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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herfallen.«
    »Und was soll ich ihnen sagen? Hört mal: Hans hat in seinem Hirn eine Meise entdeckt? Und die läßt er jetzt ein Weilchen zwitschern. Nehmt es hin, reizt ihn nicht, findet es schön – er kommt jetzt in die Jahre, wo ein Mann wunderlich wird.«
    »Sag, was du willst.« Rathenow erhob sich. »Ich fühle mich jetzt sicherer – aber das verstehst du nicht.«
    »Und wohin soll ich meine Arztrechnung für Herrn Mitterwurzer schicken? Du glaubst doch wohl nicht, daß ich diesen Blödsinn umsonst mitmache?«
    »Schicke Sie ins Dorf Mitter, Hinterwalden.«
    »Wie bist du bloß auf den Namen Mitterwurzer gekommen?«
    »Du vergißt, daß ich auch Literatur studiert habe. Aber daß du Mitterwurzer kennst, das hat mich überrascht. Adios, Pillenverschreiber.«
    *
    Zum Abendessen fuhr Rathenow in die Innenstadt, zum ›Schwarzen Mandarin‹. Er wählte einen rosenholzfarbenen Sommeranzug, setzte die Sonnenbrille auf und betrat mit jugendlichem Schritt das Lokal. Der Kellner eilte auf ihn zu. Rathenow hielt den Atem an. Nein, er erkennt mich nicht. Der Kellner zeigte auf einen Zweiertisch in einer Nische.
    »Gefällt Ihnen der Tisch, mein Herr?«

»Sehr. Man kann das Lokal überblicken und sitzt mit dem Rücken zur Wand. Das ist gut. Eine alte Mafiaregel sagt: Sitz in einem Lokal nie frei, sondern immer mit dem Rücken zur Wand. Dann bist du sicher vor Überraschungen.« Er lächelte den verblüfften Kellner an.
    Der brachte die umfangreiche Speisekarte und entschwand durch eine Seitentür in die Küche. Chef Zou Shukong rührte gerade eine Pilzsoße an.
    »Ruf Min Ju an«, sagte der Kellner eilig. »Im Lokal sitzt ein komischer Typ. Der faselt was von Mafia.«
    »Das kann lustig werden. Ein Mafioso als Gast – oder er will was anderes. Das kann Ärger geben. Und Ninglin ist nicht da! Ich rufe ihn sofort an.« Er bückte sich und blickte durch die Durchreiche auf den verdächtigen Gast. »Mut hat er.«
    »Er ist sicherlich nicht allein. Wer weiß, wer von den anderen Gästen auch zur Mafia gehört?« Der Kellner griff in eine Schublade, holte eine Pistole heraus und steckte sie in den Hosenbund. »Hoffentlich brauchen wir die nicht.«
    Er ging wieder zurück in den Gastraum und schielte zu dem Gast hinüber. Der trug immer noch seine Sonnenbrille, obwohl nur gedämpftes Licht seinen Tisch erhellte. Das ist typisch Mafia, dachte er – so, wie man es in den Filmen sieht.
    Es dauerte keine fünf Minuten, da erschien Min Ju im Gastraum. Er musterte von weitem den Verdächtigen, kam dann an seinen Tisch und machte eine leichte Verbeugung.
    »Ich begrüße Sie«, sagte er. »Ich bin der Besitzer des ›Schwarzen Mandarin‹. Ich hoffe, daß Sie sich bei uns wohl fühlen werden.«
    Rathenow lächelte breit. Auch du erkennst mich nicht. Wie allein Haare einen Menschen verändern können. Es ist unglaublich.
    »Ein Blinder sollte nicht Daih-Loh sein!« sagte er. Und dann streckte er die Hand aus und machte das Handzeichen eines Cho Hai. Min Ju ließ sich auf den freien Stuhl fallen und glotzte ihn an wie ein Frosch.
    »Bai Juan Fa …«, sagte er endlich, »du verdammter Drache! Keiner erkennt dich wieder …«
    »So hast du es ja befohlen.«
    »Du hast uns einen großen Schrecken als Mafioso eingejagt. Ninglin und fünf Schützen sind unterwegs.« Und plötzlich lachte er, klopfte Rathenow auf den Arm und winkte dem Kellner zu. »Es ist Bai Juan Fa!« sagte er leise, als sich der Kellner zu ihm niederbeugte. »Was sagst du nun? Niemand hat ihn erkannt! Jetzt kann die Polizei lange nach einem weißhaarigen Mann suchen, der auch noch hinkt! Es gibt ihn nicht mehr! Bai Juan Fa, ich verzichte auf deine Bestrafung – du hast uns Gutes getan.«
    Nach dem Essen lehnte sich Min Ju zurück und trank mit kleinen Schlucken seinen heißen Pflaumenwein.
    »Nächste Woche ist ein großer Tag für dich«, sagte er zu Rathenow. »Bereite dich darauf vor.«
    »Werden Sie deutlicher, Min Ju!«
    »Du wirst in die Bruderschaft der Triaden aufgenommen werden. Ein feierlicher Akt. Erst dann bist du ein wirklicher Triade.«
    »Ich lege keinen Wert darauf.«
    »Sei nicht hochnäsig, Bai Juan Fa! Du wirst ein Mitglied der stärksten geheimen Macht auf dieser Erde sein. Das kann man für alles Gold der Welt nicht kaufen. Das ist eine Ehre, die ein Mensch nur einmal erleben kann. Und du bist der erste Weiße, der diese Auszeichnung erfährt. Seit viertausend Jahren waren in den Geheimbünden nur Chinesen, selbst andere Asiaten waren immer nur

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