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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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aufzuspüren. Ich habe einen Vetter, der in der Kurie arbeitet, ich ruf ihn gleich an und versuche mir das Programm der Gruppe, die Telefonnummern der Hotels geben zu lassen. Wenn ich Alberto finde, sage ich ihm, dass er so schnell wie möglich zurückkommen soll.
    Crissanti nickte, versuchte sich zu beruhigen: Stell ihm sofort ein paar Fragen, hör dir an, was er dir erzählt, er soll möglichst nicht mitbekommen, dass wir ihn verdächtigen.
    Ich denke sowieso, dass er von allein zurückkommt. Sobald sie ihm erzählen, was passiert ist, flieht er entweder nach Australien oder er kehrt sofort hierher zurück.
    Umso besser für ihn, sagte Crissanti, Versuch jedenfalls, ihn so schnell wie möglich zu finden.
    Und was machen wir mit dem Richter?
    Ich weiß nicht. Warten wir zwei, drei Tage, dann sehen wir. Wenn der Junge sich nicht finden lässt, wenn es uns nicht gelingt, mit ihm zu sprechen, dann müssen wir dem Richter alles sagen und die Zeugenaussagen den Akten hinzufügen, da führt kein Weg dran vorbei. Und warten wir die Analysen des Gerichtsarztes ab, auch die sind wichtig. Und in der Zwischenzeit versuchen wir, diese Dame zum Sprechen zu bringen, die Efisio gesehen hat, während Marta starb.
    Meloni hatte nie gesagt, dass es sich um eine Frau handelte, Crissanti lauerte auf seine Reaktion, der Gefreite sagte nichts. Eine Hure, sagte sich der Maresciallo erneut, Vielleicht waren sie zu dritt, oder zu viert, wenn der Junge dabei war, dann dachte er wieder an Zio Salvatore, und das Bild kam ihm unwahrscheinlich vor, Meloni hielt die Mütze in der Hand, presste faltete sie strich sie glatt, Hören Sie, sagte er und blickte den Maresciallo an, Ich glaube nicht, dass Alberto es gewesen sein kann.
    Ich weiß nicht, ob meine Meinung Sie interessiert, die sich nur auf das stützt, was ich von dem Jungen weiß, aber er ist wirklich ein anständiger Junge, ein guter Mensch.
    Ein bisschen nervös, manchmal, aber so sind ja viele.
    Und außerdem war Marta Deiana keine Geliebte für ihn.
    Nein?
    Sehen Sie, ich meine ja nur, Dinge, die ich weiß.
    Rede, rede, sagte Crissanti mit einer Kopfbewegung, Heraus damit.
    Es ist so, dass diese Frau, soviel ich weiß, nicht einfach nur eine Geliebte für den Jungen war.
    Er liebte sie, wie man, ich weiß nicht, eine Heilige liebt, ein … ein Idol.
    Ich verstehe. Aber finde ihn trotzdem. Und hör nicht auf, Fragen zu stellen, Meloni, hör nicht auf, alle zu befragen. Vielleicht ist ja auch ein anderer in diese Wohnung eingedrungen. Vielleicht gibt es ja noch viele, die Dinge gesehen haben, die sie nicht für wichtig hielten.
    Gut.
    Und geh deiner Geliebten auf den Sack, damit sie sich entschließt herzukommen und mit mir zu reden – er versuchte es erneut, aber diesmal schien der Gefreite aus allen Wolken zu fallen. Geliebte?, fragte er sofort, der Maresciallo machte einen Rückzieher, Nichts, nichts, nur so eine Idee, die mir gekommen war, Meloni sah aus wie einer, der nicht begreift, er zuckte die Achseln, Ich geh jetzt ins Bett, fügte Crissanti hinzu, Heute Nacht habe ich nämlich überhaupt nicht geschlafen.
    Schlafen Sie gut, Maresciallo, und zerbrechen Sie sich nicht allzu sehr den Kopf, wir werden ihn schon finden, diesen Bastard.
    Hoffen wir es, sagte Crissanti, Hoffen wir es, und er griff nach dem Hörer, um Roberta anzurufen.

19
    Manchmal erscheint, wenn es regnet und kalt ist, am brennenden Kamin mit einem Glas Myrtenlikör, Crissantis Vergangenheit vor ihm, wie Bilder und Klänge eines alten Films, und Gerüche Geräusche Stimmen aus der Zeit, als er ganz klein war, die Erinnerung – mehr als eine Erinnerung – das Echo dieses Rhythmus aus Steinen, die Geschichte des lebenslänglichen Zuchthäuslers und seiner Fluchten, tausendmal erzählt als Märchen auf den Parkbänken, der Ausbruch, das Wiederauftauchen in den Schafställen, auf dem Land und in den Bars der Nachbardörfer, in den verlassenen Tanks zwischen Myrte und Oleander, die Jahrhunderte vermischen sich und die Geschichten und die Personen, die Soldaten des piemontesischen Königs, Finanzpräsidenten und berittene Carabinieri, Schrot und Maschinenpistolen, in Büchern aufgeschriebene Geschichten, in den Gassen entstandene Legenden, am Ende war Onkel Luciano zu Fall gekommen, nach der letzten Flucht, verkauft vielleicht, war Onkel Luciano in Handschellen in die Stadt gebracht worden als triumphale Kriegsbeute, schön in den blauen Augen, absurder skandinavischer Einschlag, der sich weiß der Teufel wie dort

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