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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Stücke zu reißen.
    Meine Herren, Toms zukünftiger Schwiegervater nahm ihn bei der Hand, und nachdem er eine kleine Lampe entzündet hatte, geleitete er ihn über einen gepflasterten Hof hinter dem Haus in einen sehr großen, dunklen, finsteren Raum: angefüllt mit allerlei Flaschen, Globen, Büchern, Teleskopen, Krokodilen, Alligatoren und anderen wissenschaftlichen Instrumenten aller Art. Mitten in diesem Raum befand sich ein Herd oder Brennofen mit etwas, das Tom als Topf bezeichnete, das aber meiner Meinung nach wohl ein Schmelztiegel war, in dem es brodelte. In einer Ecke führte eine Art Leiter durch die Decke zum Dach; und diese Leiter deutete der alte Herr hinauf, als er flüsterte: ›Die Sternwarte. Mr. Mooney hält gerade eben Ausschau nach der genauen Zeit, wann uns alle Reichtümer dieser Erde zufallen werden. Es wird notwendig sein, dass er und ich an diesem stillen Ort Ihre Nativität erstellen, ehe die Stunde kommt. Schreiben Sie den Tag und die Minute Ihrer Geburt auf dieses Stück Papier und überlassen Sie das Übrige mir.‹
    ›Sie wollen doch nicht sagen‹, sprach Tom, während er tat, worum man ihn gebeten hatte, und das Papier zurückreichte, ›dass ich hier lange warten muss, oder? Das ist ein ziemlich gruseliger Ort.‹
    ›Still!‹, versetzte der alte Herr. ›Das sind heilige Hallen. Leb wohl!‹
    ›Warten Sie‹, meinte Tom. ›Wie eilig Sie es haben! Was ist denn das in der großen Flasche da drüben?‹
    ›Ein Kind mit drei Köpfen‹, erwiderte der alte Herr, ›und alles andere in guter Proportion.‹
    ›Warum werft ihr das nicht weg?‹, wollte Tom wissen. ›Warum hebt ihr solch unangenehme Dinge hier auf?‹
    ›Es wegwerfen!‹, rief der alte Herr. ›Wir benutzen es in der Astrologie ständig. Es ist ein Zauber.‹
    ›Hätte ich nicht für zauberhaft gehalten‹, meinte Tom. ›so wie es aussieht.
Müssen
Sie unbedingt gehen, Donnerwetter!‹
    Der alte Herr gab ihm keine Antwort, sondern stieg so geschäftig wie eh und je die Leiter hinauf. Tom schaute seinen Beinen nach, bis nichts mehr von ihm zu sehen war; und dann setzte er sich zum Warten hin und fühlte sich (wie er stets zu sagen pflegte) so unwohl, als würde man ihn gleich zum Freimaurer machen und erhitzte bereits die Brandeisen dafür 7 .
    Tom wartete so lange, meine Herren, dass er schon meinte, es müsste mindestens auf Mitternacht zugehen, und ihm war elendiglicher und einsamer zumute als je zuvor in seinem Leben. Er versuchte allerlei, um sich die Zeit zu vertreiben, aber sie war ihm niemals so langsam verronnen. Zunächst nahm er das Kind mit den drei Köpfen in näheren Augenschein und überlegte, was für ein Trost es für seine Eltern gewesen sein musste. Dann schaute er durch ein langes Fernrohr, das aus dem Fenster ragte, sah aber nichts Besonderes, was wohl daran lag, dass am anderen Ende noch der Deckel darauf steckte. Dann kam er zu einem Skelett in einer Vitrine, das mit folgendem Etikett versehen war: ›Skelett eines Herrn – präpariert von Mr. Mooney‹ –, da konnte er bloß hoffen, dass Mr. Mooney nicht die Angewohnheit hatte, Herren ohne deren vorherige Zustimmung solchermaßen zu präparieren. Hundertmal mindestens schaute er in den Topf, wo sie den Stein der Weisen auf die richtige Beschaffenheit eindampften,und fragte sich, ob es vielleicht beinahe so weit wäre. Wenn es so weit ist, überlegte sich Tom, dann lasse ich mir für Sixpence Sardinen kommen und verwandle sie in einem ersten Experiment in Goldfische. Außerdem hatte er sich entschlossen, meine Herren, sich ein Landhaus und einen Park zuzulegen und auf einem Teil davon über eine Meile hinweg eine doppelte Reihe Gaslaternen aufzustellen und jeden Abend mit einer auf Hochglanz polierten Mahagonileiter und zwei livrierten Dienern hinter sich dort hinauszugehen und sie nur zu seinem Vergnügen anzuzünden.
    Schließlich tauchten endlich die Beine des alten Herrn wieder auf der Leiter auf, die zum Dach führte, und er kam langsam heruntergestiegen und brachte den begabten Mooney mit. Dieser Mooney, meine Herren, war von noch wissenschaftlicherer Erscheinung als sein Freund, und er hatte, wie Tom oft auf sein Ehrenwort erklärt hat, das schmutzigste Gesicht, das wir uns in diesem unvollkommenen Erdenleben nur vorstellen können.
    Meine Herren, Sie sind sich alle darüber im Klaren, dass ein Wissenschaftler, wenn er nicht zerstreut ist, gar nichts wert ist. Mr. Mooney war so zerstreut, dass er, als der alte Herr ihn aufforderte

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