Der schwarze Magier
sich nicht!«, erwiderte er ebenso leise.
»Woher willst du das wissen?«
Der Italiener schwieg unbehaglich. »Ich komme in die Hölle«, wisperte er nach einer geraumen Weile. »Aber verdammt, ich würde es gern wissen.«
Das Gedränge war groß, die Bürger von Bologna waren zusammengeströmt, um sich das Spektakel der Hinrichtung nicht entgehen zu lassen. Glockengeläut und Trompetenklänge hatten das Volk auf die bevorstehende Hinrichtung aufmerksam gemacht. Es wirkte fast wie ein großes Volksfest, die Menge schrie und jubelte und zahlreiche Kinder drängten sich nach vorn, um besser sehen zu können.
Reinaldo stand neben Rupert und blickte verwundert über seine Schulter. »Warum hast du ein Zeichenbrett mitgenommen?«, fragte er. »Willst du etwa die Hinrichtung zeichnen?«
Rupert knurrte unwillig. »Ja«, erwiderte er kurz angebunden.
»Großer Gott, das ist ja pervers!« Reinaldo rückte vorsichtshalber ein Stück von Rupert ab.
»Mich interessiert der Tod«, sagte Rupert. »Ich will sehen, was mit dem Körper passiert, wenn er die Schwelle übertritt.«
Reinaldo lachte. »Das kann ich dir sagen. Ich habe schon mehr als einen Menschen sterben sehen. Erst zappeln sie noch ein bisschen, dann quellen ihnen die Augen heraus und die Zunge hervor, sie röcheln und dann sind sie tot. Manchmal geht es auch schneller, dann bricht das Genick, aber das haben die Zuschauer nicht so gern. Es geht zu schnell. Schließlich wollen sie auch ihr Vergnügen haben und eine Hinrichtung ist ja nicht alle Tage.«
Rupert schwieg. Reinaldos Geplapper ging ihm auf die Nerven. Außerdem vermutete er, dass es Reinaldo brühwarm den anderen Studenten erzählte, was Rupert hier trieb. Und die setzten ihm ohnehin schon genug zu.
»Was passiert mit seinem Körper, wenn er tot ist?«, wollte Rupert wissen.
»Na, was schon? Sie lassen ihn drei Tage hängen, damit er auch richtig abschreckend wirkt. Wenn sich die Krähen dann bedienen, nehmen sie ihn ab und verscharren ihn irgendwo draußen vor der Stadt. Einen Verbrecher, der so gesündigt hat, wird man nicht in geweihter Erde bestatten.«
»Was hat er getan?«
»Er hat eine Nonne vergewaltigt.«
Ein schiefes Lächeln verzog Ruperts Gesicht. »Und sie hatte etwas dagegen?«
Reinaldo blickte ihn entsetzt an. »Na, hör mal!«
Rupert hob die Schultern. »Ich weiß da was anderes über Nonnen…«
Reinaldo presste ihm die Hand auf den Mund. »Mach dich nicht unglücklich!«
Rupert schwieg und hoffte, dass Reinaldo sich verziehen möge. Aber den Gefallen tat ihm der quirlige Italiener nicht. Er schubste und drängelte und schob Rupert vor sich her, damit sie einen besseren Platz vor der Richtstätte bekämen.
Der Verurteilte wurde in einer Prozession aus dem Gefängnis herbeigeführt. Er war am ganzen Körper übersät mit Wunden, Folgen der Folter. Zwei Büttel führten ihn auf das aus Holz gezimmerte Podest. Seine Hände waren gefesselt, seine Füße mit Ketten aneinander geschlagen.
Dem Podest gegenüber war eine Tribüne aufgebaut, mit bunten Tüchern geschmückt. Der Richter, der Bürgermeister der Stadt, hohe Beamte saßen auf den beiden Rängen. Der Richter erhob sich und las noch einmal das Verbrechen vor, dessen sich der Verurteilte schuldig gemacht hatte.
»Bekennst du dich schuldig?«, fragte der Richter den Verurteilten. »Du hast die Möglichkeit, vor Gott und allen Zeugen zu bereuen.«
Der Mann spuckte verächtlich aus. »Ihr hat’s Spaß gemacht!«, schrie er über den Platz.
Als Antwort tobte die Menschenmenge, viele lachten, andere schrien: »Hängt ihn auf, hängt ihn auf!«
Der Richter schnaufte ärgerlich, dann machte er eine ungeduldige Handbewegung zum Henker und setzte sich.
Ein Priester bestieg nun, eine Bibel in beiden Händen vor sich hertragend, das Podest und stellte sich vor den Verurteilten. »Bereust du, mein Sohn?«, fragte er.
»Bin ich dein Sohn?«, fragte der Verurteilte. »Hast du es auch mit der Nonne getrieben?« Die Zuschauer kreischten vor Vergnügen.
Der Priester wich zurück und murmelte etwas, das eher wie ein Fluch klang. Er wandte sich um und hielt der versammelten Menge eine lange Predigt über die Verderbtheit des Verbrechers.
»Scher dich runter, du Schwarzkittel!«, brüllten die Zuschauer. »Wir wollen ihn hängen sehen und nicht dein Geschwafel hören!« Vergeblich versuchte der Priester gegen die tobende Menschenmenge anzuschreien. Dann verließ er entnervt das Podest, stellte sich abseits und bekreuzigte
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