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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier
Autoren: Susan Hastings
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im Geist. Und der musste rege sein, trainiert werden, stets in Höchstform sein. Was ihn anfangs ängstigte, faszinierte ihn. Und langsam spürte er, wie ihm diese Lehren zum Teil seines Selbst wurden. Er beherrschte bereits schwierige Themen der Philosophie, konnte mit seinen Mitschülern darüber diskutieren, löste die Rätsel des weisen Mannes. Er spürte plötzlich eine Kraft in sich, die er bis dahin noch nie bemerkt hatte. War es diese göttliche Kraft, derer er sich bereits bediente, ohne dass es ihm bewusst wurde?
     
     
    »Es ist das Ritual des baisteadh, der Druidentaufe. Du wirst einen Namen erhalten, denn du brauchst einen Namen. Was keinen Namen trägt, existiert nicht und wird nicht existieren.«
    »Aber ich habe einen Namen, ich heiße Rupert.«
    »In der Welt da draußen, in der Welt des großen Gottes hinter den Wolken. Doch hier bist du jemand anderes.«
    Das Wasser war eiskalt und schmerzte ebenso wie heißes Wasser. Rupert wunderte sich, dass er für Kälte und Hitze nur eine Empfindung verspürte. Seine Seele wollte aus seinem Kopf flüchten, doch gleich darauf schien eine unsichtbare Hand sie zurückzuziehen. Es gurgelte und strudelte um ihn herum, er verlor die Orientierung. Hilflos ruderte er mit den Armen, doch er fand keinen Halt. Er verspürte Panik. Und plötzlich schien eine fremde Macht in seinen Körper zu gelangen, nahm von seiner Seele im Kopf Besitz. Und er wurde ganz ruhig. War er plötzlich dieser andere Mensch, einer der Druidensöhne, Kind des Waldes? Er entstieg dem Fluss und blickte zu dem alten Priester empor.
    »Du sollst den Namen Diancecht tragen, des großen Arztes und Weisen, denn auch du wirst einmal ein großer Heilkundiger werden. Und dazu den Namen Coll, des Haselstrauches, dessen Nüsse dir die Weisheit verleihen.«
    Er legte Rupert neun Haselnüsse in die Hand. Eine nach der anderen schob er zwischen seine Zähne und kaute sie bedächtig. Und er wusste, als König Cormac auf seiner Reise in die Andere Welt an eine Quelle kam, standen oberhalb davon neun Haselbüsche. Die purpurroten Sträucher ließen ihre Nüsse in die Quelle fallen und die fünf Lachse der Weisheit, die im Quell lebten, schnappten sie. Rupert würde die Weisheit erlangen. Die Schalen der Nüsse ließ er in den Fluss fallen, wo sie von der Strömung fortgetragen wurden. Als er sich wieder umwandte, reichte ihm der Druide kleine Stäbchen, aus dem Holz einer Eberesche geschnitzt. Auch dieser Baum wird mit coll bezeichnet und Rupert entdeckte geheimnisvolle Zeichen darauf geschnitzt. Crannchur! Die magischen Hölzer, die geworfen wurden, um weiszusagen! Rupert sank seinem Lehrmeister zu Füßen und nahm die Hölzer in Empfang.
    »Erhebe dich, Coll Diancecht! Geh und hole den Apfel aus der Anderen Welt. Meine Hand darf ihn nicht berühren, du musst ihn dir selbst besorgen. Doch sei auf der Hut vor der Hüterin der Äpfel. Zu leicht ist die Versuchung, dass du bei ihr in der Anderen Welt bleibst.«
     
     
    Es war eine seltsame Wanderung, die Rupert unternahm. Er ging in den Wald hinein, lief und lief und verlor Raum und Zeit. Er fühlte nicht Hunger noch Durst, nicht Schmerz noch Müdigkeit. Von weit her hörte er die süße Stimme einer Frau. Von tiefer Sehnsucht getrieben, folgte er der Stimme. Die Frau schien einer Fee gleich und doch sah er sie deutlich zwischen den Bäumen stehen. Sie war sehr schön und trug ein seltsames, ihm unbekanntes Gewand.
    »Herrin von Avalon, gib mir den Apfel, die Frucht der Unsterblichkeit, der Wissenschaft und Weisheit. Ich bin Coll Diancecht, dem die Weissagung ein Leben als Heilkundiger prophezeit hat.«
    »Tritt näher, Coll Diancecht, und sei mein Gast. Steig in die kristallene Fähre und komm zu mir. Ein Garten voller wunderbarer Äpfel erwartet dich. Sie tragen die Farbe von poliertem Gold und haben die Größe des Kopfes eines Kindes. Wenn du von ihnen speist, schmecken sie nach Honig. Legst du sie auf blutende Wunden, so verheilen sie sofort und böse Krankheiten verschwinden. Die Äpfel werden beim Verzehr nicht kleiner, solange du auch von ihnen isst.
    Komm zu mir, schöner Jüngling, und iss von meinen Äpfeln.« Sie streckte die Hände aus und hielt Rupert einen köstlichen goldenen Apfel entgegen. Ihre Stimme war so süß wie die Frucht selbst und er setzte bereits einen Fuß in die gläserne Barke, um das trennende Wasser zwischen ihnen zu überwinden. Es war schön, dieses Mädchen, er wollte in ihre Arme sinken, von den Früchten kosten – doch
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