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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Entweder hatte er Rückgrat und Mut oder kindischen Trotz in sich.
    »Ihr habt mir nichts zu befehlen«, sagte er. »Hauptmann oder nicht, dies ist ein Haus des Herrn und ich …«
    Forli packte ihn am Arm und im Nacken, zerrte ihn zur Tafel und drückte ihn unsanft auf einen Stuhl. Er blieb neben Königsteiner stehen und sah auf ihn hinab. Beide schwiegen; Forli, weil er das Nötige gesagt hatte, und Königsteiner, weil der Schreck ihm in den Knochen steckte.
    Kaum hatte Forli sich ein paar Schritte entfernt, sagte Königsteiner: »Ich - ich setze mich nur unter Protest.«
    »Meinetwegen«, sagte Forli. »Der ist so viel wert wie das, was die Hälfte von euch allen gerade in die Hose gemacht hat.«
    Zufrieden besah er sich das Ergebnis. Die Mönche saßen an der Tafel und blickten ihn verunsichert an, der Widerstand war gebrochen. Damit war die Ordnung hergestellt, und er konnte sich einen Überblick über diesen armseligen Haufen Verdächtiger verschaffen, von denen er - das merkte er sofort - bis auf
einen niemanden leiden konnte. Sie gehörten, wie de Soto und Königsteiner, zu den Wichtigtuern und, wie der Dicke und der Blasse mit den Pickeln, zu den Hasenfüßen.
    »Ich bin Bruder Birnbaum«, begann der Dicke. »Soll ich - darf ich Euch etwas zu essen bringen?«
    Königsteiner griff sich an die Stirn. »Wirklich, Bruder, ist das alles, woran du immerzu denkst? Du würdet wohl auch einen Wegelagerer bekochen, bevor er dir die Kehle durchschneidet.«
    Der dicke Birnbaum blickte Königsteiner grimmig an, aber seine Erwiderung fiel äußerst devot aus. »Ich versuche ja nur … Ich wollte ein guter Gastgeber sein. Es ist doch offensichtlich, dass dieser Mann im offiziellen Auftrag gekommen ist, und ich möchte ihm die Herzlichkeit erweisen, die uns Jesuiten …«
    »Seid still, Bruder Birnbaum«, sagte Königsteiner. »Um deiner selbst willen.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Das ist der von dir mit Abstand am häufigsten verwendete Satz, Bruder. Das sollte dir zu denken geben. Und noch etwas sollte dir zu denken geben. Ein Toter während des Essens, ein päpstlicher Arzt, ein Visitator, ein Hauptmann und unser Pater General, der so erschüttert ist, dass er nicht mit der Sprache herausrücken wollte, was eigentlich geschehen ist, sondern sich in sein Zimmer begeben hat. Und - nicht zu vergessen - ein Koch.«
    Er sah Birnbaum an, und nun sahen auch alle anderen Birnbaum an. Dem verschlug es im ersten Moment die Sprache.
    Als er sie wiedergefunden hatte, stammelte er: »Das wäre ja … wäre ja töricht, wenn ich … sollte ich … welchen Grund sollte ich … ich meine, das wäre eine Narretei sondergleichen, wenn ausgerechnet ich …«
    »Ja, eben«, sagte Königsteiner. »Eben weil es töricht wäre, wird man sofort an dich denken.«
    Forli hatte den kleinen Disput nicht unterbrochen, und er
entfernte währenddessen mit einem Tafelmesser den Schmutz unter den Fingernägeln. Diese Arbeit war nun getan, und es wurde ihm langweilig. Carissimi hatte ihm zwar gesagt, dass er sich aus den Ermittlungen heraushalten solle, aber Forli juckte es gehörig in den Fingern.
    »Hat jemand der Anwesenden diesen Saal verlassen, seit der Schüler zusammengebrochen ist?«, fragte er.
    Die Jesuiten blickten sich gegenseitig an, und nach einer Weile sagte Königsteiner: »Ich glaube nicht, Hauptmann. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher. Seht Ihr, wir waren alle sehr durcheinander und …«
    »Er war draußen.«
    Der Zwischenruf war von einem der Schüler gekommen, der nun die Aufmerksamkeit auf sich zog. Unter allen Kuttenträgern war er der Einzige, der Forli einigermaßen sympathisch war. Er wirkte uneitel, bodenständig, wie ein einfacher Bursche vom Land, ja, er erinnerte Forli ein bisschen an sich selbst, als er noch jung gewesen war. Die rötlichen Haare, die Sommersprossen, der rebellische Ausdruck auf dem Gesicht: ein kleiner Forli, nur dreißig Jahre jünger. Außerdem sprach für ihn, dass er sich in seinem Talar nicht wohlzufühlen schien.
    »Wie ist dein Name, Junge?«, fragte Forli.
    »Das ist Ried«, antwortete Königsteiner für ihn. »Tilman Ried.«
    »Müsst Ihr immer ungefragt Euren Mund aufmachen«, fuhr Forli ihn an und trug damit zur allgemeinen Genugtuung bei, wie er den Mienen der anderen entnahm. »Tilman Ried, also. Gut, Tilman, wen meinst du mit ›er‹? Wer war draußen?«
    Tilman blickte zu seinem Tischnachbarn, dem zweiten Schüler. »Ihn meine ich. Gisbert von Donaustauf, den Bruder des Toten. Er ist

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