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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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filigranen Handarbeit adliger Damen vergleichbar. Lehrer wie Studenten schüttelten darüber den Kopf und spotteten, ob er nach seinem Abschluss als Bader tätig werden wolle.
    Und immer wieder waren es die Lehren Avicennas und Galens aus Pergamon, die Rupert fesselten und aus denen er sich sein eigenes Bild vom menschlichen Körper und seinen Krankheiten machte. Was waren die Ursachen von Krankheiten, woher kamen sie, warum waren manche Krankheiten ansteckend, andere wiederum nicht?
    Es war ein gefährliches Pflaster, auf das sich Rupert begab. Wenn die Studenten auch der weltlichen Gewalt nicht unterworfen waren, so waren sie es doch der geistlichen. Die päpstlich garantierte akademische Freiheit setzte jedoch die Einhaltung der Lehren der Heiligen Katholischen Kirche voraus, das Studium der Theologie das vornehmste Fach im Kampf gegen die Häresie.
     
     
    »Credo ut intelligam«, sagte Lombardi gerade in seiner weichen, betonten Aussprache. »Ich glaube, um zu erkennen – das ist der Grundsatz der Scholastik.« Rupert lehnte sich zurück. Er war aufmerksamer Zuhörer, als Lombardi jetzt den Bogen von Anselm von Canterbury zu Avicenna schlug. »Auch Avicenna, der im Arabischen Ibn Sina heißt, hat die Philosophie des Aristoteles aufgegriffen und weiterentwickelt. Meine Herren, ich empfehle seine Bücher, die zur Philosophie wie die zur Medizin.«
    Rupert schmunzelte. Er hatte sie bereits alle gelesen, seine »Gesetze der Medizin«, seine »Zehn Abhandlungen über das Auge«, er war fasziniert von der gedanklichen Freiheit dieses arabischen Gelehrten. War der Islam eine Religion, die Forschung und Experiment der Naturwissenschaften nicht behinderte und reglementierte?
    »Und im Übrigen empfehle ich auch mein Werk, die ›Sentenzen über die Bedeutung der Metaphysik für die Philosophie‹, meine Herren.« Petrus Lombardus, Magister Pietro Lombardi strich sich schmeichelnd über sein Gewand, an dem er als solcher zu erkennen war.
    Reinaldo gähnte verstohlen. Die lectio hatte bereits morgens um fünf Uhr begonnen. Die disputatio würde sich nun anschließen. Dabei war es am Abend zuvor spät geworden, die Diskussionen in den Weinstuben, wo die Studenten ihre Mitschriften verglichen und diskutierten, arteten meist in ein Besäufnis mit lockeren Gesängen aus. Die Vagantenlieder waren ein unbedingtes Muss für die Studenten, selbst Rupert konnte sich davon nicht ganz ausschließen. Er musste sich ebenso an die offizielle Kleiderordnung und den Regelkodex für die Studenten halten. Weitere Voraussetzung für das Studium war die Ehelosigkeit der Studenten, wie übrigens auch der Lehrer. Der heißblütige Reinaldo, dem nichts schwerer fiel, als seine Lenden im Zaum zu halten, besuchte immer wieder anrüchige Badehäuser der Stadt, die nichts weiter als feuchtfröhliche Bordelle waren.
    Reinaldo seufzte in Erinnerung an den gestrigen Abend und die lebenslustige Annabella. Rupert klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern.
    »Komm, gleich beginnt die disputatio, da kannst du darüber diskutieren, warum Wein, Weib und Gesang die Seele im Gleichgewicht hält. Deine Seele!«
    Ehrfürchtig stand Rupert in dem hohen Raum, einen der vielen der Bibliothek. Hier befanden sich vor allem medizinische Bücher. Der Bibliothekar musterte Rupert kurz. »Nun, ich bin verantwortlich für all diese Bände«, knurrte er. »Eigentlich ist es nicht gestattet, allein hier herumzuwühlen.«
    »Ihr könnt mir Fußfesseln anlegen, damit ich Euch kein Buch stehle«, erwiderte Rupert ungehalten. »Ich möchte nicht nur das lesen, was die Lehrer empfehlen, sondern alles.«
    Der Bibliothekar grinste. »Na dann, viel Spaß!« Sein Arm wies auf die vielen Regale hin, die sich an den Wänden entlangzogen. Besonders schwere Bücher standen in massiven Schränken. In der Mitte des Raumes gab es mehrere Lesepulte, an die man sich setzen und die Bücher studieren konnte.
    »Avicenna habe ich gelesen, auch Al-Rhasi über die Alchimie. Ich benötige etwas über Anatomie.«
    Der Bibliothekar schob eine kleine Leiter vor sich her. »Da habe ich hier noch Isidor von Sevilla, er hat die ›Etymologiae‹ geschrieben. Und dann noch ein persischer Arzt, Haly Abbas, eine lateinische Übersetzung.«
    Rupert nickte und der Bibliothekar kletterte ächzend von der Leiter. Gedankenversunken griff Rupert einen Band aus einer Reihe mit hebräischen Schriftzeichen. »Was ist denn das?«
    Der Bibliothekar hob die Schultern. »Es ist in Hebräisch verfasst. Bislang hat

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