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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Polizei gestürmt und geschlossen. In diesen Fabriken wurden falsche Uniformen hergestellt. Bei der Razzia wurden 58.000 Uniformen beschlagnahmt! Woran sollen wir erkennen, ob sie echt oder falsch sind? Das ist ein großes Problem in China, vor allem auf dem Land, wo jeder, der eine Polizeiuniform trägt, mit besonderer Ehre behandelt wird.« Luo Huanqing räusperte sich. »Ihr Europäer solltet euch mal Gedanken darüber machen. Wenn die Kerle mit dem ersten Jeep, der auch voller Heroin steckt, durchkommen – und das werden sie, wenn sie auf die Dörfer ausweichen –, landet das Gift auf dem freien Markt und zerstört Tausende von Menschen. Warum will man in Europa nicht verstehen, daß die Todesstrafe eine gerechte Strafe ist? Für uns ist ein indirekter Mörder genauso schuldig wie ein aktiver Mörder.« Er nickte Rathenow zu, während Liyun übersetzte. »Ich hebe Ihre Verhaftung auf. Sie können weiterfahren nach Dali.«
    »Wir bedanken uns, Genosse Leutnant«, sagte Liyun. Sie hatte es eilig und zog Rathenow an der Hand zum Wagen. »Kommen Sie! Schnell, ehe er es sich anders überlegt. Er hat einen Millionenfund gemacht und ist im Augenblick großzügig. Das kann sich blitzartig ändern. Kommen Sie!«
    Auch Ying hatte die neue Situation sofort erfaßt. Er stürzte hinter das Lenkrad, startete den Motor, und kaum, daß Liyun und Rathenow im Wagen saßen, gab er Vollgas und raste mit aufheulendem Motor davon.
    Luo Huanqing sah ihnen nach, wölbte die Unterlippe vor und ging zurück zu den drei Verwundeten. Er nahm wieder das Funkgerät und schrie hinein, als sich die Zentrale der Kaserne von Midu meldete.
    »Verdammt! Wo bleibt der Sanitätswagen? Meine Soldaten verbluten auf der Straße! Bewegt eure Ärsche!«
    »Es sind zwei Wagen unterwegs!« schrie der Telefonist zurück. »Aber sie sind keine Phönixe, sie haben keine Flügel!«
    »Ist die Straße nach Kunming gesperrt?«
    »Das weiß ich nicht. Da müssen Sie die Kommandantur fragen.«
    Luo schaltete ab. »Arschloch!« sagte er aus tiefstem Herzen. Und dann beugte er sich über die drei Verwundeten und legte ihnen abwechselnd die Hand auf die Stirn. »Es wird alles gut. Ihr werdet überleben. Sie sind unterwegs, sie müssen gleich kommen, ihr seid tapfere Kameraden, ihr werdet einen Orden bekommen. Trinkt noch etwas Tee, das tut gut. Ich bin stolz auf euch!«
    Es war das erstemal, daß Leutnant Luo so etwas sagte.
    *
    Spät am Abend, es war schon lange dunkel und der Mond schien, erreichten sie endlich Dali, die sagenhafte Stadt der Bai, den Königssitz des alten Königreiches Nanzhao. Dali, die Stadt der drei Pagoden am Erhai-See, das Zentrum der Fundstelle des wunderschönen hellgrau-weiß geäderten Marmors, der auf Erden seinesgleichen sucht. Die Stadt, in der sich Jahrtausende alte Kulturen begegneten und vermischten: die Karawanen aus Sichuan, die Yaktrecker aus Tibet, die Gespanne aus Burma und vom Mekong, die Nomaden und Händler aus Vietnam, Thailand und Baoshan, die Soldaten des großen Kublai-Khans und die Seidenkarawanen aus dem Inneren Chinas. Aus Indien brachten wagemutige Kaufleute Brokatstoffe und Kupfergerät; Jade, Salz, Tee, Reispapier, Feuerwerkskörper und seltene Vögel wurden mit den langen Trecks in alle Himmelsrichtungen gebracht; auf der Bonan-Route, die Gebirge und Dschungel, Urwälder und Sümpfe durchzog, stauten sich seit Jahrhunderten die Gespanne … und sie alle machten Rast in Dali, bevor sie wieder in die Wildnis eintauchten.
    Ying stoppte den Wagen. Vor ihnen ragte das mächtige ›Südliche Tor‹ auf, der Eingang in die Stadt. Links und rechts des Tores zogen sich Reste der alten Stadtmauer hin, einer Mauer aus dicken Felssteinen, für die Ewigkeit gebaut. Vom Tor aus führte die Hauptstraße in schnurgerader Richtung auf den Ausgang Dalis zu, das ›Nördliche Tor‹, wo seit Tausenden von Jahren die Route nach Lijiang begann. Hier zweigte auch die Burma-Straße ab und zog sich in einem weiten Bogen durch das Gebirge bis zur Grenzstadt Wanding, ehe sie im burmesischen Dschungel verschwand.
    »Das ›Südliche Tor‹«, erklärte Liyun. Trotz aller überstandenen Strapazen merkte man ihr keine Müdigkeit an. Rathenow dagegen sehnte sich nach einem Bier, einem guten Essen und einem Bett. »Sehen Sie die beiden riesigen Löwen links und rechts vom Tor?«
    »Ja.«
    »Sie sind aus feinstem Marmor gehauen. Niemand weiß, wie alt sie sind. Erst vor zehn Jahren wurden sie entdeckt. Als man bei einem Hausbau den Keller

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