Der schwarze Engel: Horror-Thriller
öfter geben, daß Männer sich um ein hübsches Mädchen prügeln. Deshalb braucht Vanessa noch lange keine Hexe zu sein.«
»Bei ihr ist es anders.«
Ich schob den Wirt zur Seite und ging zum Fenster. Ich wollte mir Gewißheit verschaffen, ob Brodkin abfuhr.
»Jetzt hat sie ihn auch verhext«, hörte ich den Wirt hinter mir sagen.
Ich lachte. »Ja, sie hat mich verhext, aber nicht so, wie Sie denken, mein Lieber.« Durch das Fenster sah ich wirklich nicht viel. Ich öffnete die Tür und schaute nach draußen.
Brodkin fuhr ab!
Der Rothaarige saß bereits auf dem Bock und knallte mit der Peitsche. Die Pferde schüttelten die Köpfe und trotteten los. Die Radlager quietschten, und die Räder rumpelten über den harten Boden. Fest war die Plane des Wagens zugezogen. Ich konnte keinen Blick in das Innere erhaschen.
Und ausgerechnet jetzt war Dennis mit dem Ford nicht greifbar. Verdammt. Ich lief zurück in den Gastraum.
»Wo fahren sie hin?« fuhr ich den Wirt an.
»Nach Kölöczy.«
»Was ist das?«
»Ein Dorf in den Karpaten. Vanessa stammt von dort. Und dort soll sie auch sterben.«
Mich trafen die Worte wie eine Eisdusche. »Was soll sie dort? Sterben?«
Meine Hand schnellte vor, bekam das Hemd des Wirtes zu packen und drehte es herum. Ich zog den Mann zu mir heran. »Und das sagst du so einfach?« zischte ich. »Sterben soll sie? Warum, zum Teufel? Warum will man dieses junge Leben auslöschen?« Ich stieß ihn von mir, daß er gegen die Wand krachte.
Der Wirt holte ein paarmal tief Luft. »Weil sie eine verdammte Hexe ist!« schrie er. »Deshalb soll sie sterben. Brodkin ist ein Hexenjäger. Er wird sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Er wird ...«
»Hör auf!« schrie ich und preßte meine Hände gegen die Ohren. »Hör auf, verdammt.«
Die Tür flog auf. »Was ist denn hier los?« ertönte Dennis Drakers Stimme.
Ich wirbelte herum. »Verbrennen!« brüllte ich außer mir vor Zorn. »Man will sie verbrennen!«
»Ich verstehe kein Wort!« Dennis hob die Schultern und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
Ich umfaßte seine Schultern. »Wir müssen sie retten. Rasch!«
»Wen denn?« Dennis schaute an mir vorbei und sah den Wirt an.
»Er meint Vanessa«, klärte der Wirt meinen Freund auf. Dennis senkte den Kopf. »Jetzt verstehe ich alles. Au verdammt. Stimmt das auch?«
»Und ob das stimmt«, rief ich. »In diesem verdammten Land ist alles möglich. Auf den Scheiterhaufen soll sie. Sind wir denn im Mittelalter?«
»Und wo soll das geschehen?« fragte Dennis.
»In einem Nachbardorf, soviel ich weiß. Den Namen habe ich vergessen. Er ist kaum auszusprechen.«
Der Wirt kam mir zu Hilfe. »In Kölöczy.«
»Richtig«, sagte ich.
Dennis trank mein Glas leer. »Ich kann es einfach nicht glauben«, murmelte er. »Man verbrennt doch keine Menschen mehr. Nicht in der heutigen Zeit.«
»Aber sie ist eine Hexe«, warf der Wirt ein.
»Nein!« schrie ich. »Sie ist keine.«
Der Wirt zuckte zusammen und sagte nichts mehr.
Ich war ziemlich durcheinander. Unsterblich hatte ich mich in das Mädchen Vanessa verliebt. Und jetzt sollte es auf dem Scheiterhaufen enden, weil es angeblich eine Hexe war? Nie und nimmer würde ich das zulassen, und wenn ich dabei selbst mein Leben verlor.
Dennis Draker dachte praktischer. Mit allen fünf Fingern fuhr er sich über seine Haarbürste. Dennis war zwar ein Abenteurer wie ich, aber kein Träumer. Er dachte durchaus praktisch. Seine nächste Frage bewies dies. »Wann soll die Hinrichtung stattfinden?«
»Am heutigen Abend«, erwiderte der Wirt.
»Und wie weit ist das Dorf entfernt?« setzte Dennis nach.
»Zwei Stunden mit dem Planwagen.«
Ich schlug auf den Tisch. »Dann holen wir sie noch ein«, rief ich. »Dennis, hast du Benzin bekommen?«
»Aber klar. Die sind alle scharf auf westliche Währung. Ich habe sogar noch die Reservekanister gefüllt.«
»Komm, dann laß uns fahren.«
Der Wirt rang die Hände. »Sie machen sich unglücklich«, jammerte er. »Glauben Sie mir. Dieses Mädchen ist durch und durch böse. Ich weiß es. Man hat Brodkin nicht umsonst geholt. Nur er kann uns noch retten. Meine Frau hat selbst gesehen, wie sie nachts auf dem Besen durch die Lüfte ritt, begleitet von einem Rabenschwarm. Sie war nackt. Ihr sündhaft schöner Körper leuchtete im Mondlicht. Sie hat den Teufel angebetet und den Herrgott verflucht. Laßt sie brennen!«
Der letzte Satz gellte mir noch in den Ohren, als ich bereits im Wagen war.
»Wer fährt?« fragte
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