Der schwarze Fürst der Liebe
das hatte durchgeweichte Blutflecken. Er führte sie zur Waschschüssel und rieb ihr mit dem feuchten Lappen über Gesicht und Hände – wusch das Tuch immer wieder aus. Das Wasser in der Schüssel durchzog sich augenblicklich mit blutroten Schlieren. Wo war nur ihr Hauskleid? Es hing am Haken an der Wand. Engellin zitterte. Er kannte das – es war die Nachwirkung der Anstrengung und die seelische Anspannung. Rasch streifte er ihr das Unterkleid ab und ersetzte es durch das saubere, weiße Kleid. Er wusste genau, was zu tun war. Ohne Mühe trug er sie zu ihrem duftenden Bett, ließ sie darauf gleiten. Engellin brauchte nun die Berührung seines Körpers, benötigte seine Stärke. Eilig entledigte er sich seiner Kleider, schlüpfte neben sie, nahm sie in die Arme, legte ihren Kopf auf seine Brust. Zuletzt zog er so viele Pelzdecken über sie, wie er greifen konnte, und wiegte seinen Schatz sanft in den Schlaf.
Kapitel 24 – Der Dieb
Volmars Auftrag von Bartel war klar. Er hatte zugesagt, also musste er der Sache mit dem Diadem nachgehen. Zugegeben, er hatte ein ungutes Gefühl dabei, zumal niemand genaue Kenntnis hatte, ob sich das wertvolle Schmuckstück überhaupt noch in Münzbachs Hand befand. Er würde es suchen und, sollte es im Besitz des Adligen sein, natürlich stehlen.
Volmar lag ausgestreckt auf dem Lager in seinem winzigen Haus. Seine langen Beine ragten über den Rand der Bettstatt. Was wusste er von Münzbach? So gut wie nichts. Er hatte lediglich dessen Küche gesehen und die freundliche Magd getroffen. Bei dem Gedanken an deren Grütze drehte sich ihm jetzt noch der Magen um. Münzbach hieß Erich mit Vornamen und war einer der zahlreichen Gutsherren im Land. Das war nicht gerade viel. Er fluchte wegen seiner Nachlässigkeit, das alte Dienstmädchen nicht umfassender ausgefragt zu haben. Vielleicht sollte er das einfach nachholen. Sie würde ihn ja wiedererkennen und bestimmt nochmals so zuvorkommend sein. Schließlich hatte er ja zwei hungrige Töchter. Er grinste grimmig, als er an die jammervolle Geschichte dachte, die er der Alten aufgetischt hatte.
Langsam erhob er sich und öffnete die knarrende Haustür. Der undurchdringliche Nebel hatte sich verzogen. Das war gut. Nun konnte er seinen Plan in Angriff nehmen. Er würde sich verkleidet und mit Asche beschmiertem Gesicht zum Gut zu begeben. Dieses Mal wollte er jedoch Waffen mitnehmen. Man wusste ja nie.
Er nahm das Brusthalfter mit den beiden gekreuzten Dolchen aus einem Versteck im Holzfußboden und schnallte es um. So gerüstet und unauffällig gekleidet machte er sich auf den Weg.
Mit gebeugtem Rücken lief Volmar erneut den gepflasterten Pfad zum Dienstboteneingang des Gutshauses und klopfte. Keine Antwort. Nur die Pferde im Stall nebenan stampften. Er versuchte es an der Stalltür. Siehe da – sie war nicht verschlossen. »Ist da jemand?«, rief er in den dämmerigen Raum hinein. Niemand antwortete. Volmar ging langsam vorwärts und fand eine Tür, die augenscheinlich zum Haupthaus führte. Er drückte vorsichtig die Klinke herunter und die Tür gab nach. Na, das war aber einfach! Die Bewohner des Guts schienen vertrauensselig oder waren nicht lange fort. Er musste sich beeilen. Das Haus in so kurzer Zeit zu durchsuchen würde nicht leicht werden.
Inzwischen hatte er es aufgegeben gebeugt zu gehen. Wenn ihn jetzt jemand entdeckte, war es gleichgültig, wie er wirkte. Der weißgekalkte Gang, der sich vor ihm erstreckte, gabelte sich, führte zur rechten Seite – offensichtlich der Weg zum Küchentrakt – also nahm Volmar den linken Flur. Gut geraten, dachte er, als er die Tür zur ersten Kammer öffnete. Ein Bett, ein Schrank, ein Schemel. Keinerlei Wandschmuck. Hier schlief sicher das Gesinde oder es war ein Gästezimmer. Volmar schlich weiter bis zu einer hölzernen, breiten Wendeltreppe, die in das nächste Stockwerk führte. Am Ende der Treppe war der Boden mit kostbaren, bunten Teppichen ausgelegt. Volltreffer! In diesem Trakt war er richtig. Er hielt inne und lauschte. Alles blieb ruhig.
Die am nächsten gelegene Tür war weiß gestrichen und hatte eine Menge vergoldeter Schnörkel. Das Zimmer einer Frau? Behutsam öffnete er die wertvolle Tür. Ja, dort wohnte eindeutig ein weibliches Wesen. Die Wände waren mit geschmackvollen, pfirsichfarbenen Stoffen bezogen. Das gleiche Material wiederholte sich im Betthimmel des ausladenden Bettes, das mit einer geklöppelten Spitzendecke belegt war. Zierliche helle Möbel mit
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