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Der schwarze Korridor

Der schwarze Korridor

Titel: Der schwarze Korridor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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machen.
    Jetzt, wo alle wach sind, werden die Tage im Fluge vergehen, und wir werden auf unserem Planeten früher als erwartet landen.
    Er unterschreibt die Seite, schließt das Buch und schiebt es unter sein Kopfkissen. Er fühlt sich schwach. Zweifelsohne die Nebenwirkungen der Droge. Er schläft und träumt, das Schiff sei auf der Isle of Skye gelandet und alle schwämmen im Meer. Er sieht ihnen zu, wie sie hinausschwimmen. James Henry, Janet Ryan, Josephine Ryan, Rupert Ryan, Sidney Ryan, Fred Masterson, Alexander Ryan, Ida und Felicity Henry, Tracy Masterson, Isabel Ryan. Sie lachen und rufen und schwimmen hinaus ins Meer.
     
    *
     
    Eine Woche vergeht.
    Ryan verbringt jetzt weniger Zeit mit seinem Logbuch, die meiste Zeit schläft er. Er ist beruhigt, da er weiß, daß John und die anderen das Schiff sicher führen.
    Eines Nachts wacht er von Hunger gepeinigt auf und merkt, daß niemand daran gedacht hat, ihm Essen zu bringen. Ihn schaudert. Einen Augenblick muß er unwillkürlich an die Konzentrationslager der Fremden denken. Er hat nur einmal eines gesehen, aber das hat ihm gereicht. Sie wurden weder vergast, noch verbrannt, noch erschossen – man ließ sie systematisch verhungern. Der billigste Weg.
    Sein Magen knurrt.
    Er steht auf und verläßt die Kabine. Er betritt den Lagerraum und holt sich eine Essensration. Kauend schlurft er zu seiner Kabine zurück.
    Er hat Kopfschmerzen – wahrscheinlich vom Proditol. Seit zehn Tagen oder so haben sie ihm täglich eine Spritze gegeben. Es wird Zeit, damit Schluß zu machen. Er schläft.
     
     
     
Kapitel 19
     
    Ryan macht eine Eintragung in sein Logbuch:
    Seit zwei Wochen liege ich nun im Bett, und meine Fortschritte sind vielversprechend. Ich habe abgenommen – ich war sowieso zu dick – und mein Verstand ist wieder klar. Mein Körper ist ausgeruht, und bald werde ich wieder die Kontrolle über das Schiff übernehmen können.
    Josephine tritt ein. In ihrer Hand hält sie eine Ampulle Proditol.
    »Es ist Zeit für deine Spritze, Liebling«, sie lächelt.
    »He, was willst du mir antun?« Er lächelt sie an. »Vierzehn Tage ist das Maximum für das Zeug. Ich brauche es nicht mehr.«
    Ihr Lächeln erlischt. »Eine mehr oder weniger kann doch keinen Schaden anrichten, oder?«
    Er springt aus dem Bett. »Was ist los?« fragt er. »Gibt es irgend etwas, was du mir verheimlichen willst?«
    »Natürlich nicht!«
    Ryan holt sich ein frisches Hemd, breitet es auf dem Bett aus und sagt:
    »Ich nehme erst mal eine Dusche und gehe dann in den Kontrollraum und schau mal nach, wie ihr ohne mich so zurechtkommt.«
    »Du bist noch nicht gesund«, sagt Josephine mit ängstlichem Gesicht. »Bleib doch noch im Bett, auch ohne das Proditol.«
    »Mir geht es gut.« Ryan schaudert. Sein altes Mißtrauen ist wieder da. Vielleicht brauchte er weiterhin Beruhigungsmittel – aber jede weitere Dosis Proditol konnte sein Leben kosten. »Ich könn te die ganze Zeit im Bett bleiben.« Er lächelt. »Aber die Kur ist vorbei, Jo. Irgendwann muß ich ja mal aufstehen.«
    Er verläßt die Kabine und nimmt eine Dusche. Dann kehrt er zurück.
    Josephine ist gegangen. Sie hat ihm noch seine Sachen zurechtgelegt. Er zieht sich an.
    Er geht den Hauptgang in Richtung Kontrollraum hinunter, und ihm fällt ein, daß er sein Tagebuch unter dem Kopfkissen liegengelassen hat. Es wäre möglich, daß jemand der Versuchung, es zu lesen, nicht wiederstehen könnte. Es wäre besser, niemand sähe seine Kommentare. Einige waren ja wohl auch reichlich verrückt. Einige erinnerten an die Gefangenen der Inquisition, die alles gestanden, was man ihnen vorsagte.
    Lächelnd kehrt er in seine Kabine zurück. Er nimmt das Logbuch und schließt es weg.
    Er fühlt sich noch ziemlich schwach. Einen Moment setzt er sich auf den Rand des Bettes.
    Seit einiger Zeit hört er einen bestimmten Ton. Er erschrickt, als er sich erinnert. Ein langanhaltendes Heulen – der Notruf aus dem Kontrollraum. Er steht auf und rennt aus der Kabine und über den Gang in den Kontrollraum. Eine Signallampe am Computer flackert:
    BEDIENUNGSKRAFT RUFEN
    BEDIENUNGSKRAFT RUFEN
    James Henry ist am Pult. Er dreht sich um, als Ryan den Raum betritt. »Hallo, Ryan. Wie geht es dir?«
    »Prima. Was bedeutet das Notsignal?«
    »Nichts Schlimmes. Ich komme schon damit klar.«
    »Um was handelt es sich?«
    »Ein Schaltkreis im Temperaturregler der Sektion der Pflanzenkulturen muß ausgewechselt werden. Würdest du bitte das Notsignal

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