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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Deine Kollegen bekommen nicht so viel von uns.«
    »Und warum ich? Ich, ein Deutscher?«
    »Das habe ich dir doch erklärt. Hast du das nicht verstanden?«
    »Ich bin die unauffälligste Grassandale, weil ich kein Asiate bin. Ich habe es gut verstanden!« Er atmete wieder tief durch. »Wann werde ich wie Aisin Ninglin zum Killer ausgebildet?«
    »Daran denke ich nicht. Für diese Aufgabe bist du nicht geeignet. Dir fehlt die kalte Grausamkeit, die 14K berühmt gemacht hat. Du bist ein Mensch mit einer weichen Seele, nur brauchbar für Arbeiten, die wir mechanisch nennen. Dazu gehört das Einsammeln der Schutzgelder. Ninglin ist ganz anders: Für ihn ist das ›Ohrenputzen‹ auch nur Mechanik. Der Mensch ist eine Maschine, die man abstellen kann – so sieht es Ninglin.« Min Ju blickte auf seine Uhr. »Es ist spät geworden. Wirst du wieder zu Dr. Freiburg fahren?«
    Rathenows Kopf fuhr hoch. Sein Herzschlag setzte eine Sekunde aus. »Das … das wissen Sie auch?«
    »Bis du den Eid geschworen hast und unser wirklicher Bruder bist, überwachen wir dich natürlich.« Min lächelte so mokant, daß sich seine Augen verengten. »Du weißt doch, Bai Juan Fa: Wir sind überall!«
    Rathenow fuhr nach dieser ersten Unterrichtsstunde nicht sofort nach Grünwald, sondern kreuz und quer durch München. Von Schwabing bis Ramersdorf, von Laim bis Gauting, von Neu-Perlach bis zum Waldfriedhof. Er wollte im Rückspiegel sehen, ob ihm ein Wagen der Triaden folgte. Aber er sah nichts Verdächtiges, nur den üblichen abendlichen Verkehr. Kein Fahrzeug, das ihn ständig bei seinem Herumirren in Sichtweite verfolgte. Und doch: Auch wenn er keinen Verfolger sah, er ahnte, ja wußte, daß man ihn beobachtete. Wo du auch bist, Bruder – wir sind hinter dir. Wir haben den Auftrag, dich zu ›beschützen‹.
    Die letzte Möglichkeit, seine Bewacher zu erkennen, sah Rathenow in seiner Ankunft in Grünwald. Er fuhr nicht in die Garage, ließ den BMW am Bordstein auf der Straße stehen und versteckte sich hinter einem der großen Rhododendronbüsche im Garten. Geduckt wartete er auf seine Verfolger.
    Aber die Triadenbrüder enttäuschten ihn. Kein Auto fuhr langsam an seiner Villa vorbei. Um diese Zeit lag Grünwald wie ausgestorben. Die Bewohner schätzten diese Ruhe. Rathenow blieb ungefähr zehn Minuten in seinem Versteck, bis er sicher war, daß ihm niemand gefolgt war. Er ließ den Wagen draußen stehen und ging zu Fuß den kurzen Weg zur Haustür.
    Dort traf ihn ein Schlag. An der Haustür hing, mit Tesafilm befestigt, ein Zettel mit einer auf einer Schreibmaschine geschriebenen kurzen Mitteilung:
    Es ist nicht gut, durch die Stadt zu flüchten, um zu sehen, ob wir Dir folgen. Wir wollen für Dich doch das Beste und beschützen Dich. Warum das Mißtrauen?
Merke: Wir sind überall …
    Rathenow riß den Zettel ab, zerknüllte ihn und steckte ihn in die Rocktasche. Und er dachte: Du bist ins Netz einer Riesenspinne geraten, aus dem es kein Entkommen mehr gibt. Was du auch tust – sie wissen alles.
    Er schloß auf und machte sich daraufgefaßt, auch im Haus eine Nachricht zu finden. Aber er fand nichts. Er fragte den Anrufbeantworter ab und hörte: »Hier Ihr Fax-Kundendienst. Wir kommen morgen früh gegen neun Uhr zu Ihnen. Bitte seien Sie zu Hause.«
    Morgen früh also – die Schreierei hatte also doch etwas genützt. Es war eine neue Erfahrung, die Rathenow an diesem Tag gemacht hatte: Nur das Brutale setzt sich durch, demonstrierte Stärke – Menschheit, wohin gehst du? Ist Zivilisation gleichzusetzen mit Verrohung? Werden im Jahre 2010 nur noch die Muskeln regieren und nicht mehr der Geist? Sei glücklich, daß du das nicht mehr erlebst.
    Das Telefon klingelte. Rathenow legte die Hand auf den Hörer: Soll ich oder soll ich nicht? Aber dann hob er doch ab. Ich bin kein Feigling, sagte er sich. Nein, ich bin kein Feigling.
    Am Apparat war Dr. Freiburg. Rathenow atmete auf.
    »Endlich!« hörte er Freiburg rufen. »Endlich!«
    »Was heißt endlich?« fragte er zurück.
    »Ich versuche seit drei Stunden immer wieder, dich zu erreichen. Wo warst du?«
    »Eine solche Frage hast du noch nie gestellt.«
    »Sie war auch nie nötig. Aber jetzt – du bist krank, Hans. Ich habe mir unser Gespräch immer und immer wieder durch den Kopf gehen lassen – Ergebnis: Diese Liyun macht dich fertig! Du bist ihr, ohne daß du sie im Bett gehabt hast, hörig. Und wie hörig! Sie beschäftigt dich Tag und Nacht.«
    »Ja. Das habe ich dir doch

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