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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Frühlingsrollen serviert, ist ein Gedicht: Sojabohnen, Wasser, Mehl, Zucker, Knoblauch, Chili und eine Auswahl von Gewürzen, die nur Zou kennt und niemandem verrät. Selbst mir nicht!«
    »Das will was heißen!« sagte Rathenow bewußt ironisch.
    »Anschließend gibt es verschiedene kalte Vorspeisen, dann einen Wok mit viererlei Fleisch und Gemüsen, die man in Europa kaum kennt, wie etwa den Wasserspinat, dazu natürlich Reis, für das Fleisch sechs verschiedene Soßen, wobei ich Ihnen die Knoblauchcreme besonders empfehlen möchte, und zum Abschluß …«
    »Die Suppe aus dem Wok.«
    »Richtig. Ich sehe, Sie haben sich an unsere Reihenfolge gewöhnt. Nun zu den Getränken. Mineralwasser, aber kein Bier, sondern ein chinesischer Wein, ein trockener, der erst seit ein paar Jahren angebaut und auch in Europa immer beliebter wird. Er ähnelt im Geschmack der Scheurebe.«
    »Erstaunlich.«
    »Was?«
    »Daß Sie als Chinese so viel von Wein verstehen. Wie viele Deutsche gibt es, die wissen, was eine Scheurebe ist.«
    »Wir wissen, daß Sie ein großer Weinkenner sind. Wir wissen alles über Sie – und über Wang Liyun.«
    Das Stichwort war gefallen. Rathenow lehnte sich zurück, während der Kellner das Mineralwasser und eine Flasche Wein in einem silbernen Kühler hereintrug.
    »Reden wir nicht weiter um die Sache herum, Herr Min Ju«, sagte er, als der Kellner wieder hinausgegangen war. »Beenden wir das Katz-und-Maus-Spiel! Legen Sie die Karten auf den Tisch! Was wollen Sie von mir?«
    »Das ist ein umfangreicher Komplex. Dazu brauchen wir viel Zeit.«
    »Ich hänge nicht an der Uhr, Herr Min.«
    »Das hätte ich auch nicht erwartet.« Min schwieg. Die Frühlingsrollen wurden serviert, Zou Shukongs Meisterwerke. Schon die Soße duftete verführerisch, der Teigmantel leuchtete goldbraun.
    »So etwas bekommen Sie nur im ›Schwarzen Mandarin‹«, sagte Min Ju und stach mit seinem Eßstäbchen ein kleines Stück ab.
    »Was bekommt man sonst noch im ›Schwarzen Mandarin‹, außer gutem Essen?«
    Min blickte Rathenow durch den Blumenschmuck mit zusammengekniffenen Augen an. »Einen Grundsatz sollten Sie sich merken«, sagte er. »Es ist einer meiner obersten Grundsätze: beim Essen nichts Geschäftliches. Essen ist für mich wie ein persönlicher Gottesdienst, ein Gebet an die Götter, die uns den Genuß schenken. Halten Sie sich auch daran.«
    »Mir vergeht der Appetit, wenn ich nicht weiß, was Sie unter ›unsere Zusammenarbeit‹ verstehen. Begreifen Sie das nicht?«
    »Doch, aber nur, weil ich lange genug in Europa bin. Ihr Europäer seid ungeduldig. Euch fehlt die Geduld zu warten. Alles kommt so, wie es kommen soll … früher oder später. Warum den Dingen entgegenlaufen?« Er probierte den Wein, schnalzte anerkennend mit der Zunge und goß die Gläser voll. Unlustig aß Rathenow seine Frühlingsrolle – sie schmeckte wirklich köstlich. Auch der Wein war gut, richtig gekühlt, würzig, mit einem fruchtigen Nachgang. Rathenow stellte das Glas hin.
    »Das ist weniger eine Scheurebe als vielmehr ein Verwandter des Grünen Veltliners, der Hausrebe der Österreicher.«
    »Da spricht der Fachmann.« Min Ju setzte sein Glas ab. »Herr Rathenow« – seine Stimme war auf einmal geschäftlich unpersönlich –, »nehmen wir das Wichtigste vorweg, damit es keine Unklarheiten gibt: Sie sind der Bruderschaft verpflichtet, oder besser: Es gibt für Sie keine Möglichkeit, sich von uns abzusetzen.«
    »Klarer ausgedrückt: Sie glauben, mich in der Hand zu haben!«
    »Brutal betrachtet: ja!«
    »Das ist ein Irrtum, Herr Min Ju.«
    »Sie werden Ihre Ansicht gleich revidieren.« Min tupfte sich mit einer Serviette etwas Fett von der Frühlingsrolle aus den Mundwinkeln. »Sie haben mir Pulverkaffee und Trockenmilch mitgebracht. Halt!« Min hob die Hand. »Nicht unterbrechen! Das war nicht einfach nur Blödsinn, wie Sie noch heute denken. Das war eine kriminelle Tat. Die Trockenmilch war ein reines Produkt … der Pulverkaffee auch … nur war es eingefärbtes, reines Heroin bester Qualität.«
    »Sie bluffen!« Rathenow spürte, wie seine Beine anfingen zu kribbeln. »Es war Kaffee.«
    »Haben Sie ihn probiert, sich ein Täßchen davon gekocht? Es war reines Heroin! Seit Jahren wird alles weiße Pulver auf Rauschgift untersucht. Alle Sicherheitsbeamten sind darauf spezialisiert. Bis jemand in Hongkong von der Bruderschaft ›Sekte des himmlischen Prinzips‹ einen genialen Einfall hatte. Pulverkaffee in Dosen wurde nie

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