Der schwarze Magier
sein, zu der man ihn rufen würde. So gern er dem Medicus bei seiner Arbeit behilflich war, so unangenehm war es ihm, wenn er sich in Frauenangelegenheiten mischte. Das war etwas, das nicht für männliche Augen bestimmt war und etwas Geheimnisvolles, Anrüchiges an sich hatte.
Clemens prallte zurück, als er zwei Furcht einflößende Soldaten stehen sah, die sofort in das Haus stürmten, als Clemens die Tür öffnete. »Wo ist dieser Ketzer?«, brüllten sie.
Rupert stand auf der Treppe. Seine Augen glühten unheilvoll. »Was wollt Ihr?«
»Ihr seid verhaftet, medicus. Die Heilige Kirche klagt Euch der Ketzerei und der Hexerei an.«
»Was denn für eine Hexerei?« Rupert lachte spöttisch.
»Ihr sollt einer Wöchnerin den Bauch aufgeschnitten und das Kind geraubt haben, um es bei einer schwarzen Messe zu töten.«
»Wer sagt das?«, brauste er auf.
»Der Bischof klagt Euch an. Ihr seid verhaftet!«
Sie packten Rupert und zerrten ihn aus dem Haus.
Es war ein gegenseitiges Wiedererkennen, als Rupert dem Bischof gegenüberstand. Fett, feist, aber überaus gefährlich thronte er zwischen den anderen Klerikern des Kirchengerichtes und starrte Rupert aus seinen hellen Fischaugen an. Mit näselnder Stimme verlas er die lange Anklageschrift. Rupert hörte überhaupt nicht zu, sondern beobachtete scharf den Bischof. Den Hass, der ihm entgegenschlug, verspürte er körperlich wie einen giftigen Nebel.
»Was habt Ihr zu den Anklagepunkten zu sagen?«, fragte der Bischof. »Am besten, Ihr gesteht, dann erspart Ihr Euch vieles.«
»Würde Euch das gefallen?«, fragte Rupert ironisch zurück. »Dann entgeht Euch doch einiges. Die Demütigung, die Folterung, die Bestrafung… Ich für meinen Teil kann doch verlangen, dass mir das hohe Gericht zuhört. Ihr klagt mich der Hexerei an. Nichts habe ich getan, außer einem Kind auf die Welt geholfen.«
»Ihr habt der Wöchnerin den Bauch aufgeschnitten!«
»Ich? Mein verehrter Bischof, ich wurde zu der Gebärenden gerufen, weil die Geburt nicht vorwärts ging. Und als ich mich über sie beugte, um sie zu untersuchen, platzte ihr Bauch auf. Das Kind war viel zu groß und ihr Becken zu eng!«
Die dicken Karpfenlippen des Bischofs standen offen und er schnappte hörbar nach Luft. »So etwas habe ich ja noch nie gehört!«
»Nein? Nun, ich weiß nicht, wie vielen Geburten Ihr beigewohnt habt. Ich bin Arzt und weiß, dass das hin und wieder passieren kann.« Rupert hob lächelnd die Schultern.
»Ich war überhaupt noch nie bei einer Geburt dabei«, zischte der Bischof. »Es ist auch nicht notwendig, denn wir haben eine Zeugenaussage.«
»Ein Zeuge? Wer ist er?«
»Der Gemahl der Bedauernswerten.«
Rupert lachte laut auf. »Dieser arme Mann war völlig verwirrt und hat die ganze Zeit in der Ecke gekniet und gebetet. Und als er wohl zufällig mal aufblickte, sah er den offenen Bauch. Da schrie er, ich solle sein Kind retten. Ich habe es einfach aus dem Bauch herausgehoben und den Riss zugenäht. Da hat er wohl vor lauter Freude gänzlich den Verstand verloren.«
Er spürte, dass der Blick des Bischofs unsicher wurde, doch gleich darauf grinste dieser. »Ihr gebt also zu, mit Euren Händen das Kind aus dem Bauch der Frau geholt zu haben?«
Rupert blickte ihn scharf an. »Nein, es schob sich von allein nach oben. Ich brauchte es nur zu greifen.«
»Geht das denn?«, fragte der Bischof erstaunt. »Davon höre ich zum ersten Mal.«
»Es schob sich heraus wie das Ei aus dem Hintern einer Henne«, erwiderte Rupert und deutete eine leichte Verbeugung an. »Bei meiner Seele!«
Unwillig wischte der Bischof mit der Hand über den Tisch und fixierte Rupert mit seinen Fischaugen. »Ich glaube Euch nicht und ich werde Euer Geständnis durch die Folter erzwingen. Unter der Folter sagen alle die Wahrheit.«
»Und wenn Ihr die Wahrheit wisst?«
»Dann werde ich Euch verurteilen und dem weltlichen Gericht zur Durchführung überstellen.«
»Und welche Strafe droht mir?«
»Der Scheiterhaufen!«
Einen Augenblick schwieg Rupert und schien zu überlegen. »Das ist mir tatsächlich etwas zu heiß. Ehrwürdiger Bischof, ich möchte Euch etwas beichten. Nur Euch allein.«
»Ich bin nicht Euer Beichtvater. Wenn Ihr beichten wollt, dann schicke ich Euch einen Priester. Hier bin ich Euer Richter!«
»Gut, dann möchte ich Euch die Wahrheit sagen, aber Euch allein.«
»Ihr müsst sie hier sagen, vor allen Leuten.«
»Und Ihr verkündet dann meine Schuld oder Unschuld auch vor allen
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