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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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Charakter, ganz ehrlich, wenn die Zeiten nicht so wären, wie sie sind, mit seinem Charakter, mit seinem Temperament wird er nie ein Priester werden, wenn Sie verstehen, was ich meine … aber heute lehnt man ja niemanden ab, wissen Sie, es steht schlecht um den Priesternachwuchs, wenn die Schwarzen und die Filipinos nicht wären … ja, gewiss, ich muss mich schon wieder entschuldigen … ich sagte, Albertino war schlimmer als sonst, die halbe Zeit hat er kein Wort gesagt und schien immer gleich weinen zu wollen, schmollend und mit den Gedanken wer weiß wo … aber dann hatten es alle plötzlich ganz eilig herauszufinden, wo diese Gedanken waren, können Sie mir das erklären?, denn geheim kann man seine Geschichte mit der Frau Gott hab sie selig ja nun wirklich nicht nennen, zumindest nicht unter uns, in einer so kleinen Welt wie dieser, und so ruhig und friedlich, kurz und gut, Gerüchte, Getuschel … apropos, Gott segne die Seele dieser Frau, so gut er kann, denn um es rundheraus zu sagen, sie hat diesem armen Jungen zu ihren Lebzeiten ganz schön geschadet, und auch uns, die wir ihn gern haben … schon gut, ich komme auf den Punkt, gewiss … also, ich sagte, dass er zu Beginn der Reise immer nervös und gereizt war, wegen allem und jedem schien er Streit anfangen zu wollen, und die anderen versuchten darüber hinwegzusehen und ihn zu beruhigen, aber umsonst, immer gab er patzige Antworten und spielte den Wütenden, mit anderen Worten, er übertrieb gewaltig, und daher versuchte Pater Cabras mit ihm zu sprechen, Erleichtere dein Herz, sagte er zu ihm, Wir sind hier unter Freunden, mein lieber Junge, aber er erwiderte nur schroff, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern und ihm nicht auf den Wecker gehen, seine eigenen Worte, Maresciallo, und der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, kam dann mit der Nachricht vom Mord an der Frau, denn jemand hatte telefonisch davon erfahren, bevor ich die Jungs, sagen wir, sensibilisieren konnte, und ein junger Priester aus Iglesias kam auf die glorreiche Idee, schnurstracks zu Alberto zu laufen und es ihm zu erzählen, und der fuhr ihn an und beschimpfte ihn, weil er ihm nicht glaubte und dachte, sie würden ihn foppen, und als er dann begriffen hatte, dass es doch stimmte, als er sich überzeugt hatte, da war er plötzlich wie leer und fing stumm zu weinen an, Maresciallo, und sie haben ihn Sätze ohne Sinn, schlimme Sätze über Unseren Herrn und sein heiliges Gericht sagen hören, er sagte, dass es keine Kleinigkeit sei, dass es für ihn zu viel sei, dass er nicht die Kraft habe, einem Ungerechten zu dienen, entschuldigen Sie den Gedanken, aber so ist es gewesen, und schließlich hat dieser junge Mann sein Kollege zu ihm gesagt, er solle sich beruhigen, das seien nicht die Worte eines Priesters, schließlich sei es doch bloß ein Unglück, und dann machte er den größten Fehler, indem er hinzufügte, dass es für ihn, Alberto, abgesehen vom Schmerz über einen ungerechten Tod, letztlich doch besser sei, dass diese Frau nicht mehr sei, denn eine Heilige hätte man sie ja nicht gerade nennen können, und da, Maresciallo, ist es mit ihm durchgegangen, es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte ihn mit Fußtritten und Faustschlägen umgebracht, zu viert hatten sie ihn festhalten müssen, er hat gebrüllt wie nie zuvor und alle beschimpft, sogar diesen rechtschaffenen heiligen Mann Don Cabras, kurz und gut, binnen zwei Minuten hat er seinen Koffer gepackt und ist wie eine Furie fortgestürmt.
    Nein, Maresciallo, niemand weiß, wo er hin ist, Geld hatte er bestimmt nicht viel, vielleicht hat er sich das Ticket umbuchen lassen und ist nach Hause zurückgeflogen, das weiß allein der Böse, ja, natürlich, Dottore, wenn ich etwas Neues erfahre, werde ich es Ihnen sofort mitteilen, das ist doch selbstverständlich.
    Ihr Diener, Maresciallo, ich hoffe, unter besseren Umständen, ich empfehle mich.

22
    Es ist sicher nicht einfach, an diesem Ort aufzuwachsen, dachte Crissanti, Es mag den Anschein haben, dass alles wunderbar ist, es gibt keine Mafia, keine Entführungen, es gibt die Armut nicht mehr, die diesen Menschen immer zugesetzt hat, und trotzdem ist es sicher nicht einfach.
    Er kam aus der Dusche und hatte alles bereit, um sich zu rasieren, er freute sich auf einen Abend mit Roberta, er hatte große Lust, sie zu sehen, sich mit ihr in fröhlichen und sinnlosen Gesprächen zu verlieren, Nuraiò zu vergessen, für ein paar Stunden zumindest,

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