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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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für mich. Und Sie wohnen allein hier?«
    »Ganz allein.«
    »Was machen Sie mit den vielen Zimmern?«
    »Ich wandere in ihnen herum und vermisse das Leben in ihnen.«
    »Warum haben Sie nach dem Tod Ihrer Frau nicht wieder geheiratet?«
    Weil ich auf dich gewartet habe, Liyun, dachte er, aber er sagte: »Es hat sich so ergeben. Vielleicht bin ich ein merkwürdiger Mensch, ein verrückter Einzelgänger, ein Freiheitsfanatiker …«
    »Sie wollen nie wieder heiraten?«
    »Das wollte ich damit nicht sagen.«
    »Sie haben Ihre Frau sehr geliebt …«
    »Ja, ich habe sie sehr geliebt und verehrt. Aber das ist lange, lange her. Und das Leben geht weiter.«
    Er griff nach ihrem Koffer und ging auf die große, geschwungene Treppe zum oberen Stockwerk zu. »Komm … ich zeige dir dein Schlafzimmer.«
    Mit weiten, staunenden Augen folgte Liyun ihm die Treppe hinauf. Geschnitzte Decken, holzvertäfelte Wände, alte Silberleuchter, dicke Perserteppiche, Möbel mit Intarsien, wertvolle Gemälde, russische Ikonen – für Liyun ein unfaßbarer Luxus.
    Rathenow stieß eine Tür auf. Ein großes Zimmer, im Mittelpunkt ein breites antikes Himmelbett. Auch die Schränke waren mit kunstvollen Schnitzereien verziert. Der Tisch war mit grünem Leder bezogen wie die beiden zierlichen Sessel. Auf dem Boden lag ein Aubusson-Teppich.
    »Dein Zimmer …«, sagte Rathenow.
    »So hat kein Kaiser gewohnt …«, sagte sie leise, als könne ihre Stimme die Pracht beleidigen.
    »Du bist mehr als eine Kaiserin. Du bist Wang Liyun und bei mir.«
    Mit zögernden Schritten betrat Liyun das Zimmer. Sie blieb vor dem riesigen Bett stehen und sah sich dann zu Rathenow um.
    »Wo schlafen Sie?« fragte sie.
    »Nebenan.«
    »Das ist gut …«
    »Warum ist das gut?«
    »Ich habe Angst vor dem Reichtum. Ich habe so etwas noch nie gesehen, und jetzt soll ich darin wohnen? Ich muß mich erst daran gewöhnen …«
    »Morgen sieht alles anders aus, Liyun.«
    »Schlafen Sie auch so prunkvoll?«
    »Vielleicht noch prunkvoller … Tante wußte mit ihrem Geld nicht, wohin damit. Da hat sie alles gekauft, was ihr gefiel. Und sie hatte einen sehr teuren Geschmack.« Er öffnete eine Seitentür … das Bad, mit Marmor verkleidet. Auch der Boden war aus rosa Marmor. Die Armaturen glänzten vergoldet. Der Einlauf in die Badewanne war ein goldener Schwan.
    Liyun blieb in der Tür stehen und schwieg. Aber dann fragte sie: »Darf ich etwas sagen, Herr Rathenow?«
    »Alles.«
    »Und Sie sind nicht beleidigt?«
    »Kein Wort von dir könnte mich beleidigen.«
    »Unser Dali-Marmor ist besser und schöner …«
    »Das muß er auch sein … er ist so schön wie du, weil du in Dali geboren bist.«
    Sie gab darauf keine Antwort, sondern ging zurück in das Schlafzimmer. »Ich möchte auspacken und mich baden«, sagte sie. »Darf ich?«
    »Du kannst machen, was du willst, Liyun. Es ist jetzt auch dein Haus.«
    »Ich fühle mich so schmutzig nach der Bahnfahrt.«
    »Ich warte auf dich unten in der Halle.«
    Rathenow verließ das Zimmer und hörte, wie Liyun von innen den Schlüssel herumdrehte. Er lächelte über ihre Vorsicht und ging pfeifend die Treppe hinunter.
    *
    Das Abendessen war fulminant, würde Dr. Freiburg gesagt haben. Rathenow hatte es vom Party-Service Käfer kommen lassen, und der Chef, Gerd Käfer persönlich, hatte das Begrüßungsmahl zusammengestellt. Natürlich Kaviar in der Eisschale mit Champagner, Taittinger Jahrgangs-Cuvée, eine Hummercreme, gebackene Täubchen in Salbei, Roastbeef im Salzmantel mit Pfifferlingen in Sherry-Schaum und französischen Spargelspitzen, dazu ein Montrachet 1989 und ein Château Haute Brion 1979. Zum Nachtisch dreierlei Sorbets, umlegt mit frischen Früchten.
    Rathenow hatte sich aber geweigert, einen Kellner von Käfer kommen zu lassen. »Ich mache das selbst«, hatte er gesagt. »Ich weiß, das ist stillos, aber ich bin gut in der Küche. Keine Sorge, Meister, ich werde Sie nicht blamieren.«
    Während Liyun oben in der Marmorwanne lag und das verführerische Badesalz genoß, einen Duft wie von Rosen in den Gärten von Lijiang, bereitete Rathenow in der Küche das Essen vor. Er pfiff noch immer glücklich vor sich hin. Im Speisezimmer war der Tisch schon gedeckt. Nymphenburger Porzellan, englisches Silberbesteck, Damastdecke, silberne altrussische Leuchter mit silbernen Kerzen, mundgeblasene Gläser aus Böhmen.
    Aus den versteckten Lautsprechern ertönte Musik von Vivaldi. Nach den Vorspeisen würde er Mozart auflegen. Eine

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