Der schwarze Magier
du?«, knurrte Rupert ungehalten.
Der Junge antwortete nicht, rückte ein wenig ab. Rupert würdigte ihn keines Blickes mehr, bereitete heißes Wasser zu, um Tee aufzubrühen. Ein angenehmer Duft nach wilder Minze breitete sich aus. Der Junge krümmte sich zusammen.
»Verdammt, verschwinde oder setz dich richtig ans Feuer!«, fuhr Rupert ihn an. Der Junge zögerte, dann kroch er auf allen vieren über den laubbedeckten Waldboden. Rupert füllte eine flache Schale mit Tee und reichte sie dem Jungen. Zaghaft, mit zitternden Fingern griff er danach, um sich gleich gierig darauf zu stürzen. Er zuckte mit einem Schmerzenslaut zurück, als er sich an dem heißen Getränk die Lippen verbrühte.
Rupert lachte. »So ist das, wenn man nicht denkt, bevor man handelt.« Er füllte sich ebenfalls eine Schale Tee ab, ließ sie etwas abkühlen und begann dann genüsslich zu schlürfen. Der Junge warf ihm einen verstohlenen Blick zu und tat es ihm nach. Er hatte seine Schale zuerst geleert.
»Was ist, willst du noch mehr?«
Der Junge nickte und hielt Rupert die Schale entgegen.
»Bin ich dein Knecht?«, fuhr Rupert ihn rüde an. »Bediene dich gefälligst selbst!«
Der Junge zuckte zurück und hob schützend den Arm über den Kopf, als erwartete er Schläge. Als diese nicht folgten, wagte er einen Blick zu Rupert, dann erhob er sich und kroch in gebückter Haltung zum Kessel. Er goss sich etwas Tee in die Schale und rückte sofort zurück an seinen alten Platz.
»Wenn du getrunken hast, verschwindest du! Verstanden?«
Der Junge nickte. Langsam, sehr langsam diesmal, schlürfte er den Tee. Rupert hatte inzwischen Brot, Käse, Schinken und Zwiebeln geschnitten und begann zu essen. Der verlangende Blick des Jungen ließ ihn stocken. Er rollte genervt mit den Augen und schnaufte. »Hast du heute noch nichts gegessen?«, fragte er. Der Junge schüttelte den Kopf. Rupert warf ihm ein Stück Brot zu und etwas Käse. Gierig verschlang er das Essen.
»Langsam, langsam, du brichst es doch gleich wieder aus. Bist doch kein Tier.«
Der Junge warf ihm einen gehetzten Blick zu und kaute weiter. Ihm schien es egal zu sein, was dieser seltsame, schwarz gekleidete Fremde sprach. Sein Hunger war stärker.
Über Ruperts Gesicht flog ein spöttisches Lächeln. »Hunger macht charakterlos«, sagte er sinnend. »Wenn du nicht in diesem erbärmlichen Zustand wärst, würdest du lieber einen großen Bogen um mich schlagen, stimmt’s?« Der Junge nickte wieder mit einem scheuen Blick auf Rupert. »Damit hast du völlig Recht. Ich könnte dich zum Beispiel… umbringen.« Rupert zückte sein scharfes Messer, mit dem er Brot und Käse geschnitten hatte, und deutete einen Schnitt durch die Kehle an. Der Junge wich etwas zurück, doch hatte sich gleich darauf gefasst. Er schüttelte mit dem Kopf.
»Du glaubst mir nicht? Einfältiger Tropf. Und nun verschwinde!«
Der Junge erhob sich und verschwand zwischen den Bäumen.
Rupert beendete sein Mahl, säuberte sorgfältig das Geschirr und packte alles zusammen in seinen Reisesack. Er packte den Sattel an einen Baum, wickelte sich in seinen dunklen Umhang und legte sich nieder. Sein Messer behielt er in der Hand.
Die Nacht verlief ruhig. Als die Morgensonne ihre schrägen Strahlen zwischen die Baumwipfel schickte, sah Rupert, warum er den Jungen über Nacht nicht bemerkt hatte. Der Kerl hockte wie ein Eichkater in der Astgabel eines Baumes und schlief. Rupert lächelte. Der Kleine wusste sich zu helfen. Not macht erfinderisch. In aller Ruhe sattelte er sein Pferd und ritt davon.
Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass ihm jemand folgte. Er zügelte sein Pferd. »Warum läufst du mir nach?«, fragte er zwischen die Ohren seines Pferdes.
»Herr, nehmt mich mit«, vernahm er die dünne Stimme des Jungen hinter sich. Nun drehte Rupert sich um und zeigte ein spöttisches Erstaunen.
»Warum sollte ich?«
»Ich will Euch dienen. Ich kann laufen, Brennholz sammeln, Essen kochen…«
Rupert lachte laut auf. »Der nächste Wind wirft dich um. Damit du mir von Nutzen sein könntest, müsste ich dich mästen wie eine Gans. Du bist doch nur Haut und Knochen. Und nun troll dich!« Er trieb sein Pferd an. Das Keuchen des Jungen war laut und er hielt den Anschluss, so gut er konnte.
Rupert drehte sich ärgerlich um. »Verdammt noch mal, verschwinde! Ich brauche keinen Diener!«
Er ritt einen ganzen Tag und er drehte sich nicht wieder um. Doch sein Gespür sagte ihm, dass der Junge in seiner
Weitere Kostenlose Bücher