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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wang Liyun eingeholt. Sie ist ein braves Mädchen, untadelig, sittsam, keine Affären, schon gar nicht mit Touristen, einen Freund hat sie, einen Journalisten, aber der lebt in Dali, eine Bekanntschaft von ihrer Studienzeit her, anscheinend nichts Ernstes. Vater und Mutter sind Professoren, sie hat noch eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder, der Architektur studiert … eine gute Familie. Wir glauben nicht, daß sie sich in den Deutschen verlieben könnte. Aber warten wir es ab. Wir haben noch andere Möglichkeiten …«
    »Und welche Aufgaben soll ich jetzt erfüllen, Herr Shen?« Es klang demütig und unterwürfig. Cheng verneigte sich vor dem Telefon.
    »Beobachte weiter das Hotel und melde uns interessante Gäste, wie bisher.«
    »Es sind zwei Amerikaner eingetroffen.«
    »Kein Interesse. Amerika wird von Hongkong aus bearbeitet. Uns geht es um Leute aus Mitteleuropa. Aber keine Engländer mehr. Die ›Direktion‹ in Birmingham ist versorgt. Aber Amsterdam sucht noch und vor allem München und Frankfurt. Sieh dir die Deutschen genau an, Zhaoming.«
    »Es sind im Augenblick zwei deutsche Gruppen hier, darunter zwei Ärzte, zwei Zahnärzte, drei Fabrikanten, acht Handwerker und ein Bierbrauer.«
    »Hände weg davon, sie sind ungeeignet.«
    »Einer ist ein Metzger, Herr Shen.«
    »Wer Tiere schlachtet, kann kein Menschenblut sehen – das ist eine alte Weisheit. Es gibt Ausnahmen, sicherlich, aber es sind eben Ausnahmen.«
    »Für Samstag ist eine Gruppe Schweizer im Hotel angemeldet, Herr Shen.«
    »Das ist interessant! Aus Zürich liegt auch eine Anfrage bei der Zentrale in Hongkong vor. Noch etwas?«
    »Am Montag kommt eine Gruppe aus Rußland.«
    »Vergessen, sofort vergessen! Nichts für uns! Aber genau beobachten, mit wem sie Kontakt aufnehmen! Mach Fotos von den Russen. Und wenn einer von ihnen ein ›Hühnchen‹ mit aufs Zimmer nimmt, gib der Polizei einen Wink!«
    »Ich verstehe, Herr Shen.« Cheng machte wieder eine Verbeugung vor dem Telefon. »Die Russen sind unsere internen Feinde.«
    »Nenn das nicht so, Zhaoming! Für unsere ›Firma‹ sind sie keine Partner. Die Politik geht uns nichts an.«
    Cheng hängte ein. Er hatte große Ehrfurcht vor Shen Jiafu. Die rechte Hand von Kewei Tuo, dem Vorsitzenden des Hohen Rates – und daß er seine rechte Hand war, hieß auch, daß man mit ihr tötete. Es war eine Lebensversicherung, sich mit Herrn Shen gut zu verstehen und seinen Befehlen zu gehorchen.
    Cheng verließ das Hotel ›Goldener Drache‹, setzte sich in einen kleinen japanischen Wagen, der auf dem Innenparkplatz des Hotels stand, und fuhr hinaus zum Flughafen. In einer Stunde landete eine Maschine der Südwest-Air-Lines aus Beijing. Sie gehörte zur staatlichen CAAC, der China-Air-Lines, die den innerchinesischen Verkehr besorgte.
    Mit ihr kamen Gruppen, die nicht alle im ›Goldenen Drachen‹ wohnten, sondern auch im ›Kunming-Hotel‹ oder im Holiday Inn oder im ›Grüner See-Hotel‹. In allen Hotels hatte Cheng seine Informanten, und alle glaubten ihm, wenn er erzählte, er handele mit verbotenen Antiquitäten und seltenen Jadeschnitzereien. Dafür hatte jeder Verständnis, vor allem, wenn man zum fünffachen Normalpreis verkaufte. Für einen Fremden, der in Dollar rechnete, war das noch billig, und die wenigsten unterzogen sich der anstrengenden Mühe, verbissen zu feilschen. Ab und zu zahlte Cheng sogar an seine Vertrauten in den Hotels Prozente, obwohl er nichts verkauft hatte, nur, damit sie nicht nachdenklich wurden. Diese Yuan bekam er von der ›Firma‹ wieder. Es waren Betriebsausgaben.
    Es war also wichtig, am Flughafen zu sehen, wer von den Hotelbussen abgeholt wurde und aus welchem Land sie anreisten.
    Die ›Firma‹ war wie ein großes Netz, das sich über alle legte …
    *
    Rathenow und Liyun aßen im Hotel zu Mittag.
    Rathenow war zufrieden. Das Steak war gut, ein mächtiges Stück Fleisch, allerdings durchgebraten.
    Als er eine Bemerkung darüber machte, sagte Liyun: »In China wird Fleisch immer gekocht oder gut durchgebraten. Wir können es nicht ertragen, wenn wir sehen, wie die Europäer rohes Fleisch oder Tatar essen. Ein noch blutiges Steak, aus dem der Saft herausläuft, ist für uns eine Art von Kannibalismus.«
    Das Gemüse und die Pilze waren wunderbar, und die Abschlußsuppe – in China wird die Suppe als Krönung der Mahlzeit nach der Hauptspeise gereicht – war ein Gedicht. In dieser Suppe hatten Gemüse, Pilze, gekochtes Fleisch und Gewürze

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