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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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aufgesprungen. »Ist es Cunningham?«, wollte er wissen. Er schob die Umstehenden beiseite und blickte betroffen auf den auf den Planken sich krümmenden Mann. Einer der Matrosen hatte beherzt das Seil gekappt. Nun lag die blutige Hand halb abgetrennt neben Cunninghams Arm. »Wo bleibt der Wundarzt?«
    »Ich bin schon da!« Der ausgemergelte Mann hockte sich neben Cunningham und schüttelte den Kopf. »Da kann ich auch nicht mehr helfen«, sagte er bedauernd.
    Richard riss das abgeschnittene Seil herauf, schnitt ein Stück ab und band es straff um Cunninghams Oberarm. »Er verblutet!«
    »Natürlich«, erwiderte der Wundarzt ungerührt. »Oder soll ich ihm etwa die Hand wieder annähen?«
    »Der schwarze Medicus könnte es«, sagte jemand leise.
    Richard hob den Kopf. »Was? Wer sagte das?«
    »Sei still, du redest dich um Kopf und Kragen«, zischte eine andere Stimme.
    Richard sprang auf. »Redet! Wer sagte das von einem Medicus?«
    »Ich sagte es, Giovanni.« Ein hoch gewachsener italienischer Hafenarbeiter trat einen Schritt vor. »In der Altstadt lebt ein Medicus, der sehr seltsame Dinge kann. Viele sagen, er wäre ein Zauberer, doch er hat schon vielen Menschen das Leben gerettet. Er hat sogar einer Frau das Kind bei lebendigem Leib herausgeschnitten.«
    »Bei allen Heiligen, das ist ja entsetzlich!«, rief Richard aus.
    »Aber nein«, entgegnete Giovanni. »Die Frau lebt und das Kind auch. Es ist die Sensation in der Stadt!«
    »Aber niemand kann eine abgetrennte Hand wieder annähen«, sagte Richard. »Vielleicht kann er aber den Mann retten.«
    »Und wie?« Der Feldscher winkte verächtlich ab. »Wenn die Hand ab wäre, dann könnte ich ihm vielleicht auch helfen.«
    »Und warum tut Ihr es nicht?«, fragte Richard zornig.
    »Ich bringe mich ja um Kopf und Kragen. Amputationen sind verboten, das wisst Ihr ebenso wie ich. Und ich würde auch meine linke Hand verlieren, wenn ich es täte.«
    »Wo wohnt dieser Arzt?«, wollte Richard wissen. »Kannst du uns führen?«
    Giovanni nickte und wies mit der Hand hinüber zur Altstadt oberhalb des Hafens. »Dort entlang, Herr!«
    Die Matrosen packten den Verletzten auf ein Brett und trugen ihn hinunter zur Hafenmauer. Richard folgte ihnen. Im Laufschritt eilten sie durch die engen Gassen. Giovanni machte lautstark den Weg frei. Vor dem niedrigen Haus de Cazevilles hielten sie an.
    Clemens, der den Lärm schon von weitem gehört hatte, steckte neugierig den Kopf zur Tür heraus. »Heiliger Vater, das sieht ja böse aus!« Er riss die Tür auf und wies auf den breiten Tisch, wo die Matrosen Cunningham ablegten. Schweigend traten sie zurück, als sie eine schwarze Gestalt die Treppe herunterkommen sahen. Lediglich Richard blieb stehen und blickte dem unheimlichen Mann entgegen.
    »Seid Ihr der Arzt, dem man so seltsame Dinge nachsagt?«
    »Ich weiß nicht, was Ihr meint, Herr, aber ich sehe einen Mann, der bald sterben wird.«
    »Ah, Ihr seid Normanne? Engländer?«, fragte Richard überrascht.
    »Ist das wichtig?« Rupert winkte Clemens. »Schnell, kleine Zangen, damit die Sehnen sich nicht zurückziehen.« Er deutete auf die Wunde, die kaum noch blutete. »Gut abgeschnürt«, sagte er beiläufig.
    »Danke!«, erwiderte Richard. »Auf den Schlachtfeldern sieht man öfters solche Verletzungen.«
    »Dann wisst Ihr ja auch, dass Ihr ihn hättet sterben lassen sollen.«
    »Ja«, sagte Richard leise. Mit Verwunderung bemerkte er den leisen Spott auf dem Gesicht des schwarz gekleideten Arztes.
    »Euch liegt sehr viel an ihm und Ihr bringt es nicht übers Herz, ihn verbluten zu lassen, ihr überlasst es mir, ihn ins Jenseits zu befördern. Was seid Ihr für ein Ritter?«
    »Ich bin der König von England«, sagte Richard.
    De Cazevilles Gesicht zeigte keine Regung. »Der König von England, aber nicht Gott.«
    Die Matrosen hielten den Atem an. Noch niemand hatte es gewagt, so mit dem König zu sprechen. Richard zog unwillig die Augenbrauen zusammen. »Ihr seid sehr kühn.«
    »Ich weiß«, entgegnete Rupert. »Soll ich die Hand amputieren?«
    »Ich kann es Euch nicht befehlen.«
    »Nein. Aber es würde nicht darauf ankommen. Ich müsste tausend Tode sterben für all die Menschen, die ich am Leben erhalten habe.«
    Richard schwieg und blickte auf Clemens, der an die offene Wunde mehrere eiserne Zangen angesetzt hatte. »Was tut der Bursche da?«
    De Cazeville richtete sich auf. »Alle raus!«, rief er. »Auch Ihr, Hoheit. Ich brauche Ruhe und viel Licht! Clemens, die

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