Der schwarze Magier
gedünstetes Gemüse mit viel Kräutern, Pilze, Fisch und Käse. »Das kann doch auf die Dauer nicht gesund sein!«, tadelte Lisette und hoffte, dass sich ihre Herrin nicht von solchen Torheiten anstecken ließ.
Als es regnete, brachte Rupert ein seltsames Brett herbei, das in helle und dunkle Quadrate aufgeteilt war. Er stellte kleine, aus Elfenbein geschnitzte Figuren darauf. »Das ist ein Schachspiel«, erklärte er. »Es macht Spaß und schult den Geist.« Er erklärte Gwendolyn die Regeln.
»Puh, ist das kompliziert«, stöhnte sie.
Er lachte. »Strengt Euer hübsches Köpfchen an, Mylady!«
Und Gwendolyn strengte sich an. Bereits nach einer Woche beherrschte sie das Spiel, gegen Rupert konnte sie jedoch nicht gewinnen. Er lobte sie, wenn sie besonders fintenreiche Züge nutzte, lachte, wenn sie sich über eine Niederlage ärgerte, und zeigte ihr immer neue Kniffe. Und eines Tages legte sie ihm einen großen Bogen gelben Pergaments vor. »Zeichnet mir so ein Gerät, das Wasser hebt«, bat sie. Voller Erstaunen schaute sie zu, wie mit einem Kohlestift unter seinen geschickten Händen ein seltsames Gebilde entstand aus Zahnrädern, Stangen, Hebeln und Schaufeln.
»Wir werden es bauen«, beschloss sie.
Unter Ruperts Anleitung bauten die Burgmannen dieses Ungetüm, das mit der Wasserkraft aus dem Bach angetrieben wurde. Über ein Mühlrad und zwei Zahnräder erfolgte die Übertragung auf zwei Stangen. Seile liefen über zwei Rollen und verbanden so die Stangen beweglich mit dem Hebemechanismus des Burgtores. Die Verbindung zum Wasserrad konnte problemlos gelöst werden, sodass man das Tor öffnen und schließen konnte, nur mit einer Hebelbewegung am Wasserrad.
»Das ist ein Wunderwerk!«, staunte Gwendolyn und hüpfte begeistert von einem Bein auf das andere. Die Leute aus der Burg und den umliegenden Dörfern waren zusammengelaufen, um das Monstrum zu bestaunen.
»Zauberei«, murmelten sie.
»Nichts weiter als Mechanik«, erwiderte Rupert. »Sie könnten auf diese Weise ihre Felder bewässern. Ihr solltet es Euren Bauern gönnen.«
»Wieso sollte ich das?«, fragte Gwendolyn.
»Es käme Euch zugute, wenn die Ernten sich verbessern. Außerdem könntet Ihr Pflanzen anbauen, die viel Wasser benötigen.«
»Ihr führt fürwahr seltsame Gedanken im Kopf, de Cazeville. Ich habe gelobt, mein Land zu verteidigen, bis es wieder einen Herrn auf dieser Burg gibt. Jetzt lasse ich Zaubermaschinen bauen, die mein Tor wie von Geisterhand öffnen und die Felder der Bauern bewässern.«
Rupert neigte den Kopf. »Ich kenne auch Maschinen, die man für den Krieg benutzen kann. Zum Beispiel ein Gerät, dass ein Podest mit zwanzig Soldaten mühelos in die Höhe heben kann.«
»Das gibt es nun wirklich nicht!«, widersprach Gwendolyn.
»Ich werde es Euch bauen lassen«, sagte er nur.
»Gut, und ich werde mich wieder an den Waffen üben. Ich bin schon ganz steif von der vielen Ruhe.«
»Ihr wollt wieder kämpfen?«
Sie bemerkte die Missbilligung in seinem Blick. Gwendolyn nickte. »Wenn es notwendig ist, verlasse ich mich lieber auf mein Schwert.«
»Das solltet Ihr nicht tun. Ihr seid eine Frau.«
»Das scheint Ihr im Allgemeinen zu übersehen«, spottete sie. »Lassen wir es auf einen Versuch ankommen.« Sie winkte einem der Burgmannen zu und ließ sich Pfeil und Bogen geben. »Stellt die Scheibe auf. Dreißig Schritt.« Sie zielte auf die geflochtene Strohscheibe. Der Pfeil sirrte von der Sehne und bohrte sich in das rot markierte Zentrum der Scheibe. Die Umstehenden klatschten Beifall. »Vierzig Schritt!«, forderte Gwendolyn. Auch dieser Pfeil fand sein Ziel. »Fünfzig Schritt!«
Die Männer murmelten erregt. »Das ist unmöglich!«
Gwendolyn zielte genau, dann sirrte der Pfeil davon und blieb knapp neben dem roten Punkt stecken. Lachend wandte sie sich um und genoss den Beifall. Plötzlich zog sie ihr Schwert und griff Rupert an. »Wehrt Euch!«, schrie sie. Rupert wirbelte herum, zog seine Damaszener Klinge und wehrte ihren Angriff ab. Sie staunte, wie geschmeidig und blitzschnell er reagierte. Er ließ sie angreifen, forderte sie, ließ sie tanzen wie ein ungebärdiges Fohlen. Und völlig übergangslos griff er an, setzte zwei kräftige Hiebe auf ihr Schwert, dass es kurz über dem Heft brach. Erschrocken und sprachlos starrte sie auf den Stummel in ihrer Hand. »Was war das?«, fragte sie entsetzt.
»Besserer Stahl«, antwortete er.
Resigniert warf sie das zerbrochene Schwert zu Boden. »Gibt es
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