Der schwarze Magier
Clemens wischte das Blut vom Bauch der Frau ab und deckte die Naht mit einem Leinentuch zu.
»Ich benötige einen großen, schweren, aber flachen Stein. Sauber muss er sein.« Rupert blickte auf Pontefozzi herab. »Einen Stein! Sofort!«
»Ja, ich eile!« Pontefozzi sprang auf und rannte aus der Kammer. »Es lebt! Es lebt! Ich habe eine Tochter!«, schrie er draußen durchs Haus. Clemens griente, Rupert schüttelte missbilligend den Kopf, während er sich wieder gründlich die Hände wusch. Clemens reinigte die Instrumente und packte sie sorgfältig zusammen.
Rupert vergewisserte sich noch einmal, dass die Frau ruhig lag. Sie befand sich in einem tiefen Rauschzustand. Das Aufwachen würde das Gefährlichste werden.
Nach einer Weile kam Pontefozzi mit strahlendem Gesicht zurück und brachte einen länglichen Schieferstein. »Geht dieser?«, fragte er. »Wozu benötigt Ihr ihn?«
Rupert nahm den Stein an sich und legte ihn auf die Wunde. Dann wandte er sich um. »Hört mir jetzt genau zu und befolgt alles, was ich Euch sage. Dann wird Eure Frau leben und gesund werden. Ihr müsst sie ans Bett fesseln, damit sie sich nicht bewegen kann, wenn sie erwacht. Sie weiß nicht, was mit ihr geschehen ist, und Ihr werdet es ihr auch nicht sagen. Hört Ihr, sie darf sich nicht bewegen, denn sie wird erst keinen Schmerz verspüren. Doch die Naht würde aufplatzen und sie wird verbluten. Bleibt bei ihr und beruhigt sie. Wenn sie Schmerzen verspürt, dann gebt ihr ein kleines Maß von dem Saft. Nur ein kleines Maß, damit sie den Schmerz ertragen kann. Nicht zu viel, sie darf nicht wieder einschlafen! Und die ganze Zeit muss der Stein auf ihrem Bauch liegen bleiben, damit der Bauch nicht aufplatzt. Habt Ihr mich verstanden? Wo ist die Hebamme?«
Pontefozzi nickte nur unablässig, während er in Ruperts Gesicht starrte, und wies geistesabwesend mit der Hand zur Tür. »Sie wartet in der Küche.«
Die Hebamme hatte das Kind in eine Decke eingewickelt. »Es atmet ruhig«, sagte sie und Stolz lag in ihrer Stimme. »Ich werde es der Amme bringen.«
Rupert drehte sich um. »Wer über die Vorkommnisse in der Kammer nur ein Wort verliert, an dem übe ich die Schärfe meines Messers«, knurrte er. Die Hebamme nickte nur und verließ mit dem Kind den Raum, während Pontefozzi sich vor Rupert auf die Knie warf.
»Ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll, Herr«, wimmerte er und umklammerte Ruperts Hände. »Ihr seid ein Heiliger. Gott beschütze Euch! Ich werde Euch mit Gold überschütten…« Unwillig schüttelte Rupert Pontefozzis Hände ab.
»Gott schützt mich nur, wenn Ihr den Mund haltet«, erwiderte er. »Also betet für Eure Frau und das Kind, aber im Stillen!« Er wandte sich um. In der Tür blieb er stehen. »Ich komme morgen wieder und sehe nach ihr. Wenn sie in einer Woche noch lebt, dürft Ihr mir gern das bezahlen, was es Euch wert war.« Dann verließ er endgültig den Raum.
Clemens trug ihm seine Tasche hinterher. »Warum habt Ihr das gesagt?«, wollte er wissen.
Rupert warf ihm einen spöttischen Seitenblick zu. »Heute hätte er mir seine Seele gegeben, morgen wird er um die Münzen feilschen. Wollen wir wetten?«
»Warum habt Ihr dann nicht zugegriffen? Ihr hättet ein reicher Mann werden können!«
»Hätte ich. Aber ich lege keinen Wert darauf.«
Clemens schwieg verstimmt. Er selbst würde großen Wert darauf legen und er verstand nicht, wieso dieser Mann den Reichtum ausschlug. Er war ohne Zweifel das Geld wert, das man ihm freiwillig für seine ärztliche Kunst geben würde.
Rupert blieb einen Augenblick stehen und blickte Clemens ernst an. »Ich weiß, dass du meine Meinung nicht teilst.« Er warf ihm eine Münze zu, die Clemens geschickt auffing. »Geh in ein Wirtshaus und iss dich richtig satt. Du hast es dir verdient. Aber keinen Wein, er macht die Zunge locker! Gib die Tasche her, ich gehe allein zurück.«
»Und Ihr?«, fragte Clemens verunsichert.
Rupert schüttelte den Kopf. »Ich werde ausreiten, irgendwohin, wo es einsam ist. Heute Abend bin ich zurück.«
Clemens senkte den Kopf. »Ja, Herr, und… ich verstehe Euch.« Er reichte Rupert die lederne Tasche und lief eilig zu einem Gasthaus. Seine widerstreitenden Gefühle für de Cazeville bekam er am besten bei einer ordentlichen Mahlzeit in den Griff.
Es war im Morgengrauen, als es heftig an Ruperts Tür klopfte. Verschlafen fuhr Clemens auf und eilte hinunter, um zu öffnen. Er hoffte, es würde nicht wieder eine schwere Geburt
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