte sich innerlich so leer und war emotional und körperlich total erschöpft. Iain überlegt kurz, dann ließ er sich wieder mit ihr auf dem Bett nieder, setzte sich an das Kopfende und Mary rollte sich wie eine Katze auf seinem Schoß zusammen. Mairi kam mit den Decken und heißen Steinen und beide packten Mary warm ein. Mary ließ alles wortlos mit sich geschehen und starrte mit leerem Blick vor sich hin. Iain zwang sie, noch ein paar Schlucke Whisky zu trinken, wobei sie das Brennen in ihrem Hals gar nicht wirklich spürte. Doch als Iain nach einiger Zeit Anstalten machte, sie auf das Bett umzubetten und aufzustehen, krallte sie sich in seinen Armen fest.
Iain stockte in der Bewegung. Sein Herz wollte ihm schier zerbersten, als er das verzweifelte Knäuel auf ihm betrachtete und es erschien ihm unmenschlich, ihrer wortlosen Bitte zu bleiben, nicht nach zukommen. Sanft strich Iain immer wieder über die widerspenstigen Locken, was eine sehr beruhigende und einschläfernde Wirkung hatte, die sie endlich in den erlösenden Schlaf sinken ließ.
Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, als sie steif und nach wie vor völlig ermattet aufwachte. Mit geschlossenen Augen blieb sie weiterhin ruhig liegen und versuchte ihre Umgebung wahrzunehmen. Allein der fremde Geruch von Wolle und der Hand, die schwer auf ihrem Rücken ruhte, machten ihr schnell klar, dass sie leider nicht nur einen bösen Traum gehabt hatte. Körperliches und seelisches Wrack beschrieb ihre Stimmungslage knapp aber präzise. Und was jetzt? Denk nach, es gibt immer eine Lösung hatte ihr Vater ihr immer eingetrichtert, wenn sie mal nicht weitergewusst hatte. Manchmal muss man eben um acht Ecken denken, um an die Lösung zu gelangen. Ha, wohl eher um ein paar Jahrhunderte!
Seltsamerweise fühlte sie sich gerade jetzt wunderbar warm und geborgen und spürte nicht den geringsten Drang, auch nur den kleinsten Muskel zu bewegen. Der kräftige und gleichmäßige Herzschlag an ihrem Ohr beruhigte sie mehr, als sie zugeben wollte. Über die genauen Umstände wollte sie sich jetzt aber keine Sorgen machen, dazu fehlte ihr einfach die Kraft.
Leider wurde sie aus ihren Gedankengängen gerissen, als sich ein ganz menschliches Bedürfnis ziemlich dringend in den Vordergrund schob. Langsam entrollte sie sich wie eine aufgewickelte Schlange und registrierte da erst bewusst, dass sie sich komplett auf Iain verteilt hatte. Verschämt und unsicher blinzelte sie zu ihm auf, traf aber nur seinen intensiven Blick, mit dem er sie unverwandt musterte.
„Ich brauche eine Toilette. Einen Abort“ fügte sie nach einem unsicheren Blick von Iain hinzu. Ihre Stimme krächzte wie ein heiserer Rabe und sie schluckte schwer.
Wortlos nickte Iain und stand auf. Er führte sie auf den Gang, jederzeit bereit sie zu stützen. Auf wackeligen Beinen folgte sie Iain nach rechts und blieb kurze Zeit später an einer Holztür stehen.
Mary graute sich vor dem, was sie hinter dieser Tür vorfinden würde, hatte sie doch schon genug über Aborte in ihrem Studium und während ihrer Arbeit erfahren. Doch der innere Druck ließ ihr keine andere Wahl und so holte sie tief Luft, hielt den Atem an und öffnete die Tür, damit sie es so schnell wie möglich hinter sich bringe konnte. Sie betrat einen kleinen Raum, der im Prinzip einem alten Plumpsklo ähnelte. Vorsichtig beäugte sie die Sitzgelegenheit und musste erstaunt feststellen, dass es gar nicht so schlimm aussah. Schnell hockte sie sich hin und gab erleichtert dem Druck
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