Der schwarze Magier
brennende Pfeile ein. Wie ein Kometenregen fielen sie auf die Barke und setzten sie in Brand. Hell leuchtend ging sie auf die Reise in die Andere Welt.
Der Studiosus
Sie hockten auf Bänken, Hockern oder auf dem Boden und lauschten dem Gelehrten, der an seinem Pult saß und aus einem großen Buch vorlas. Durch die schmalen hohen Fenster drang der Lärm der Stadt zu ihnen herein, doch niemand achtete darauf. Dabei war es die Stadt, die reiche, quirlige, lebensbejahende, freie Stadt, der es die Studiosi zu verdanken hatten, dass sie an einer der berühmtesten Universitäten Europas studieren konnten. Handel, Handwerk und Gewerbe brachten den norditalienischen Städten nicht nur Reichtum, sie zogen auch Menschen aus aller Herren Länder an, Händler, Kaufleute – und Gelehrte.
Magister Lombardi war ein kleiner, lebhafter Mann mit schnellen Augen und wachem Geist. Er lehrte kanonisches Recht. Rupert hatte Glück, den Vorlesungen dieses berühmten Mannes beiwohnen zu dürfen. Eigentlich war er nicht reich genug, ihn bezahlen zu können. Doch Lombardi hatte Rupert gestattet, seine Vorlesungen zu besuchen, denn sonst hätte er niemals Medizin studieren können. Da es an der Universität von Bologna keine eigene medizinische Fakultät gab, musste Rupert Recht und Philosophie studieren. Zur Philosophie gehörte die Medizin.
Rupert wusste, dass es seine Bestimmung war, Arzt zu werden. Obwohl er sieben Jahre der druidischen Schule absolviert und ein immenses Wissen über das Wesen der Natur und der Göttlichkeit gesammelt hatte, fehlten ihm die praktischen Erfahrungen in der Medizin. Er beherrschte die Rituale und magischen Handlungen, die Deutung der Vorzeichen und die Wahrsagung; er kannte sich aus in Pflanzenmagie und Zaubermedizin, er beherrschte die Elemente Wasser, Wind, Erde, Feuer und Nebel, er kannte die Zaubergesänge mit ihren unzähligen Versen. Etwas aber fehlte, das blutige Handwerk des Arztes.
Nach dem Tod des alten Druiden blieb Rupert noch einige Zeit in Irland, suchte den Geist seines verstorbenen Lehrers. Doch bald schon trieb eine innere Unruhe ihn weiter. Er wollte das erworbene Wissen anwenden und er wollte noch mehr.
Die Rückkehr auf die elterliche Burg war frustrierend für beide Seiten. Seine Mutter starrte mit ungläubiger Verwunderung auf den hoch gewachsenen jungen Mann mit dem beherrschten Gesichtsausdruck und den glühenden dunklen Augen. Sie unterdrückte eine Regung, ihre Hand nach ihm auszustrecken. Er war ihr fremd, fast fürchtete sie sich vor ihm. Er war kein Priester geworden, sondern etwas Undefinierbares, Ketzerisches, Unheimliches. Er würde auch kein Ritter sein, nichts, womit man Stand und Ansehen erringen konnte.
Rupert spürte die Ablehnung, die ihm entgegenschlug. Sein Vater betrachtete ihn mit einem Ausdruck von Widerwillen und Gleichgültigkeit, seine Mutter mit nervöser Angst und verwirrtem Muttergefühl. Seine Brüder bekam Rupert nicht zu Gesicht, sie hatten ihren Weg als Ritter des Königs eingeschlagen. Und nach Alice wagte Rupert nicht zu fragen. Er wollte Geld, seinen Anteil am Erbe. Als jüngster der drei Söhne stand ihm nicht viel zu. Guy de Cazeville zahlte es ihm in barer Münze aus. Dafür musste Rupert ihm versprechen, nie wieder nach Hause zurückzukehren. Dieses Versprechen fiel Rupert leicht, würde doch die Burg mit den Ländereien an seinen Bruder John fallen. Rupert war nicht zum Burgherrn geboren, er wollte etwas anderes, etwas, das sich in all den Jahren angedeutet hatte und nun immer stärker in seinem Bewusstsein wuchs: Er wollte Herr über die menschliche Seele werden, mächtiger als jeder König, mächtiger als jeder Bischof.
Mit dem Geld aus seinem Erbe könnte er an eine Universität gehen, Medizin und Philosophie studieren, den Menschen in seiner Ganzheit. Wissen war die eigentliche Macht und nichts konnte Rupert davon abbringen, dieses Ziel zu erreichen.
Die Reise über den Kontinent war lang und beschwerlich. Obwohl er sein Geld eisern zusammenhielt, war er kein reicher Mann, als er Bologna erreichte. Der Ruhm der Universität zog ihn magisch an. Kaiser Barbarossa hatte der Rechtsfakultät ein Gründungsprivileg erteilt, das Lehrer wie Studenten von der weltlichen Gewalt befreite. Noch faszinierender war der legendäre Ruf der Bibliothek, die über fünftausend Bände enthalten sollte, darunter Schriften berühmter arabischer und jüdischer Gelehrter.
Rupert hatte das Studium generale übersprungen und bereits bei seiner
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