Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
den ganzen Tag außer Haus. Wenn Sie Leute für eine Durchsuchung haben, können wir es gern hinter uns bringen.«
»Danke, Carole. Das weiß ich sehr zu schätzen«, erwiderte Parrish.
Sie antwortete nicht. Stattdessen zögerte sie einen Moment, so als wolle sie noch einmal durch das dunkle und enge Fenster schauen, hinter dem die Seele ihres Mannes verborgen lag. Dann drehte sie sich um und schloss die Tür zur Garage hinter sich.
Parrish und Radick nahmen sich die Zeitschriften und DVDs vor. Barely Legal. Just Eighteen. Teen Dreams. Durch das gesamte Material zog sich ein roter Faden, und doch war nichts von alledem schlimmer als das gewöhnliche Angebot in den Regalen von Drogerien und Supermärkten überall im Land. Vielleicht war das der traurigste Aspekt daran – die Tatsache, dass solche Erzeugnisse inzwischen nichts weiter als Routine darstellten. Mädchen, die für die herabwürdigenden Parodien von Sexualität ausgenutzt wurden, mit denen sich solche Publikationen üblicherweise schmückten. Anal, oral, Sandwich, mit Untertönen von Bondage und S&M; manche waren als Schulmädchen zurechtgemacht, als Cheerleader, manche schienen Anzeichen von Angst und Beklemmung zu verraten, auch wenn man sie gezwungen hatte, diese mit weit aufgerissenen Augen und falschem Lächeln zu überspielen. Nein, nein, nein … du musst aussehen, als ob du Spaß hast!
»Das ist nicht das, worauf ich gehofft habe«, stellte Radick fest.
»Ganz meine Meinung«, erwiderte Parrish. »Je mehr ich sehe, desto eher komme ich auf den Gedanken, dass wir es mit einer externen Verbindung zu tun haben, mit jemandem außerhalb des Jugendamts. Rebeccas Mörder hat auch Danny auf dem Gewissen, nicht wahr? Ich kann mir nicht vorstellen, dass McKee in der Lage wäre, jemandem mit einer Zweiundzwanziger in den Hinterkopf zu schießen; aber wenn er mit Leuten aus dem Pornogeschäft zusammenarbeitet, dürfte es keinen Mangel an Kandidaten geben, die so etwas im Programm haben.«
»Glauben Sie, dass viele von diesen Mädchen zu Tode kommen?«
»Sie sterben, werden süchtig oder landen ein für alle Mal im Pornobusiness. Oder sie arbeiten als Nutten. Irgendwann geht’s für sie alle in die gleiche Richtung. Man findet kaum Mädchen, die den Ausstieg schaffen; und wenn, dann sind sie meistens total kaputt.«
»Morgen durchsuchen wir also das restliche Haus. Und dann?«
»Wir sollten morgen etwas Belastenderes als dieses Zeug hier finden, denn sonst müssen wir ihn als Verdächtigen streichen.« Parrish hielt eine Zeitschrift hoch. »Diesen Dreck kann ich im Drogeriemarkt kaufen.«
Er warf das Magazin zurück in den Karton. »Das hier beweist uns lediglich, dass er auf Pornografie steht. Wir könnten niemals beweisen, dass er wissentlich Zeitschriften mit Fotos von Minderjährigen gekauft hat. Und dass er beim Jugendamt arbeitet, ist letztlich nebensächlich; genau wie der Umstand, dass er einen SUV fährt. Um ganz ehrlich zu sein: Bisher haben wir nichts in der Hand.«
»Aber glauben Sie, dass er unser Mann ist? Glauben Sie, es besteht auch nur die geringste Chance, dass er unser Mann sein könnte?«
Parrish schloss kurz die Augen. Dann drehte er sich um und warf einen Blick nach oben zu der Klappe und dem Stauraum, in dem Richard McKee seine Kisten mit Pornos versteckt hatte. Schließlich sagte er: »Ich kann mich einfach nicht von der Vorstellung lösen, dass jemand bei South Two dahintersteckt, und im Moment wüsste ich keinen, der auch nur halb so gut ins Raster passen würde. Lester Young haben wir als Verdächtigen verloren. Jetzt will ich, dass McKee der Täter ist. Mehr kann ich nicht sagen. Ich will tatsächlich, dass er der verdammte Täter ist.«
»Können wir heute Abend noch etwas Sinnvolles tun?«
»Ich lasse Ms Paretski etwas unterschreiben, damit sie uns diese Kartons überlässt. Ich werde sie als Beweismittel registrieren lassen. Sie fahren nach Hause, ich bringe hier alles unter Dach und Fach. Ich rede mit Valderas, damit er uns für morgen früh drei oder vier Uniformierte schickt und wir dieses Haus gründlich auf den Kopf stellen können. Ich muss wissen, ob es mehr gibt als Indizien, um ihn mit den Morden in Verbindung zu bringen.«
»Ich fahre mit Ihnen zurück zum Revier«, erklärte Radick. »Ich habe heute Abend nichts Wichtiges vor.«
Carole Paretski schien erleichtert zu sein, dass die Kartons aus der Garage verschwanden.
»Wann brechen Ihre Kinder zur Schule auf?«, fragte Parrish sie.
»Um halb neun.
Weitere Kostenlose Bücher