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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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dem Ehrwürdigen, ins Gesicht sage, dass ich von ihm in einem sehr wichtigen Punkt belogen wurde. Ihr werdet mir nun die Wahrheit erzählen, Magister Duré.«

10
    »Der Ehrwürdige schilderte mir, wie er den gestrigen Tag verbracht habe«, sagte Sandro. »Mittagsschlaf, Briefe diktieren, dann ein Spaziergang zur vierten Stunde für die Dauer von zwei Stunden.«
    »Genau so war es. Ich war die ganze Zeit bei ihm, außer in der Stunde seines Mittagsschlafs.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, gewiss.«
    »Ihr habt das Haus zur vierten Stunde gemeinsam verlassen?«
    »Ungefähr.«
    »Und seid bei Eurer Rückkehr direkt in die Kapelle gegangen?«
    »So ist es.«
    »Ganz sicher?«
    Magister Duré schloss kurz die Augen. Er bot alle Geduld auf, um ruhig zu bleiben. »Bruder Carissimi, Ihr könnt wirklich zudringlich sein.«
    »Oh, vielen Dank.«
    Magister Duré murrte etwas vor sich hin. »Ich weiß noch, wie ich den Ehrwürdigen fragte, ob er sich nicht vor der Messe in seinem Zimmer erfrischen wolle, aber er lehnte ab, mit der Begründung, dass ein Gebet die beste Erfrischung sei, die er kenne. Bruder Miguel Rodrigues kann das bestätigen. Er war bereits dort, als wir ankamen.«
    Sandro nickte. »Er bereitete die Messe vor?«
    »Möglich, dass er das vorher getan hat. Aber als wir die Kapelle betraten, lag er flach auf dem Boden vor dem Altar, die Arme ausgebreitet, und wimmerte.«
    »Wimmerte?«

    »Nun ja, er wisperte vor sich hin, aber es hatte Züge einer Wehklage. Der Ehrwürdige war beunruhigt. Außerdem sollte die Messe in Kürze beginnen. Also berührte der Ehrwürdige Bruder Miguel an der Schulter, woraufhin dieser zusammenzuckte.«
    Sandro erinnerte sich, dass er vor wenigen Stunden das Gleiche erlebt hatte.
    »Offenbar«, ergänzte Duré, »war ihm nicht bewusst gewesen, wie viel Zeit vergangen war. Er stammelte irgendeine Entschuldigung, was unnötig war, weil wir alle die Versunkenheit des Gebets kennen. Wenngleich die seine ein wenig - seltsam war.«
    »Was geschah dann?«
    »Nichts. Nichts Besonderes jedenfalls. Ich ermahnte Bruder Rodrigues in meiner Funktion als Arzt. Er hatte vor zwei Wochen ein starkes Fieber gehabt, und ich hielt es für unklug, sogar gefährlich, dass er sich wer weiß wie lange auf den Boden legte.«
    »Wo war Bruder Königsteiner?«
    »Er kam etwas später aus der Sakristei, als die Gäste und Mitbrüder sich schon zum Gottesdienst versammelt hatten. Er hatte das Messgewand angezogen und … Ihr bringt mich mit Eurer unsinnigen Fragerei durcheinander. Worauf ich eigentlich hinauswollte: Bruder Miguel kann bestätigen, dass der Ehrwürdige und ich eine kleine Weile vor dem Beginn der Messe zurückgekommen waren. Er muss den Staub auf unseren Soutanen gesehen haben sowie den Schweiß auf unseren Gesichtern.«
    »Seht Ihr, genau das stört mich.«
    »Was?«, fragte Duré gereizt.
    »Der Schweiß.«
    Duré überlegte, wo der Fehler in seiner Geschichte war. »Ich - verstehe nicht. Natürlich war da Schweiß. Es war ein
heißer Tag und …« Er führte den Satz nicht zu Ende und sah zu Boden. »Oh«, stieß er hervor.
    »Ja, Magister Duré, das Gleiche habe ich mir auch gedacht, als der Ehrwürdige davon berichtete: Oh. Wieso geht ein alter Mann im Hochsommer zur vierten Stunde, wo die Hitze kaum erträglich ist, vor die Tür? Um sich die Beine zu vertreten, gab der Ehrwürdige an. Zwei Stunden lang vertrat er sich im römischen Backofen die Beine. Und Ihr, als sein Arzt, der sich seines labilen Zustands bewusst war, habt ihn nicht davon abgehalten. Das kam mir seltsam vor, und ich habe nur zwei mögliche Erklärungen für dieses Verhalten gefunden. Erstens: Dieser Spaziergang hat niemals stattgefunden.«
    Duré wollte einen Einwand erheben, der von Sandro mit einer entschlossenen Geste unterdrückt wurde.
    »Zugunsten des Ehrwürdigen halte ich diese Möglichkeit für unwahrscheinlich«, sagte Sandro. »Denn das würde ja bedeuten, dass er mich belogen hat. Ihm das zu unterstellen, bin selbst ich nicht zudringlich genug. Wenn ich Bruder Miguel befrage, wird er mir Eure Angaben vermutlich bestätigen. Und das bedeutet, dass die zweite Möglichkeit zutrifft: Ihr habt das Collegium zwar verlassen, aber Ihr seid nicht zwei Stunden lang in Rom spazieren gegangen, sondern hattet ein Ziel. Dort habt Ihr Euch die meiste Zeit aufgehalten. Meine nächste Frage kennt Ihr sicher.«
    Duré nickte und seufzte, und Sandro war zufrieden. Die Antwort, die er dann jedoch bekam, verschlug ihm fast den

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